Entweder Tidjane Thiam bleibt CEO der Credit Suisse oder Urs Rohner wird als Verwaltungsratspräsident abgewählt. Die Forderungen von CS-Grossaktionär Harris Associates sind eigentlich eine Drohung.

David Herro, der Deputy Chairman des amerikanischen Investment Managers Harris Associates hat seine Forderungen an den Verwaltungsrat der Credit Suisse (CS), an CEO Tidjane Thiam sei unbedingt festzuhalten, nochmals verstärkt.

Nach seinem Interview mit der Nachrichtenagentur «Bloomberg» schickte Herro einen Brief an die Adresse des CS-Verwaltungsrates. Darin steht gemäss der Anleger-Nachrichtenseite «The Market»: Eine Absetzung von Thiam wäre nicht nur ein schwerer Fehler. Sie würde auch Schwäche demonstrieren und weiteres «entsprechendes Verhalten» ermuntern.

Rohner sofort ersetzen

Mit Verhalten meint Herro (Bild unten): Die öffentlich ausgetragenen Attacken gegen Thiam, die von Leuten ausserhalb der CS orchestriert seien. Gegenüber «The Market» wird Herro noch deutlicher: «Wir stellen fest, dass Herr Rohner offenbar versucht, Herrn Thiam aus seiner Position zu entfernen. Deshalb verlangen wir vom Verwaltungsrat, Urs Rohner mit sofortiger Wirkung zu ersetzen, wenn dieser nicht in der Lage ist, Tidjane Thiam als CEO öffentlich zu unterstützen.»

David Herro

Und weiter: «Wenn der Verwaltungsrat nicht entsprechend handelt, werden wir nach anderen Wegen suchen, um Herrn Rohner aus seinem Amt als VR-Präsident entfernen zu lassen.»

Kompliziertes Interessengeflecht

Herro droht. Entweder bleibt Thiam CEO der CS oder Rohner wird «entfernt». In der bislang schon reichen Chronologie der Ereignisse um die Beschattungen der CS ihrer früheren Top-Manager Iqbal Khan und Peter Goerke sorgt Herro für die nächste Eskalationsstufe.

In der in diesen Tagen stattfindenden ordentlichen Sitzung muss der CS-Verwaltungsrat ein immer komplizierteres Geflecht von Unternehmens-, Aktionärs und Partikularinteressen aufdröseln, um eine Entscheidung über die Zukunft der Grossbank und ihre Führung zu treffen.

Dabei wird es weniger darum gehen, dass sich Thiam bezüglich der Beschattungsaffäre rein sachlich nichts vorwerfen lassen kann – in der nach wie vor laufenden Untersuchung durch die Anwaltskanzlei Homburger ist der CS-CEO zunächst rein gewaschen worden.

Eine Verkennung der Tatsachen

Der Verwaltungsrat muss die grundsätzliche Frage klären, ob die CS nach all diesen Vorfällen noch unter der Führung Thiams (und Rohners) bleiben kann. Schliesslich tragen sowohl der CEO als auch der Präsident die Verantwortung für alle Geschehnisse innerhalb des Unternehmens. Die Finma überprüft derzeit auch mögliche Fehler in der Kontrolle der Bank. 

Die unverhohlene Drohung des mit 8,4 Prozent Anteil grössten Aktionärs der CS zeugt von einer Verkennung von Tatsachen durch Herro: Unter der Führung Thiams und seines Adjutanten Pierre-Olivier Bouée hat sich innerhalb der CS eine erschreckende Unternehmenskultur entwickelt: Beschattungen und Bespitzelungen, Misstrauen und Drohungen und desavouierte Mitarbeiter.

Welche «hervorragenden» Leistungen?

Herro stören nicht diese Vorkommnisse, sondern die vermeintlich orchestrierte Berichterstattung darüber. Gleichzeitig ist aufgrund der operativen Entwicklung der CS und ihres Aktienkurses nicht ersichtlich, warum Herro dermassen die «hervorragenden» Leistungen des französisch-ivorisch-stämmigen Thiam hervorhebt.

Vereinzelt wird in Medien nun spekuliert, dass Herro weniger die Interessen als Aktionär vertritt, sondern die Hegemonialansprüche aus französischen Finanzkreisen. Tatsächlich gehört Harris Associates zum französischen Asset-Management-Riesen Natixis, der wiederum Teil der zweitgrössten Bankengruppe des Landes, der BPCE ist.

Allerdings stellte sich am Mittwoch mit Silchester ein weiterer CS-Grossaktionär hinter Thiam. Man sei sich keiner Gründe bewusst, weshalb Thiam nicht weiterhin die volle Unterstützung des Verwaltungsrats geniessen sollte, schrieb der Vermögensverwalter laut «Bloomberg». 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.54%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    19.12%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.65%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.38%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.31%
pixel