Für Urs Langenegger ist es ein magischer Ort der Kraft. Das Parkhotel Vitznau am Vierwaldstättersee, das er seit acht Jahren leitet, zählt zu den am grosszügigsten konzipierten Fünfstern-Häusern in der Schweiz und bietet einiges für ein perfektes Wochenende.


Herr Langenegger, warum sind Sie Hotelier geworden?

Das wurde mir sozusagen in die Wege gelegt, in Hemberg im Toggenburg, wo meine Familie in der vierten Generation einen Landgasthof mit Metzgerei führte – den Leuen.

Darum hiess ich in meiner Jugend auch nie Urs Langenegger, sondern war der «Leuenbueb». Einmal lag eine Schürze unter dem Christbaum, was natürlich ein Wink meiner Eltern war, dereinst ins Gastgewerbe einzusteigen. Unter dieser Prämisse bin ich Hotelier geworden.

Wie sind Sie zu Ihrem heutigen Job gekommen?

Mit 21 oder 22, als Absolvent der Hotelfachschule in Luzern, wollte ich die besten Häuser in der Region am Vierwaldstättersee kennen. Als ich dann erstmals das Parkhotel in Vitznau betrat, war ich absolut fasziniert von diesem Haus, das dem deutschen Unternehmer Arend Oetker gehörte.

Schon damals dachte ich mir, man müsste dieses Hotel anders führen – als Suitenhotel. Viele Jahre später, als ich in Luzern für den Hotelunternehmer Urs Karli arbeitete, las ich ein Inserat in der Zeitung, in dem ein Direktor für ein Suitenhotel am Vierwaldstättersee gesucht wurde.

Ich wusste sogleich, um welches Hotel es sich handelte. So habe ich mich beworben und erhielt die Stelle. Im April 2012, ein Jahr vor der Wiedereröffnung, fing ich an und habe zunächst die Baustelle bis zur grossen Eröffnung 2013 geführt. Seither bin ich da.

Verraten Sie uns, was Ihr Hotel aussergewöhnlich macht?

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Es ist ein Ort der Kraft. Ein magischer Ort. Jeden Morgen gehe ich nach draussen, stehe auf der Terrasse und blicke für einen Weile auf den See und die Berge. Das ist stets aufs Neue ein unbeschreibliches Gefühl – und dreht man sich um, hat man die perfekte Hotelarchitektur vor sich. Die Grösse des Hauses ist im Verhältnis zur Zahl der Suiten einzigartig. Das sind Verhältnisse wie in Asien.

Wie definieren Sie Gastgebertum oder Neudeutsch auch «Hospitality»?

Unsere Aufgabe als Hoteliers besteht darin, dem Ganzen eine Seele zu verleihen. Die Ritz-Carlton-Gruppe lebt das Credo: «We are ladies and gentlemen serving ladies and gentlemen.»

Oder mit anderen Worten: Nicht der Gast ist König, sondern behandle Deine Gäste wie Du es zu Hause tun würdest: respektvoll, aber immer auf Augenhöhe, offen. Gastfreundschaft ist dann authentisch, wenn man sie selber vorlebt.

Welche prominenten Gäste durften Sie in Ihrem Haus schon begrüssen?

Das Parkhotel hat sich über die Jahre stark gewandelt. Natürlich war es schon früher ein renommiertes Haus. Doch seit dem Umbau vor acht Jahren kosten die Suiten bis zu 4'500 Franken pro Nacht. Anfänglich befürchtete ich, dass das Hotel zu einem Schickimicki-Palast verkommen würde. Doch das Gegenteil war der Fall!

Inwiefern?

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Wir haben eine homogene, distinguierte, aber eher zurückhaltende Kundschaft, überhaupt kein Bling-Bling. Das Park Hotel Vitznau ist auch Sitz von verschiedenen Stiftungen der Besitzerfamilie Pühringer und der eigenen Vermögensverwaltung. Somit haben wir viele Gäste aus der Finanzwelt, die man nur kennt, wenn man sich selber darin bewegt.

Um auf Ihre Frage zurückzukommen: Ein sehr berühmter Gast, der schon mehrmals da war, ist der amerikanische Schauspieler und Unternehmer Robert de Niro. Er besitzt in New York selber das Greenwich Hotel und ist darüber hinaus Mitgründer der Nobu-Hotel- und Restaurantkette Nobu. Ihn habe ich auch mehrmals in seinem New Yorker Hotel getroffen.

Was ist das Verrückteste, das Sie in Ihrem Berufsalltag erlebt haben?

Das Schöne an meinem Job ist, dass man regelmässig spannende Menschen kennenlernt. Manchmal entwickeln sich daraus Freundschaften, wie mit Betty Freeman, einer amerikanischen Philanthropin, die mich einmal nach Los Angeles einlud. Sie war damals schon 80 Jahre alt (sie verstarb 2009 im Alter von 87 Jahren).

Wir haben zusammen zu Mittag gegessen. Danach sagte sie: «Let’s have coffee at my house.» So fuhren wir mit ihrem alten Mazda zu ihrer Villa, und als Betty die Haustür öffnete, dachte ich, ich stünde in einem Museum voller Werke von Roy Liechtenstein, David Hockney und Andy Warhol. Mir ist das Herz in die Hose gerutscht.

Betty schaute mich an und sagte: «Next time you are in LA you stay with me.» Ich habe sie dann einige Male besucht und wohnte sozusagen in einem Museumshotel. Das war eine unglaubliche Erfahrung, die ich meinem Beruf verdanken darf.

Was bietet Ihr Hotel für ein «perfektes Wochenende» zu zweit?

Park Hotel Vitznau, Swimming Pool

Vor allem Ruhe und Geborgenheit. Zudem hat der Gast viel Platz, sowohl in den geräumigen Suiten als auch ausserhalb, zumal das Parkhotel sehr grosszügig konzipiert ist – was auch für die Spa- und Wellness-Anlage (Bild oben) gilt. Die Restaurants stehen primär den Hotelgästen zur Verfügung; externe Gäste haben nur auf Anmeldung Zugang, sofern es die Auslastung erlaubt. Insofern bieten wir einen höchst exklusiven Rahmen für ein romantisches Wellness-Weekend mit gehobener Gastronomie.

Noch ein Wort zu den Suiten: Jede ist individuell gestaltet, so dass es für jeden Geschmack etwas gibt – etwa mit modernen Möbeln und einem Innen-Design, das beispielsweise das Thema Wasser in verschiedenen Varianten aufnimmt, oder aber klassische Suiten mit einer Einrichtung im Stil des 17. Jahrhunderts.

Was sind Ihre nächsten Pläne im Hotel?

Wir möchten das Parkhotel Vitznau vermehrt als Rückzugsort für längere Aufenthalte positionieren, was vor allem seit dem Ausbruch der Coronakrise ein grosses Thema ist.

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Wir haben im vergangenen Jahr ein solches Angebot lanciert, das auf grosse Nachfrage stiess. Zunächst dachten wir, Corona geht wieder vorbei, doch inzwischen weiss niemand, ob es noch vier oder fünf Jahre geht, bis sich der internationale Tourismus wieder richtig erholt hat.

Die bisherigen Erfahrungen mit den Langzeitgästen waren für uns insofern schön, da sie uns die Menschen nähergebracht haben. Früher blieben die Gäste ein bis zwei Nächte, nun bleiben sie zumeist länger. Als Hotelier will ich nicht warten, bis sich alles wieder zum Besseren wendet. Lieber passe ich mein Konzept jetzt an und bin bereit für das Jetzt und Heute.

Das Parkhotel verfügt über einen einzigartigen Weinkeller. Wie kam es dazu?

Einen solchen gibt es auch noch in Wien, im Palais Coburg beim Stefansdom, einem weiteren Hotel, das zur Gruppe gehört. Ein Teil des dortigen Angebots haben wir vor der Wiedereröffnung des Parkhotels hierher transportiert (Bild unten). Inzwischen umfasst unser Weinkeller rund 32'000 Flaschen mit einem Gesamtwert von ungefähr 26 Millionen Franken.

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Das Angebot ist auf sechs Kellern thematisch aufgeteilt: Bordeaux, alte und neue Welt, Champagner, Château d'Yquem sowie Raritäten. Für den Weinkeller sind insgesamt drei Mitarbeitende verantwortlich, zumal wir Wein auch als eine Kapitalanlage betrachten. Und sofern «clever» verwaltet, ist es sogar ein sehr gutes Investment!

Was ist Ihre persönliche Devise in der Führung des Hotels?

Mein Hauptanliegen ist, dass alle Mitarbeitenden die Gastfreundschaft vorleben. Gleichzeitig versuche ich, die Beschäftigten zu überzeugen, dass unser Beruf eine Passion ist, die man nicht einfach erlernen kann, sondern in erster Linie erleben und (vor-)leben muss. Intuitiv. Von daher kommt auch die Motivation in diesem Job.

Was ist Ihr Geheimtipp in der näheren Umgebung?

Vitznau bietet die Möglichkeit, in gegensätzliche Welten einzutauchen. Da ist ein wunderschöner See, der im Sommer erfrischt und eine grosszügige, entspannende Ruhe ausstrahlt, während ganz in der Nähe des Hotels die älteste Zahnradbahn Europas auf die Rigi führt, wo man im Sommer wandern und im Winter Ski oder Schlitten fahren kann. Die Idee, See und Berg zu kombinieren, bestand schon am Anfang, als 1903 die Familie Bon dieses Hotel bauen liess und damit ein Pendant zum Aufenthalt auf der Rigi bot.

Was war der beste Ratschlag Ihrer Eltern?

Meine Eltern haben mich in allem, was ich machen wollte, stets unterstützt. Das hängt sicherlich damit zusammen, dass wir durch den «Leuen» ein offenes Haus – für mich ein offenes Elternhaus – hatten.


Der 50-jährige Ostschweizer Urs Langenegger leitet als General Manager das 2013 neu eröffnete Parkhotel Vitznau. Ursprünglich erbaut wurde es 1903. Er stammt aus einer Wirtefamilie und absolvierte in den 1990er-Jahren die Schweizerische Hotelfachschule in Luzern. In der Folge arbeitete er in verschiedenen Hotels in Luzern, wo er sich vom Verkaufsassistenten zum Direktor emporarbeitete – darunter zehn Jahre in dem vom Architekten Jean Nouvel entworfenen THE HOTEL. Seine heutige Stelle übernahm er 2012, also rund ein Jahr vor der Wiederöffnung des Hauses. Das Parkhotel Vitznau verfügt ausschliesslich über insgesamt 47 Suiten und Residenzen. Es gehört zur Pühringer Gruppe des österreichischen Financiers und Vermögensverwalter Peter Pühringer.

Die Themenwelten Wine & Dine, Art & Culture, Health & Wealth, an denen sich die gesamte Einrichtung des Hauses orientiert, widerspiegeln sowohl die Schwerpunkte des Hotels wie auch das umfangreiche Tätigkeitsfeld seiner österreichischen Besitzerfamilie: Jede Etage ist als Galerie gestaltet und bietet Einblick in wissenschaftlich fundierte Aspekte oder Projekte der Pühringer-Gruppe. Das Haus verfügt über einen der reichhaltigsten Weinkeller der Schweiz mit einem Gesamtwert von rund 30 Millionen Franken. Die beiden Restaurants können sich mit 18 GaultMillau-Punkten und 2 Michelin-Sternen respektive 16 GaultMillau-Punkten und 1 Michelin-Stern schmücken.