Mit dem Ende einer Dekade haben Visionen und Vorhersagen Hochkonjunktur. Doch wie weitsichtig waren die Berater, die vor zehn Jahren eine Zukunftsprognose wagten? finews.ch hat die Auswertung. 

Unternehmensberater verdienen viel Geld damit, Banken für eine ungewisse Zukunft fit zu machen. Je grösser die Gefahr, desto grösser die Nachfrage nach entsprechenden Dienstleistungen. 

Auch die jüngsten Vorhersagen malen ein düsteres Bild: McKinsey warnte im Oktober, nur die grössten, effizienten Banken würden überleben. (Idealerweise wohl mit der teuren Hilfe von McKinsey-Beratern, wie ein Beobachter schelmisch bemerkte.)

Durch die Finanzkrise vereitelt

Doch wie genau waren diese Vorhersagen in den zehn Jahren bis 2020 tatsächlich? finews.ch präsentiert eine Auswahl der Prognosen von grossen Beratungsunternehmen für die Finanzindustrie. 

Als die Finanzkrise Anfang 2008 Fahrt aufnahm, war man bei KPMG noch der Meinung, Manager in der Finanzbranche würden bald Unterstützung von «Avataren» bekommen, welche nach Bedarf mit täglichen Auswertungen des Geschäftsgang zu Diensten sein und selbständig auf mögliche Probleme hinweisen würden. Doch mit der Krise verschob sich der Fokus schnell auf anderes und bis heute sind Banker ohne virtuelle Assistenten unterwegs. 

Regulierung statt Technologie

Zwei Jahre darauf sagte BCG einen Aufschwung im Firmenkundengeschäft voraus. Dieser Geschäftsbereich hätte sich zum Herzstück jeder Universalbank entwickelt und mit mit langfristigem Profitwachstum, brillantem Risikomanagement und nachhaltiger Wertschöpfung geglänzt. 

Diese – technologiegestützten – Leistungen würden nicht zuletzt den Wechsel zu einem Konkurrenzinstitut erschweren, so das Versprechen der Berater. Doch die Angebote der Banken blieben weit hinter diesen Hoffnungen zurück. Stattdessen gaben sie in der folgende Dekade mehr Geld dafür aus, sich immer neuen Regeln anzupassen, als für die dringend nötigen Technologie-Upgrades.

Damit fällt die Lawine an neuen Vorschriften für Banken in die gleiche Kategorie wie die das lange währende Tiefzinsumfeld: Beides sahen die Auguren in den Tiefen der Finanzkrise nicht kommen, obwohl diese Entwicklungen wahrscheinlich die stärksten Treiber der Finanzbranche in den vergangenen zehn Jahren waren. Die Arbeit an veralteten IT-Systemen und das Anzapfen von «Big Data» mussten derweil warten. 

Mangelndes Vertrauen in Banken

Dabei hätten es das Jahrzehnt der Banken-Digitalisierung werden können. 2014 beschrieb Richard Dratva, der Strategiechef von Crealogix, die Bank der Zukunft als Kombination unabhängiger Teile. Auf der Basis einer Vorhersage des «Zukunftsbloggers» Chris Skinner sagte Dratva, Banken würden bald zu internetbasierten Beratern für alle Lebenslagen – sei es die Planung der eigenen Wohnbedürfnisse oder der Kontakt zu den Nachbarn.

Tatsächlich sprangen Vergleichsportale, deren Unabhängigkeit ihnen wohl einen Vertrauensvorschuss gegenüber den Banken eintrug, in diese Nische. Allerdings blieben die Angebote vergleichsweise bescheiden: Meist werden einfach Preise und Dienstleistungen verglichen, während die zwischenmenschliche Kommunikation den Rest besorgt. 

Chancen und Gefahren ignoriert

Die Nische der Banken schrumpfte in derselben Zeit eher, als dass sie neue Geschäftsbereiche eroberten. Fintechs wie Revolut, Curve oder N26 machten sich in den letzten Jahren im Zahlungsverkehr breit, während die Banken selbst bei den Darlehen – eigentlich Kernbereich des Banking – von Firmen wie Loanboox Konkurrenz bekommen haben. 

Immerhin können die Lenker der Finanzbranche diese Entwicklungen als Überraschung abtun. Eine andere – wichtige – Vorhersage haben sie derweil einfach ignoriert: Schon im Jahr 2010 regte BCG an, wohlhabende Frauen besser zu betreuen. Obwohl verschiedene Banken, darunter Vontobel und UBS, entsprechende Projekte lancierten, gab es in diesem Bereich wenig Fortschritt. 

Frauen wollen einerseits genauso behandelt werden, wie alle anderen Kunden auch, schrieb BCG. Zugleich sollten die Banker aber die subtilen Unterschiede zwischen den Geschlechtern berücksichtigen. Wie eine erneute Studie des Beratungsunternehmens zeigte, blieb dieser Rat unbefolgt. 

Hinter dem Trend

Die notwendigerweise unvollständige Auswahl an Studien, welche finews.ch überprüft hat, zeigt: Das grösste Problem sind nicht spektakulär falsche Vorhersagen, sondern die Lücken. So war nirgends die Rede davon, dass Banken durch Bezahl-Fintechs tatsächlich unter Druck geraten könnten. 

Auch die Blockchain und Krypto-Währungen wurden erst zum Thema, als die Bewertungen durch die Decke schossen. Keiner der hochbezahlten Berater wagte die Prognose, dass ein dezentralisiertes Finanzsystem ausserhalb des Einflussbereichs der Zentralbanken tatsächlich in greifbare Nähe rücken könnte (vermutlich hätten sie sich damit allerdings zum Gespött der Branche gemacht).

Erst jetzt, nachdem die Hoffnungen der Krypto-Branche schon wieder gedämpft wurden, wird diese Technologie Teil der langfristigen Prognosen: Falls die Regulatoren und Bezahl-Giganten wie Apple Pay mitmachen, wird die Blockchain-Technologie zur möglichen Disruption, prognostizierte die Deutsche Bank in einem Konzept für 2030. 

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