UBS-Chefökonom Paul Donovan ist nach der «Swinegate»-Affäre kein bisschen zurückhaltender geworden. Sein jüngster Kommentar widmet sich einem Thema, das punkto Sensibilität ein gesellschaftliches Minenfeld darstellt.

Er ist wieder da: Paul Donovan, der diesen Sommer aus der Schusslinie genommene Chefökonom im Wealth Management der UBS analysiert und kommentiert wieder. Offiziell Anfang Oktober von seiner mehrmonatigen Zwangspause zurückgekehrt, die er antreten musste, nachdem eine Bemerkung seinerseits in China für den grossen Aufruhr namens «Swinegate» mit Rücktrittsforderungen und gekündigten Geschäftsbeziehungen zwischen chinesischen Unternehmen und der UBS geführt hatte.

Kaum zwei Wochen wieder im Amt hat Donovan einen Kommentar veröffentlicht, der auf der Netzwerk-Plattform Linkedin von seinem Chef, Tom Naratil, geteilt wurde. Dieses Mal geht es nicht um Schweine und nicht um China.

Doch Donovan hat sich dieses Mal ein Thema ausgesucht, das unter Umständen auch zu Verwerfungen mit Geschäftspartnern oder zumindest für Kritik sorgen kann: LGBTQ+, ein Akronym, das für Lesbian, Gay, Bisexual, Transgender, Queer et al. steht.

Ökonomische Folgen von Vorurteilen

Genauer: Es geht um die Vorurteile, mit denen sämtliche nicht-heterosexuellen Menschen im Berufsleben zu kämpfen haben und welche ökonomischen Schäden daraus entstehen.

Denn diese seien ganz klar vorhanden, so Donovan: «Vorurteile verhindern, dass die besten Menschen eingestellt und befördert werden. Die zweitbesten Mitarbeiter werden dann eingestellt, wenn die besten Kandidaten aus irrationalen Gründen abgelehnt werden.»

Tiefere Produktivität, verlorenes Geld

Zu einem seien einerseits Personen, die im Büroalltag mit Vorurteilen konfrontiert seien, weniger glücklich und folglich weniger produktiv. Andererseits stünden nicht geoutete Menschen ständig unter Stress, was sich ebenfalls auf die Produktivität auswirke. Und schlussendlich seien Firmen, in denen eine Kultur der Vorurteile herrsche, auch für Personen weniger attraktiv, die gar nicht davon betroffen seien.

So beschränke die Firma ihren eigenen Talent-Pool massiv. Doch genau letzteres werde mit der zunehmenden Beschleunigung des wirtschaftlichen Wandels immer wichtiger, so Donovan: «Die strukturellen Veränderungen der vierten industriellen Revolution bedeuten, dass es noch nie so wichtig war, die richtige Person am richtigen Arbeitsplatz zur richtigen Zeit zu haben.» Das bedeute absolute Flexibilität, um den besten Kandidaten einzustellen. Alles, was der Flexibilität im Wege stehe, verschwende Geld.

Riskantes Papier

Dass der – durchaus löbliche – Kommentar ein zwar kleines, aber doch vorhandenes Risiko birgt, der Grossbank UBS analog zu «Swinegate» um die Ohren zu fliegen, das zeigt Donovan gleich unfreiwillig selbst auf. In einer Grafik (Bild unten, für höhere Auflösung anklicken) illustriert er, wie es zumindest um die Akzeptanz von Homosexuellen in der amerikanischen Gesellschaft steht.

UBS donovan homophobia usa

Laut dem in der Grafik gezeigten World Values Survey gab nur schon ein Viertel der amerikanischen Über-30-Jährigen an, Homosexualität sei niemals «gerechtfertigt». Und die Zahlen dürften tatsächlich deutlich höher sein laut Donovan: «Die Menschen schämen sich, voreingenommen zu sein, und lügen daher in Umfragen über ihre Ansichten.»

Da es aber mindestens in Europa, in der arabischen und auch in der asiatischen Welt Kulturen und Gesellschaften gibt, die noch wesentlich weniger offen gegenüber LGBTQ+-Personen sind als die USA, darf davon ausgegangen werden, dass Donovans Kommentar nicht in der ganzen Welt auf offene Ohren stossen und für Begeisterung sorgen wird.

 

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