Jean-François Hirschel hat jahrelang das Marketing eines Schweizer Fondshauses gelenkt. Jetzt ist er als Berater unterwegs – und erklärt gegenüber finews.ch, warum die Branche ihre Kunden nicht erreicht.


Herr Hirschel, ich halte gerade einen Report vor mir, in dem ein renommierter Schweizer Vermögensverwalter den «langfristigen Ausblick im Investment Business» diskutiert. Ist es deplatziert, wenn ich gähne?

Natürlich nicht. Allein in Europa gibt es rund 4’000 Anlageverwalter und 54’000 Fonds. Kunden haben heute die Qual der Wahl und sind generell von der Informationsflut überfordert. Der einzige Weg, wie Vermögensverwalter aus der Menge herausstechen können, ist eine Sprache zu sprechen, welche die Kunden sofort verstehen. Das ist die Voraussetzung für eine emotionale Bindung, ohne die letztlich kein Kaufentscheid stattfindet.

Das müssen Sie als Marketing-Experte ja sagen.

Das ist nicht einfach nur Marketing-Geschwurbel. Es geht hier um Neurobiologie: Wissenschafter können aufzeigen, dass im menschlichen Gehirn Kaufentscheide durch Emotionen ausgelöst werden. Mit Investment-Jargon lösen sie jedoch keine Emotionen aus.

Aber vernünftiges Investieren ist trockene Materie. Wie lassen sich dafür Gefühle wecken?

Darin liegt eine Herausforderung für die Branche. Am Ende nutzen die Kunden ja harte Daten, um die Performance greifbar zu machen: Zahlen eben. Natürlich ist da die Versuchung gross, nur über Zahlen und Prozesse zu kommunizieren. Dabei geht vergessen, dass es beim Anlegen auch um Meinungen geht. Um die Geschichte und die Werte, die einen Vermögensverwalter einzigartig machen. Das sollte zum Ausdruck gebracht werden.

Privatbanken wie die Genfer Lombard Odier vergleichen sich neuerdings gerne mit der Luxusgüter-Industrie. Verfängt die Strategie?

Was den Brand angeht, kann die Finanzbranche tatsächlich viel von den Luxusgüter-Herstellern lernen.

«Vertrauen hilft, den Kunden in schlechten Zeiten bei der Stange zu halten»

Die wichtigste Lektion für den Finanzsektor ist dabei: Brands schaffen Vertrauen. Wer eine Luxusuhr kauft, vertraut darauf, dass diese auch nach Jahren auf die Sekunde genau tickt. Wobei es eben schon einen Unterschied zwischen einem Präzisionsuhrwerk und Investments gibt.

Der wäre?

Sogar der beste Fondsmanager wird einmal nur mässige Performance abliefern. Und genau darum ist Vertrauen in den Brand so wichtig für die Investmentbranche: Vertrauen hilft, den Kunden in schlechten Zeiten bei der Stange zu halten.

Wiederum mit Blick auf die Luxusgüter-Branche: Garantiert eine starke Marke höhere Margen?

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
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