Jürg Frick, Banking Industry Leader, Senior Partner und Vice Chairman, Deloitte AG

Ein Offshore-Konto in der Schweiz, verbunden mit einer vernünftigen Anlageperformance, hervorragendem Kundenservice und dem Prestige jahrhunderteralter nachgewiesener Kompetenz können andere Institute nicht auf gleiche Weise bieten. Der grösste Wettbewerbsvorteil einer Schweizer Bank liegt in ihrem Ursprung und der damit verbundenen Kompetenz.

Das Offshore-Banking ist unter Druck. Neue, kostspielige Regulierungen, Steuertransparenz, vermehrte Hürden beim Marktzugang und steigende Kosten des Schweizer Standorts auf der einen und die Verlockungen von Niederlassungen vor Ort – regulatorische Kostenersparnisse und lokale Kundenberater – auf der anderen Seite lassen das Onshore-Banking vorteilhafter erscheinen.

Es gilt jedoch genau zu prüfen, welche Kunden in welchem Land akquiriert werden sollen, zu welchen Kosten, was diese Kunden wünschen und ob sich mit Onshore-Banking diese Wünsche wirklich am besten und kosteneffektivsten erfüllen lassen.

Die grossen Stärken im Swiss Banking

Die grosse Stärke des Schweizer Private Banking liegt in der langfristigen Vermögensverwaltung, der Sicherstellung des Vermögens für Generationen und weniger in einem oft kreditgetriebenen, riskanten Vermögensaufbau. Natürlich sollten Schweizer Privatbanken auch eine Beziehung zu neuen Millionären aufbauen, ihre grosse Stärke kommt aber erst zum Tragen, wenn es um Vermögensverwaltung geht. Je entwickelter ein Land, je länger erworben der durchschnittliche Reichtum in diesem Land, desto grösser ist tendenziell die Chance für das Private Banking.

Der Aufbau einer Onshore Niederlassung ist ebenfalls mit Kosten verbunden und bedarf häufig einer langen Investitionsphase bevor mit Profitabilität gerechnet werden kann. Nicht jede Bank kann sich dies leisten und selbst wenn sollte das Kosten-Ertragsverhältnis sorgfältig hinterfragt werden.

Wie lassen sich Kundenwünsche am besten erfüllen?

Ebenso sollte bedacht werden, dass Kunden einer Schweizer Bank Schweizer Banking wünschen. Lokale Ableger einer Schweizer Bank erhöhen zwar die Auswahlmöglichkeiten in diesem Markt, verfügen zwar über ein weiterhin attraktives Branding, sowie das Know-How und internationale Netzwerk des Mutterhauses. Je lokaler sie jedoch aufgestellt sind, desto weniger bieten sie tatsächlich mehr als ein attraktives Re-Branding von lokalen Banken. Das eigentlich Schweizerische am Schweizer Banking tritt in den Hintergrund.

Dazu gehört erstens der Standort Schweiz und die Sicherheit, Verlässlichkeit und Stabilität, die dieser ausstrahlt. Ein ausländischer Ableger einer Schweizer Bank ist Teil des ausländischen Standorts, mit vielleicht besserer Verbindung zur Schweiz aber dennoch mit den gleichen Standortrisiken behaftet wie lokale Banken dort. Die Welt sieht leider momentan eine Rückkehr zur Unsicherheit in vielen Weltregionen, selbst in der Nähe von oder in Europa. Internationale Diversifizierung ist mehr als eine ausländische Bank im Inland zu wählen.

Gefragte Tugenden

Dazu gehört zweitens die Betreuung durch Schweizer Bankberater. Natürlich können lokale Kundenberater Vorteile bei Marktkenntnissen oder intuitivem Kundenzugang haben. Aber ein entscheidender Wettbewerbsvorteil von Schweizer Banken sind Schweizer Banker. Diese personifizieren die Schweizer Tugenden von Ehrlichkeit und Verlässlichkeit, nicht zuletzt wird die Schweiz Jahr für Jahr als eines der Länder mit der niedrigsten Korruptionsrate eingestuft (Transparency International Ranking 2014: Platz 5).

Gerade in der langfristigen Vermögensverwaltung sind diese Tugenden besonders gefragt. Banking ist Vertrauenssache. Und umgekehrt kennt niemand die Schwächen und Schwierigkeiten eines Landes so gut wie die Menschen vor Ort. Wer mit Alltagskorruption oder einem ausbeuterischen Staat konfrontiert ist, wünscht sich vielleicht gerade keinen einheimischen Bankberater.

Ein begehrtes Konto

Nicht zu unterschätzen ist drittens der Prestige-Effekt eines Schweizer Bankkontos. Ein solches steht nicht jedem offen, ist daher umso begehrter und mit einem entsprechenden Signaling Effekt verbunden.

Trotz des erhöhten Drucks auf das grenzüberschreitende Bankgeschäft, das klassische Offshore-Banking ist ein Wettbewerbsvorteil für Schweizer Banken, um Kunden anzuziehen und Kundenwünsche kosteneffektiv zu erfüllen.