In den Tresoren der UBS an der Zürcher Bahnhofstrasse ruhen bedeutende Manuskripte des Schriftstellers Franz Kafka. Um sie findet ein Tauziehen statt – das bald noch kafkaesker werden könnte.

Der Held des Romans ist ein kleiner Bankangestellter: Gegen den Prokuristen Josef K. ist ein Prozess in Gange, der allerdings im Geheimen abläuft und ihm jegliche Gelegenheit zur Verteidigung nimmt. Am Schluss wird er hingerichtet, ohne jemals den Grund dafür erfahren zu haben.

So geht der Roman «der Prozess» von Franz Kafka, der 1925 posthum veröffentlicht wurde und wie kein zweites Werk des berühmten Schriftstellers den Begriff «Kafkaesk» prägte. Letzterer passt auch gut als Beiwort zum juristischen Tauziehen, das sich um das Manuskript zum «Prozess» entsponnen hat und bei dem Banker und Banken eine zentrale Rolle spielen – insbesondere die Schweizer UBS.

Vor den Nazis in Sicherheit gebracht

In deren Tresorräumen der grössten Schweizer Bank in Zürich lagern nämlich Kafka-Dokumente aus dem Erbe von Max Brod. Dieser, Sohn eines Bankdirektors, war ein Schriftsteller-Kollege des tschechischen Autors und dessen Nachlassverwalter. Wie das Schweizer Magazin «Tachles» berichtete, bleiben die Manuskripte bei der UBS blockiert.

Dies, obschon ein Gericht in Israel die Überführung aus dem Safe in die Archive der israelischen Nationalbibliothek verfügt hat. Damit, so der Bericht, nimmt der Prozess um den «Prozess» seine nächste überraschende Wendung.

Die UBS blockt

An solchen hat es bisher nicht gemangelt. Brod, ein Jude und Zionist, war 1939 vor den Nazis aus Prag nach Palästina geflüchtet. Mit «sämtlichen Manuskripten Kafkas im Handkoffer bei mir», wie er später berichtete. Die Sekretärin Ilse Ester Hoffe blieb dabei an seiner Seite – schon zu Lebzeiten vermachte er ihr einen Teil der Kafka-Manuskripte als Entschädigung für ihre Arbeit.

Doch der Krieg holte die beiden wieder ein. Angesichts der heraufziehenden Suezkrise 1956 brachten Brod und Hoffe die inzwischen ihr gehörenden Manuskripte in Sicherheit, und zwar zur UBS-Vorgängerin Schweizerischer Bankverein in Zürich. Dort verblieben sie nach Brods und Hoffes Ableben.

Daran wird sich so rasch nichts ändern. Zwar hat die israelische Nationalbibliothek Hoffes Erben die Manuskripte 2016 vor einem Gericht in Israel abgerungen. Doch das Institut ist von der UBS zurückgewiesen worden, offenbar hauptsächlich, weil es kein vollstreckbares Urteil vorweisen konnte, so der Bericht.

Wird noch Bundesbern behelligt?

Der Prozess um den «Prozess», ein Urteil, das nicht vollstreckbar ist – gut möglich, das bald der Fall um noch kafkaeskere Wendungen reicher wird. So muss wohl ein Schweizer Gericht entscheiden, ob ausländisches Recht in der Sache gültig ist. Und weil es sich bei den Dokumenten im UBS-Safe um Kulturgüter handelt, könnte gar noch das Bundesamt für Kultur involviert werden.

Vorläufig teilt der Fall das Schicksal von Kafkas «Prozess»: Der Roman blieb unvollendet.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.66%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.1%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.72%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.27%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.25%
pixel