Primärmarkt bietet nochmals das volle Programm
Auch wenn inländische Schuldner zuletzt markant weniger Obligationen lanciert haben, kann sich das erste Halbjahr sehen lassen. Sowohl das Emissionsgeschäft als auch der Börsenhandel legten zu. Auffällig war die geballte Ladung nachrangiger Anleihen von Financials und an Sustainable Bonds.
Im Juni haben die inländischen Schuldnern den Frankenanleihenmarkt weniger intensiv genutzt als noch im Mai. Damit blieb der von Tim Schmuki vom Kapitalmarktteam der Zürcher Kantonalbank (ZKB) vor Monatsfrist in Aussicht gestellte «Schlussspurt» aus, was die Staatsbank nun mit «Sättigungstendenzen» und der «Eskalationsspirale im Nahen Osten» begründete. Gleichwohl gab es im Emissionsgeschäft einige Glanzlichter.
Doch der Reihe nach: Gemäss der ZKB-Statistik nahmen Schweizer Schuldner (ohne die Eidgenossenschaft) im vergangenen Monat 4,2 Milliarden Franken auf, ein Minus von 39 Prozent gegenüber dem Vorjahresmonat. Immerhin langten ausländische Schuldner mit 1,9 Milliarden oder +41 Prozent deutlich mehr zu.
Warum eine grosse Auswahl so wichtig ist
Und auch das erste Primärmarkt-Semester 2025 kann sich sehen lassen, liegt das Volumen doch insgesamt um 11 Prozent über dem der Vorjahrjahresperiode. Mit Blick auf den Juli ist zu erwarten, dass insbesondere in der zweiten Monatshälfte ferienbedingt Flaute herrschen wird.
Von einer grossen Auswahl profitieren zum einen die institutionellen Investoren, die sich grössere Blöcke oft in der Emissionsphase, also am Primärmarkt beschaffen (müssen), weil der Börsenhandel mitunter wenig ist. Zum anderen ist die rege Aktivität eine gute Nachricht für die im Geschäft tätigen Banken, zu denen auch die ZKB gehört, hängen doch ihre Einnahmen massgeblich von der Höhe der platzierten Volumen ab. Und nicht zuletzt ist ein gut funktionierender Primärmarkt für Unternehmen (Corporates), Banken und Versicherungen (Financials), öffentliche Körperschaften (Kantone, Städte usw.) und damit die ganze Volkswirtschaft relevant, zumal in Zeiten, in denen andere Refinanzierungsquellen (wie das klassische Kreditgeschäft) weniger ergiebig sind.
Doch nun zu den Höhepunkten im Juni:
- Die Stadt Zürich lancierte eine hundertjährige Anleihe und damit die längste am Schweizer Markt je begebene Anleihe. Ebenfalls den ultralangen Bereich bediente der Kanton Tessin mit einer Fälligkeit in 25 Jahren.
- Ein Rückkehrer war der Flughafen Zürich, der nach fast fünf Jahren Abwesenheit wieder am Primärmarkt landete.
- Die St. Galler Kantonalbank emittierte die bisher längste (nachrangige) Tier-2-Anleihe mit Endfälligkeit 2037 und Kündigungstermin (Call) 2032.
- Cembra Money Bank begab eine Anleihe, die mit Forderungen aus dem Auto-Leasinggeschäft besichert ist und deshalb die Bestnote AAA erhält, was weit über dem Rating der Bank von Single-A liegt.
- Raiffeisen lancierte ihren ersten Green Bond, der Emissionserlös wird für die Finanzierung von Gebäuden in der Schweiz verwendet, mit dem Kriterium der Klimaverträglichkeit. Ebenfalls für einen Green Bond sorgte Services industriels de Genève.
- Wie üblich waren die beiden Pfandbriefinstitute volumenmässig dominant. Sie steuerten diesmal fast die Hälfte zum Emissionstotal im Inlandsegment zu.
Weitere Schuldner waren der Corporate SGS mit einer Doppeltranche, die Alpiq, die Gemeinde Köniz, Kantonalbanken aus dem Wallis bzw. Luzern und die Baloise (die bekanntlich mit Helvetia fusionieren wird).
Auch das Auslandsegment bot am Primärmarkt Gesprächsstoff:
- Mit dem «Supra» International Development Association, einer Einheit der Weltbankgruppe für die Finanzierung armer Länder, und dem «Sovereign» Uruguay (Republica Oriental del Uruguay) gab es gleich zwei Premieren, wobei die erste Emission «nachhaltig» ist.
- Auffällig bei den Financials war der Hang zu nachrangigen Schulden: Canadian Imperial Bank of Commerce (Bail-in), Fédération des Caisses Desjardins du Québec (Tier 2) und DZ Bank (Tier 2).
- Die Banco de Chile lancierte einen Social Bond, eine Gattung der nachhaltigen Anleihen (Sustainable Bonds), die deutlich seltener ist als Green Bonds.
Daneben waren Traton Financial (ein Finanzierungsvehikel des Volkswagen-Konzerns), Crédit Agricole Home Loan (Covered Bond) und die Republik Österreich (und damit ein zweiter Sovereign) Gäste am Schweizer Kapitalmarkt.
Zum Monatsbeginn hat die Schweizer Finanzmarktinfrastrukturbetreiberin SIX Group für den Juni auch die Umsatzzahlen am Sekundärmarkt vorgelegt. Im Juni wurden an der SIX Swiss Exchange Obligationen über 10,5 Milliarden Franken gehandelt, ein Minus von 15 Prozent zum Vormonat bzw. ein Plus 10,6 Prozent zum Juni 2024.
Mehr Handel am Sekundärmarkt – und eine weitere Aufmunterung für die SIX
Der rege Primärmarkt (frisch kotierte Obligationen werden in der Regel häufiger umgeschlagen als ältere) scheint auch den Handel beflügelt zu haben. Im ersten Halbjahr wurden Obligationen über 67 Milliarden Franken. umgesetzt, ein Plus von 11 Prozent zum Vorjahr. Allerdings gibt es aufgrund der «Aushöhlung» der Reporting-Pflicht Zweifel an der Aussagekraft der SIX-Statistik, wie sie etwa Urgestein Richard Mooser im Interview mit finews.ch artikulierte.
Für die SIX Group, die selber (Franken-) Anleihen ausstehend hat, gab es am Dienstag zudem eine weitere positive Nachricht. Die Ratingagentur Standard & Poor's bestätigte die Note von A (für die operativen Tochtergesellschaften A+) und setzte den Ausblick von negativ auf stabil.