Auch nach seinem Abschied als amerikanischer Botschafter im Jahr 2021 setzt sich Edward T. McMullen für die Wirtschaftsbeziehungen zwischen der Schweiz und den USA ein. finews.ch traf sich mit dem ehemaligen Gesandten von Donald Trump bei einer Konferenz in Rüschlikon.


Herr McMullen, welche Meinung hatten Sie über Schweizer Banken, bevor Sie als Botschafter nach Bern kamen?

Ich komme schon seit meiner Jugend in die Schweiz: Meine Familie und ich hatten einen enormen Respekt vor dem Schweizer Geschäftssinn, der auch die Bankenwelt einschliesst. Die Schweiz blickt auf eine der ältesten Banking-Traditionen der Welt zurück. Die Unternehmer, die diese Banken gründeten, steigerten über einen langen Zeitraum das Kapital vieler Familien überall auf der Welt.

Es ist ein herausragendes Beispiel dafür, was am Bankwesen insgesamt gut ist, und die Schweizer verstehen das. Ich habe immer gesagt, auch als Botschafter, dass Schweizer Banker allem standhalten werden, was man ihnen entgegenstellt. Weil sie im Banking grossartig sind.

Die Haltung der US-Regierung gegenüber dem Schweizer Finanzplatz war in den letzten Jahren öfters recht  herausfordernd..

Als ich in die Schweiz kam, waren die meisten Probleme mit den USA und dem Department of Justice gelöst. Die Schweizer gelangten grösstenteils von selbst zur Erkenntnis, dass man, wenn man mit einem sehr aggressiven IRS und einer Regierung konfrontiert ist, die das Schweizer Bankwesen verteufeln will, einen Weg finden muss, um gegenzusteuern.

Das taten sie: Sie haben sich selbst reguliert. Sie finden heute keine Schweizer Banken mehr, die Geschäfte betreiben, die für die amerikanische Regierung ein Problem sind oder sein sollten. 


«Amerikaner sollten mehr Zugang zum Schweizer Bankensystem haben»


Ihre Geschäfte sind nachhaltig, lebensfähig und erstaunlich stark. Leider nutzt die USA dies zu wenig. Amerikaner sollten mehr Optionen und Zugang zum Schweizer Bankensystem haben, aber unsere Regierung steht leider im Weg.

Gibt es diesbezüglich einen Unterschied zwischen demokratischen und republikanischen Regierungen?

Häufig pflegen republikanische Regierungen tendenziell laissez faire-Stil, während demokratische Regierungen dazu neigen, Schweizer Banken anzugreifen, mit Bussen zu belegen und Ressourcen abzuschöpfen.

Republikanische Regierungen tendieren dazu, die Lebensfähigkeit und die Bedeutung der kapitalistischen Märkte anzuerkennen. Die Trump-Regierung verstand und respektierte diese kapitalistische Produktivität der Schweiz, die sich auch im Bankensystem widerspiegelt.

Wie sahen als Botschafter Ihre Kontakte mit den Banken aus?

Ich habe mich mit den meisten Präsidenten von Banken wie Vontobel, Credit Suisse oder UBS getroffen. Sergio Ermotti wurde ein guter Freund, er ist es immer noch. Als Botschafter müssen Sie diese Manager natürlich kennen.

Ich konnte einige sehr starke Beziehungen aufbauen, die bis heute bestehen. Die Brillanz des Schweizer Bankwesens ist heute wieder sehr wichtig für die Finanzmärkte der Welt.

Auf welchen Grundlagen konnten Sie aufbauen?

Shelby Cullom Davis hat als Botschafter unter Präsident Nixon diese Beziehungen wirklich gepflegt. Später hat Faith Whittlesey als Botschafterin unter Präsident Reagan eng mit den Banken zusammengearbeitet. Und Dick Frederick, der Botschafter unter Präsident Clinton, stand als eine der seltenen Ausnahmen bei den Demokraten, eher dem laissez faire-Stil und pro business-Seite nahe.

Mit Präsident Obama hatten wir es dann mit einem sehr aggressiven Befehls- und Kontrollansatz des Big Government zu tun, was sich auf die Beziehungen auswirkte. Ich habe dann daran gearbeitet, diese wieder zu verbessern. Und ich denke, das war erfolgreich..

Der kämpferische Ansatz ist unter Präsident Biden, einem Demokraten, nicht wieder aufgetaucht.

Die Regierung von Präsident Biden war in den letzten drei Jahren ziemlich vernünftig in Sachen Bankensystem. Im letzten Frühjahr, als die USA und die Schweiz mit ihren jeweiligen Bankenkrisen konfrontiert waren, hatten wir einen Dialog zwischen der Fed und der SNB, der half, das Problem mit Credit Suisse zu lösen. Ich denke, diese Regierung hat einen ziemlich guten Job gemacht, um das fortzusetzen, was wir während der vier Jahre von Präsident Trump aufgebaut haben.

Also steht alles zum Besten?

Es gab zumindest die Bereitschaft, mit der Schweiz zusammenzuarbeiten. Aber es war für diese Regierung nicht die Priorität wie für Präsident Trump. Er kannte die Schweiz gut, respektierte sie als einen energetischen Partner und Investor.

Als ich die Botschafterposition übernahm, hatte ich die Ehre, einen Präsidenten zu haben, der die Bedeutung der Beziehung verstand, mich unterstützte, wann immer ich ihn brauchte: im Handel, im Bankwesen, in den internationalen Beziehungen. 


«Anders als für Präsident Trump, hat die Schweiz bei der Regierung Biden keine Priorität»


Als mir dann Finanzminister Ueli Maurer sagte, dass noch nie ein Schweizer Präsident im Oval Office für ein bilaterales Treffen gewesen sei, änderte Trump das. Innerhalb eines Monats war Ueli Maurer im Weissen Haus für das erste historische Treffen im Oval Office...

Mit Blick auf die Präsidentschaftswahlen im November: Was wäre das beste für den Schweizer Bankensektor?

Sollte Trump gewählt werden, gibt es eine Fortsetzung der Politik von vor vier Jahren. Dies ist kein Präsident, der vom Mars fällt und wir erst herausfinden müssen, wer er ist. Er hatte vier grossartige Jahre als Präsident, alles bewegte sich in die richtige Richtung.

Und ich denke, Sie werden eine Fortsetzung davon und ein fantastisches neues Team von Beratern um ihn herum sehen, wie Scott Bessent, der ein brillanter Ökonom und Hedgefondsmanager ist, oder Hank Paulson. Wir hätten grossartige Möglichkeiten für ein kontinuierliches Wachstum und Investitionen zwischen unseren Ländern.

Derzeit besuchen Sie die Schweiz als stellvertretender Präsident der American-Swiss Foundation (ASF), einer NGO, die sich auf die Stärkung der Geschäftsbeziehungen zwischen den USA und der Schweiz spezialisiert hat. Wie sind die Bindungen zwischen der Stiftung und den Schweizer Banken?

So stark wie eh und je. Wir haben das grosse Glück, dass die Schweizer Banken eine bedeutende Rolle bei der Unterstützung unseres Young Leaders Programms spielen. Eine meiner grossartigen Erinnerungen aus meiner eigenen Teilnahme an diesem Programm im Jahr 1994 ist ein Abendessen, das Julius Bär in einem grossartigen Stadthaus veranstaltete.

Ein wunderbares Dinner, bei dem viele Experten über die Bankenbeziehungen zwischen den USA und der Schweiz sprachen. Es war das erste Mal, dass ich mit gut zwanzig Jahren Experten auf diesem Niveau traf. A propos Stiftung: Markus U. Diethelm ist ja Co-Präsident: Eine der großen Herausforderungen für die Schweiz wird sein, sich auch in einer post-Diethelm-Ära zurechtzufinden.

Sie sprechen von dem ehemaligen General Counsel von UBS und Credit Suisse...

Ja, er ist einer der angesehensten Anwälte und juristischen Köpfe in der Schweiz. Dass Markus aktuell nicht mehr in der Bankenzene der Schweiz tätig ist, ist ein echter Verlust für die US-schweizerischen Bankenbeziehungen, weil er Amerika besser versteht als jeder andere im Rechtswesen in der Schweiz, nach meiner Erfahrung.


«Ich hoffe, Markus Diethelm kehrt in die Bankenwelt zurück»


Für die Schweizer war er ein grossartiger Berater, um die US-Perspektive und -bedenken zu verstehen. Jemand, der das Gesetz wirklich verstand und kraftvoll daran arbeitete, die Banken im Versuch zu einen, die Beziehung zwischen den USA und dem Schweizer Bankwesen auf eine neue Grundlage zu setzen.

Ich denke, eine post-Diethelm-Ära wird für die Schweizer sehr herausfordernd sein. Ich hoffe, er kehrt in die Bankenwelt zurück.


Ed McMullen war von November 2017 bis Januar 2021 Botschafter der Vereinigten Staaten in der Schweiz und in Liechtenstein tätig. Botschafter McMullen ist jetzt Senior Policy Advisor bei Adams and Reese LLP, einer Anwaltskanzlei und Public-Affairs-Firma mit Büros im gesamten Südosten der Vereinigten Staaten. McMullen eröffnete das Büro der Firma in Charleston mit einem Schwerpunkt auf Wirtschaftsentwicklung, ausländische Direktinvestitionen und Public Affairs. Während seiner Amtszeit als Botschafter traf er sich mit über 300 CEOs und Geschäftsleitungsmitglieder, um wirtschaftliche Beziehungen zu fördern. Botschafter McMullen ist Absolvent des Hampden-Sydney College und Alumnus der Young Leaders Conference der American Swiss Foundation, zu deren Vice Chair er 2021 gewählt wurde.

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