Die Credit Suisse hat die delikate Aufgabe, einen Nachfolger für Verwaltungsratspräsident Urs Rohner zu finden. Königsmacher ist der CEO des Basler Pharmakonzerns Roche: Severin Schwan.

Die Credit Suisse (CS) ist von der Coronakrise zwar stark betroffen. Doch konnte die zweitgrösste Schweizer Bank in den vergangenen Wochen den rufschädigenden Bespitzelungsskandal, der neben CEO Tidjane Thiam auch COO Pierre-Olivier Bouée den Job kostete, ad acta legen.

Doch ein weiteres grosses Problem ruft nach einer Lösung: Die CS muss bis spätestens Frühling 2021 einen Nachfolger für ihren Verwaltungsratspräsidenten Urs Rohner präsentieren.

Rohners Vize

Im vergangenen März liess die CS verlauten, dass der Nachfolgeprozess weit fortgeschritten sei und planmässig vorankomme. Eine Schlüsselrolle in der schwierigen Suche nimmt dabei Severin Schwan ein, der Rohners Vize ist und seit dem Jahr 2008 sehr erfolgreich den Basler Pharmakonzern Roche leitet.

Der 52-Jährige sitzt seit 2014 im CS-Verwaltungsrat und ist in dieser Rolle nach aussen nie gross in Erscheinung getreten – was auch nicht zu seinen Aufgaben gehört. Das änderte sich erst mit der Bespitzelungsaffäre.

Schwan vermittelte

Der promovierte Jurist Schwan nahm in den Wochen vor Thiams erzwungenem Abgang eine zunehmend aktivere Rolle bei der CS ein, vor allem, als Rohner in der Spionage-Affäre von angelsächsischen Aktionären unter Druck gesetzt wurde, an Thiam als CEO sei festzuhalten.

Der Skandal endete auch dank Schwans Vermittlungsfähigkeiten ohne grossen Knall: Thiam ging in Frieden, und der Investor Harris Associates, der Rohner weg haben wollte, wurde mit der klaren Ansage ruhig gestellt, dass 2021 ein Präsidiumswechsel erfolgen werde.

Vor diesem Hintergrund wird klar, dass Schwan, als Vize-Präsident, Mitglied des Governance und Nomination Committee, sozusagen der Königsmacher ist.

Händchen für Talente

Schwan ist mehr als nur unabhängig. Er ist bei Roche sehr stark in Technologie- und Datenthemen involviert, die auch für die Weiterentwicklung der CS elementar sind. Und er hat ganz offensichtlich die Fähigkeit, Talente und Führungspersonen zu identifizieren.

So stehen zwei seiner ehemaligen Führungsleute bei Roche, Pascal Soriot und Daniel O'Day, als CEO im Mittelpunkt des Fusionspokers mit AstraZeneca und Gilead.

Generalversammlung im Herbst

Ein Szenario für den Fahrplan ist, dass die CS anlässlich ihrer ausserordentlichen Generalversammlung im kommenden Herbst die Aktionäre nicht nur über die Auszahlung der zweiten Dividendentranche abstimmen lassen wird, sondern auch über die Zuwahl von ein oder zwei Verwaltungsräten.

Schwan sowie der im CS-Verwaltungsrat ebenfalls einflussreiche Kai Nargolwala könnten dann einen externen Kandidaten präsentieren, dem eine Übergangsphase gewährt wird, bis er Rohners Amt im April 2021 übernimmt.

Weder Hildebrand noch Körner

Die in Medien regelmässig genannten Namen – Blackrock-Vice-Chairman Philipp Hildebrand oder Ex-UBS-Manager Ulrich Körner – werden es mit grösster Wahrscheinlichkeit nicht sein. Hildebrands Partnerin Margarita Louis-Dreyfus ist eine Grosskundin der CS, der Interessenkonflikt wäre kaum zu lösen.

Der 57-jährige Körner kennt als früherer COO zwar die CS wie seine Westentasche und hat als Bankenmanager mehrfach bewiesen, dass er Veränderungen herbeiführen kann. Doch dürfte sein Profil als Kostenmanager und Restrukturierer für die Anforderungen, die ein CS-Präsident erfüllen muss, zu eindimensional sein.

Eine Überraschung – wie Ralph Hamers

Die Schweizer Grossbank braucht eine Person, welche die technologische Transformation lenken und den dafür notwendigen Kulturwandel anführen kann.

Die Ernennung von Ralph Hamers zum nächsten UBS-Chef hat gezeigt, dass ein mutiges Nomination Committee auch ausserhalb eines angenommenen Rahmens nach Kandidaten sucht und überraschende Entscheidungen treffen kann.

Den Handlungsspielraum einschränken könnte dabei CS-Chef Thomas Gottstein. Er ist Schweizer und hat in den vergangenen Monaten seine Führungsqualitäten bewiesen und das Corona-Hilfsprogramm des Bundes auf die Beine gestellt. 

Ausländer denkbar

Würde sich Gottstein doch nur als Übergangs-CEO der CS erweisen und würde ein Manager aus dem Ausland sein Nachfolger, wären Schwans Optionen auf einen CS-Präsidenten mit Schweizer Staatsbürgerschaft eingeschränkt. Die wahrscheinlichere Variante ist aber, dass Gottstein CEO bleibt, was das Spektrum für das Präsidium auch auf ausländische Kandidaten öffnet.

Etwa Zurich-Chef Mario Greco, der den behäbig gewordenen Versicherungskonzern aufgerüttelt hat. Doch das ist zurzeit noch reine Spekulation. Die CS wird die Gelegenheit haben, im kommenden Oktober einen ersten Schleier zu lüften, wenn sie neue Verwaltungsratskandidaten stellt.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.62%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.23%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.06%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.51%
pixel