Karsten Illy, Länderchef von Northern Trust in der Schweiz, spricht im Interview über das neue Büro der Niederlassung im Grosspeter-Tower in Basel. Ausserdem geht er darauf ein, wie sich der Finanzdienstleister zusammen mit seinen Kunden weiterentwickelt hat. 

Er darf sich mit mehr als zwanzig Jahren Erfahrung im Schweizer Bankwesen respektive in der Fondsverwaltung durchaus als Branchenveteran bezeichnen. Karsten Illy, Länderchef von Northern Trust in der Schweiz, hat in den vergangenen Jahren viele Veränderungen miterlebt, sowohl bei seiner Arbeitgeberin als auch auf dem Schweizer Markt insgesamt. Im Gespräch spricht er über jüngsten Meilensteine in dieser Entwiclung.

Herr Illy, wie haben sich die Dinge verändert, seit Sie angefangen haben?

Es ist schon interessant zu beobachten, wie sich die Dinge entwickeln. Ich startete meine Karriere in der Schweiz im Jahr 1999 in der Fondsverwaltung von UBS Asset Management. Seitdem hat sich doch einiges verändert. Als ich anfing, wurden die täglichen Buchhaltungsergebnisse auf Papier ausgedruckt; ein Kurier brachte die Akten hernach zum Bahnhof Basel, wo sie dann weiter ins Zürcher Büro verfrachtet wurden.

Das dauerte etwa zwei Stunden. Einige Jahre später begannen die Leute, digitale Versionen auf Zentralspeichern abzulegen. Heute haben wir natürlich Webportale, die Daten und Dokumente in Echtzeit wiedergeben; aktuell läuft über 95 Prozent unserer Verwaltungsarbeit vollständig automatisiert.

Nach der Übernahme des Fondsverwaltungs-Geschäfts von UBS Asset Management in Luxemburg und der Schweiz im Oktober 2017 nahm Northern Trust den Betrieb hierzulande auf und erbringt seither umfangreiche Dienstleistungen rund um die Fondsadministration.

Northern Trust beschäftigte damals rund 90 Personen vor Ort, verwaltete rund 400 Milliarden Dollar und verwahrte grenzüberschreitend 50 Milliarden Dollar an Vermögenswerten für Schweizer Kunden. Heute ist das Unternehmen eine Niederlassung der Bank mit Sitz in Luxemburg und wird von der Finma reguliert.

Wir haben aktuell 105 Personen in Basel beschäftigt. Ausserdem haben wir Depotbank-Dienstleistungen für unseren ersten in der Schweiz ansässigen Fondskunden aufgenommen und konnten die verwalteten Vermögen erfreulicherweise auf über 500 Milliarden Dollar ausbauen.

Wir erbringen heute Dienstleistungen für mehr als 600 Schweizer Kollektivanlagen – seien es regulierte Fonds, Anlagestiftungen oder Managed Accounts.

Im vergangenen Juni ist Northern Trust in ein neues Büro im Grosspeter-Tower in Basel umgezogen. Können Sie uns einige Details dazu liefern?

Wie Sie feststellen können, sind wir ein wachsendes Unternehmen. Unsere neuen Räumlichkeiten ermöglichen es uns, weiter in das lokale Team zu investieren und unser Engagement im strategisch wichtigen Schweizer Markt zu festigen – dies alles nun in einer hochmodernen Büroumgebung.

Wie viele Arbeitgeber haben auch wir nach der Covid-Pandemie ein hybrides Arbeitsmodell eingeführt, das Flexibilität bietet und wichtige Talente zu gewinnen ermöglicht. Wir haben eine vielfältige Belegschaft mit Spezialisten aus über 15 Ländern.

Die meisten unserer Mitarbeiter leben in der Schweiz, aber wir haben auch Grenzgänger aus Frankreich und Deutschland. Ich zum Beispiel pendle täglich 60 Kilometer von Freiburg im Breisgau nach Basel und schätze die Flexibilität eines hybriden Arbeitsmodells ausserordentlich.

Wir glauben zudem an die Bedeutung von Diversität, Gleichberechtigung und Integration. Fast 40 Prozent unserer Belegschaft ist weiblich, und ein Drittel unseres Management-Teams besteht aus Frauen. Northern Trust ist denn auch Mitglied bei den Fondsfrauen, einem beruflichen Netzwerk, das die Karriere von Frauen vorantreiben und Chancengleichheit sowie Vielfalt fördern will.

Dies wird für uns und den Schweizer Markt auch in Zukunft ein wichtiges Thema sein.

Welche Möglichkeiten sehen Sie für die Zukunft von Northern Trust hierzulande?

In der Schweiz sind einige der weltweit anspruchsvollsten Vermögensbesitzer – sogenannte Asset Owner – und Asset Manager zu Hause. Sie alle suchen nach kundenorientierten Lösungen, die auf der Grundlage von modernsten Technologien und vielfältigen Innovationen entwickelt werden.

Wie in einem früheren Bericht einmal erwähnt, haben wir im vergangenen Jahr von der Finma die Genehmigung erhalten, nicht nur Custody-Services anzubieten, sondern auch als Depotbank zu agieren. Hier können wir auf unserem Ruf als einer der global führenden Fondsadministratoren aufbauen und sowohl institutionellen Investoren als auch Asset Managern nun lokale Zusatzdienste in den Bereichen Verwahrung, Administration und Verwaltung der Anteilscheine offerieren – dies in einem jeweils breiten Spektrum.

Für unsere Kunden ist es wichtig, dass wir den hiesigen Markt sehr gut kennen und über entsprechendes Fachwissen verfügen. Es ist aber ebenso wichtig, dass wir eine globale Reichweite haben, insbesondere für Kunden mit grenzüberschreitendem Geschäft. So sind wir beispielsweise der zweitgrösste Administrator in Irland1, der drittgrösste im Vereinigten Königreich2 und unter den Top-10 in Luxemburg3.

Ausserdem verfügen wir über umfangreiche Kenntnisse und Erfahrungen auf dem US-Markt. Wir sehen grosse Chancen, gerade in dieser Phase erheblicher Veränderungen unseren Kunden einen Mehrwert bieten zu können. Wir beobachten zunehmend, dass Schweizer Asset Manager und Asset Owner ihre Betriebsmodelle aus holisitischer Perspektive überdenken und Unterstützung über den gesamten Investment-Zyklus suchen – also nicht nur in Form der traditionellen Verwahrung oder Verwaltung.

Sie brauchen ganzheitliche Lösungen und die Flexibilität, die jeweils besten Partner für ihre Anlageprozesse zu wählen. Sie wollen in der Lage sein, eine Handelslösung, einen Devisenanbieter oder einen Datenverwalter zu selektieren, die zu ihrer Arbeitsweise passt. Diese Wahlmöglichkeit wird letztlich Alpha generieren.

Welche Trends sehen Sie als Treiber für weitere Veränderungen im Markt?

Die Kunden interessieren sich zunehmend für die Entwicklung digitaler Märkte und für Investitionen in digitale Vermögenswerte – dies nebst Allokationen in traditionellere Anlageklassen wie Aktien, Obligationen, alternative Anlagen und Privatmarktanlagen.

Infolgedessen erwarten sie von uns Unterstützung beim Marktzugang und ganzheitliche Lösungen für das gesamte Spektrum an Investment-Möglichkeiten und Märkten. Northern Trust hat kürzlich die Gründung seiner Digital Assets and Financial Group bekannt gegeben.

Sie vereint digitale und traditionelle Marktfunktionen, um jene Investoren zu unterstützen, die sich in diesem Bereich besser zurechtfinden wollen. Wir engagieren uns auch für digitale Innovationen, wie etwa die unlängst erfolgte Gründung von Zodia Custody zeigt – ein Custodian für Crypto Assets mit Fokus auf institutionelle Investoren.


1Monterey Insight Ireland Fund Report, Februar 2022
2Monterey Insight UK Fund Report, November 2021
3Über die Akquisition des Fondsadministrations-Geschäfts von UBS Asset Management in Luxembourg und der Schweiz 2017