Credit-Suisse-Chef Tidjane Thiam überrascht mit seinem Kommunikationsstil immer wieder. Die Konkurrenz hört verdutzt zu.

Das britische Bankmagazin «Euromoney» verleiht das ganze Jahr über Preise an Finanzinstitute sowie an deren Chefs für ihre Leistungen. Zum Jahresende verteilt das Magazin auch «Alternative Preise».

Einer davon ging an Tidjane Thiam, den CEO der Credit Suisse (CS), und zwar für «das ehrlichste Statement eines Banken-CEO».

«Oh Gott»

«Euromoney» ehrte Thiam für folgende Aussage: «Oh Gott, ich werde nie den Sieg erklären.» Der CS-Chef hatte dies im vergangenen Oktober in einem Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg» gesagt. Die Frage lautete, ob er sich nun, nach den besser als erwarteten Quartalszahlen, wieder auf der Siegerstrasse sehe.

Thiam ein loses Mundwerk zu unterstellen, wäre falsch. Aber der CEO hat von Beginn an bei der CS mit seinem Kommunikationsstil und seinen markigen Sprüchen für Aufmerksamkeit gesorgt.

Strategie überzeugt nach wie vor nicht

Den vorläufigen Höhepunkt erreichte diese Aufmerksamkeit, als Thiam vor gut einem Jahr die neue Strategie der CS der Öffentlichkeit erklärte: «Die Investmentbank schrumpfen und gleichzeitig stärken, im Wealth Management wachsen, dem Geschäftsbereich Asien-Pazifik mehr Autonomie verleihen, und das Schweizer Geschäft abspalten.»

Leider konnte Thiam die Jury von «Euromoney» damit aber nicht überzeugen. Die Frage, so die Experten weiter, laute nach wie vor, wofür die CS eigentlich stehen wolle. Selbst Konkurrenten wüssten nicht, was der Manager eigentlich wolle.

«Weiss er, was er macht?»

So zitiert «Euromoney» in dem Heft verschiedene Reaktionen von anderen CEOs bezüglich der CS. Und da sagt beispielsweise einer dieser Chefs kopfschüttelnd: «Ich weiss nicht, was die machen. Und ich bin nicht sicher, ob er (Thiam) weiss, was er macht.»

Tatsächlich hat Thiam selber nicht immer nur dazu beigetragen, seine Glaubwürdigkeit in der Branche zu stärken.

So erinnert man sich vielleicht auch an folgende Aussage Thiams, die er im März 2015 machte, als er erklärte, er habe bereits zahlreiche Investmentbanken im Laufe seiner Beraterkarriere reorganisiert: «Ich habe Physik studiert und Mathematik, und die Mathematik zur Berechnung von Derivaten ist dazu im Vergleich relativ primitiv. Es gibt nichts, was ich im Investmentbanking nicht verstehe.»

Ein Fehler, die Probleme beim Namen zu nennen

Anfang 2016 zeigte sich dann, dass Thiam einiges im Investmentbanking nicht verstanden haben dürfte – zumindest wusste er nicht, was in der CS-Investmentbank vor sich gegangen war.

So musste er einen Abschreiber auf Derivate-Positionen in der Höhe von 346 Millionen Dollar ankündigen und sich rechtfertigen. Er habe zum Zeitpunkt der Ankündigung der neuen CS-Strategie im Oktober 2015 von Positionen in diesem Ausmass nichts gewusst. Es sei inakzeptabel, dass Händler die Existenz solcher Positionen ihren Vorgesetzten nicht gemeldet hätten.

Laut «Euromoney» schüttelte die Konkurrenz auch hierzu den Kopf. Es sei ein Fehler Thiams gewesen, die Probleme derart beim Namen zu nennen.

Top-Banker zweifelt am Geschäftsmodell von Banken

Doch das ist sein Stil. Im September 2016 sagte er, das europäische Bankensystem sei in einer «sehr fragilen Situation». Und: «Ich glaube, es gibt fundamentale Zweifel, dass es ein tragfähiges Geschäftsmodell gibt, um die Kapitalkosten zu decken».

Diese Aussage muss der Leser im Kontext der Aktienkurse einer CS oder einer Deutschen Bank sehen, die im Laufe des Jahres zeitweise ins Bodenlose zu sinken drohten.

«Seine ehrlichste Aussage»

Die Ehrlichkeit Thiams in Ehren, so «Euromoney». Aber sind dies sorgfältig abgewogene Aussagen eines Bankers, dessen Institut an der Börse zeitweilig schlecht performt und gleichzeitig hofft, dass Investoren auf den geplanten Börsengang der Schweizer Tochter aufspringen?

Zu all der Unsicherheit um die CS kam dann Thiams Versprechen: «Oh Gott, ich werde nie den Sieg erklären.» Immerhin hier fand Thiam laut «Euromoney» etwas Zuspruch. Der CEO einer Konkurrenzbank habe gesagt: «Oh Gott, das ist seine ehrlichste Aussage bisher.»

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