Investmentstrategie: Make or buy?

Wenn grosse Vermögen auf mehrere Banken verteilt werden, drohen der Gesamtüberblick und damit das Renditepotenzial verloren zu gehen. Die UHNWI-Spezialisten Riccardo Petrachi und Mark Schindler sprechen im Interview über die Kosten einer suboptimalen Asset Allocation sowie über die Vorteile eines externen Investment Office.

Geschätzte Herren, die «UHNWI», also die sehr wolhabenden Personen, werden von Banken, Vermögensverwaltern und Multi-Family-Offices stark umworben. Bekommen sie damit auch die beste Dienstleistung zum tiefsten Preis?

Riccardo Petrachi (RP): Oft vergeben UHNWI-Kundinnen und -Kunden Mandate an mehrere Banken, weshalb sie Konditionen und Leistungen gut vergleichen können. Sie verfügen damit zumindest über eine gute Verhandlungsposition und können die spezifischen Stärken einzelner Anbieter gezielt nutzen.

Mark Schindler (MS): Um davon zu profitieren, braucht es allerdings professionelles Anlage Know how. Ganz wichtig ist zudem, dass die Mandate der einzelnen Banken sinnvoll aufeinander abgestimmt sind. In der Praxis geht bei der Zusammenarbeit mit mehreren Banken oft der Gesamtüberblick verloren, und die Mandate der einzelnen Banken sind schlecht koordiniert.

Auch wenn die einzelnen Bankpartner eine gute Leistung erbringen, resultiert dann möglicherweise eine suboptimale Asset Allocation des Gesamtvermögens. Damit verschenkt man schlimmstenfalls wertvolles Renditepotential oder geht unnötige Risiken ein.

Was raten Sie in solchen Fällen?

MS: Das A und O ist ein konsolidierter Gesamtüberblick über sämtliche Bankbeziehungen. Einfache Konsolidierungen von wenig komplexen Vermögen kann man vielleicht sogar selbst erstellen. Sobald es aber komplexer wird, lohnt es sich, mit einer Bank seines Vertrauens zusammen zu arbeiten.

Banken archivieren Daten über lange Zeiträume und Dank dem Bankkundengeheimnis ist auch höchste Vertraulichkeit gewährleistet. Wir selbst haben für diesen Zweck eine eigene Lösung entwickelt, das sogenannte Wealth Portrait, welches einen laufenden Überblick des Gesamtvermögens erlaubt.

RP: Ein solcher Gesamtüberblick ist Voraussetzung, um die Zusammenhänge und gegenseitigen Abhängigkeiten zwischen den einzelnen Vermögensbestandteilen bei verschiedenen Banken zu verstehen. Erst mit diesem Verständnis kann die strategische Asset-Allokation des Gesamtvermögens optimiert werden.

Was braucht es hierfür?

RP: Zunächst einmal eine Unmenge von Daten. Also Datenbanken mit historischen Kursinformationen, dann aber auch prospektive Annahmen über die voraussichtliche Entwicklung der globalen Kapitalmärkte. Zudem braucht es sehr leistungsfähige IT Tools für die quantitative Analyse, also beispielsweise, um Korrelationen zu berechnen oder Simulationen durchzuführen. Kleinere Organisationen haben oft die Ressourcen und Mittel nicht, um die Komplexität dieser Aufgabe zu meistern.

MS: Auch der Faktor Mensch sollte nicht unterschätzt werden. Eine Asset Allocation sollte nicht nur auf mathematischer Optimierung beruhen, sondern immer auch auf menschlichen Erfahrungen, die über mehrere Marktzyklen gemacht wurden. Es geht also darum, aus den Korrelationsanalysen und Kapitalmarktsimulationen die richtigen Schlüsse zu ziehen.

Wir profitieren beispielsweise enorm von unserer langjährigen Erfahrung bei der Verwaltung des Portfolios unseres Eigentümers, der Fürstlichen Familie von Liechtenstein. Seit kurzem setzen wir diese Erfahrung auch mit einer neuen Dienstleistung um, dem sogenannten ausgelagerten Investment Office.

Worum geht es dabei?

RP: Die Grundidee ist sehr einfach: Anstatt dass die Kunden ein eigenes, kostspieliges Investment Office mit fest angestellten Mitarbeitenden aufbauen und unterhalten müssen, lagern die Kunden ein solches Investment Office an die LGT aus.

Es ist also eine klassische Make or buy Entscheidung. Bei einem Outsourcing an die LGT profitieren die Kunden von all den Ressourcen und der Infrastruktur der LGT inklusive unserer Investment-Spezialistinnen und Spezialisten, ohne dass sie sich selbst darum kümmern müssen.

Wie ist ein solches ausgelagertes Investment Office in der Praxis organisiert?

RP: Wichtigstes Element ist sicher das Investment Committee, das regelmässig beispielsweise einmal im Quartal zu Anlagemeetings zusammenkommt, um bestimmte Themen zu diskutieren und die strategischen Investmententscheide zu treffen. Zu dessen Aufgaben gehört aber auch das Anlage Controlling, also die Überwachung der Anlagerichtlinien, der Renditen und Risiken auf Ebene des Gesamtvermögens sowie der Liquidität.

Und wie setzen Sie ein solches externes Investment Committee zusammen?

MS: In der Regel besteht dieses aus einem fixen Kernteam. Hierzu gehören in der Regel die Kundin oder der Kunde selbst oder ein von ihnen bestimmter Vertreter, sowie seitens LGT der Relationship Manager des Kunden sowie ein Investmentspezialist, der als persönlicher Investment Officer für den Kunden die Anlagesitzungen vorbereitet und leitet. Zu seinen Aufgaben gehört auch die Koordination der hinzugezogenen Fachspezialistinnen und Spezialisten.

Welche Fachspezialisten ziehen Sie üblicherweise hinzu?

MS: Das hängt immer von der konkreten Fragestellung ab. Für Themen rund um die strategische oder taktische Asset Allocation kann das beispielsweise unser Head Research & Strategy sein. Oder jemand vom quantitativen Research, wenn es darum geht, die langfristige Portfoliostruktur zu optimieren. Oft geht es auch um die Nachhaltigkeit des Portfolios.

Soll beispielsweise das Gesamtvermögen auf versteckte Umweltrisiken durchleuchtet werden, ziehen wir eine Kollegin oder einen Kollegen vom Nachhaltigkeits-Research hinzu. Gerade bei UHNWI geht es sehr oft um spezielle Anlageklassen wie Privatmarktanlagen oder Impact Investments.

Nebst unseren hauseigenen Spezialistinnen und Spezialisten involvieren wir bei solchen Themen auch Kolleginnen und Kollegen unserer Partnerunternehmen LGT Capital Partners und Lightrock.

Was ist aus Ihrer Sicht der wichtigste Vorteil eines solchen Setup?

RP: Ein ausgelagertes Investment Office kann wirklich massgeschneidert auf die individuelle Kundensituation eingehen. Lassen Sie mich dies an einem Beispiel verdeutlichen: Nehmen wir an, eine Unternehmerfamilie möchte von uns gerne wissen, was für Auswirkungen wir aufgrund der aktuellen Megatrends auf Unternehmen ihrer Branche im Portfolio erwarten.

Zu diesem Zweck könnten wir einen Aktien Spezialisten mit einer spezifischen Analyse zu diesem Thema beauftragen und zusätzlich mit unseren Konjunktur- und Markteinschätzungen in Übereinstimmung bringen.

Zusammen mit unserem Head Research & Strategy würde diese Analyse in das Investment Committee einfliessen, so dass man die Auswirkungen auf das Gesamtportfolio evaluieren könnte. Daraus ableitend würde im Investment Committee dann diskutiert und beschlossen, inwieweit sich der Kunde auf dieses mögliche Szenario vorbereiten kann und allenfalls nötige Portfolioanpassungen vornimmt.

Für welche UHNWI-Kundinnen und -Kunden ist eine solche Dienstleistung sinnvoll?

MS: Unsere primäre Zielgruppe sind Familien, aber auch Stiftungen, mit Vermögen im Bereich von 50 bis 300 Millionen Franken. Für Vermögen in dieser Grössenordnung ist ein eigenes Investment Office in der Regel zu teuer.

Und wie verrechnet die LGT diese Dienstleistung?

MS: Branchenüblich sind 10-30 Basispunkte auf dem Gesamtportfolio, je nach Grösse. Wir bewegen uns in diesem Rahmen.

RP: Man muss diese Gebühren ins Verhältnis zum potentiellen Nutzen setzen: Nur schon ein einziger besserer strategischer Anlageentscheid kann die Kosten bereits überkompensieren.


Riccardo Petrachi ist seit 2016 bei der LGT Bank Schweiz als Leiter der UHNWI Solution Partners und seit 2021 als Leiter des UHNWI Europa bei LGT Private Banking tätig. Nach Stationen im Investmentbanking, unter anderem bei Goldman Sachs in New York, London und Zürich, arbeitete er in führenden Positionen im Private Banking der UBS sowie als Leiter des Private Banking bei der Rothschild Bank in Zürich.

Mark Schindler ist seit 2019 bei der LGT Bank Schweiz als Senior Investment Consultant UHNWI tätig und leitet seit 2022 das Schweizer Investment Consulting UHNWI-Team. Zuvor arbeitete er bei verschiedenen Banken und Vermögensverwaltern als Portfoliomanager in den Bereichen Alternative Investments, Hedge Funds sowie Multi-Asset Class Portfolios und war als Financial Risk Consultant bei Arthur Andersen engagiert.