Die Margen im Banking sind massiv unter Druck. Hat die Genfer Bankensoftware-Schmiede Temenos das digitale Wundermittel dagegen gefunden? finews.ch hat bei der obersten Produkte-Architektin Prema Varadhan nachgefragt.


Frau Varadhan, Sie haben bei der Genfer Banken-IT-Spezialstin Temenos eine Software entwickelt, die mittels Künstlicher Intelligenz die Preise von Finanzprodukten festlegt. Sind Banker dazu heute nicht mehr in der Lage?

Die Software kann vieles aufs Mal. Zum Einen schafft sie einen zentralen Katalog für sämtliche Produktepreise. Und dank des Rückgriffs auf Künstliche Intelligenz vermag sie in Echtzeit neue Produkte zu kreieren und diese zum exakt richtigen Preis zum jeweiligen Kunden zu tragen.

Etwa, in dem sie dessen Wert für die gesamte Bank errechnet und in die Preisgestaltung mit einbezieht.

Wie bitte – jeder Kunde zahlt einen individuellen Preis? Geht es im Banking bald zu und her wie im Supermarkt, wo die Preise fliessend mit dem Absatz wechseln?

Das dynamische Pricing gestattet es tatsächlich, das ‹Ein-Kunden-Segment› zu bedienen. Die Bank kann dabei die Preisgebung fliessend anpassen und optimieren.

Und, hilft das tatsächlich? Die Margen der etablierten Banken sind nicht erst seit gestern unter Druck.

Es stimmt, insbesondere im Retailbanking sind die Margen geschrumpft, ausgelöst durch die doppelte Gefahr von abwandernden Kunden und der Disintermediation durch neue Anbieter. Der Verlust von Kunden und Kundengeldern schafft ganz fundamentale Probleme fürs Bankgeschäft.

«Wer Produkte schnell an den Markt bringt, ist profitabler»

Diesen Umfeld bietet aber auch Chancen, wenn man die Herausforderungen annimmt und neue Technologien zum Einsatz bringt.

Wie?

Mit personalisierten Angeboten und Produktebündeln sind Banken in der Lage, die Kunden in ihren Bedürfnissen besser abzuholen. Das schlägt sich auf die Preise nieder – und die Erträge steigen wieder.

Unsere eigenen Berechnungen haben gezeigt, dass Banken mit hoher Produkte-Personalisierung im Schnitt eine um 6 Prozent höhere Eigenkapital-Rendite erzielen. Ebenfalls sind die Institute profitabler, welche es schaffen, Produkte schnell an der Markt zu bringen.

Doch reicht dies aus, um den in immer grösserer Zahl auftretenden Neobanken Paroli zu bieten? Mit ihre ultratiefen Gebühren rollen diese das Payment-Geschäft auf und stossen nun auch Richtung Kreditvergabe und Vermögensverwaltung vor.

Unsere Software hilft Banken etwa, schneller zu Erträgen zu kommen und selber innovative Produkte zu entwickeln, die dank Open-Banking-Schnittstellen auch über Dritte vertrieben werden können.

Würde Temenos die neue Software auch an Neobanken verkaufen?

Unsere Lösung richtet sich an Institute mit diversen Kernbanken- und Produktgestaltungs-Systemen. Das sind in der Regel etablierte Banken.

«Jetzt ist es an den Banken, daraus ein Erlebnis zu machen»

Diese Komplexität führt aber oftmals zu Verspätungen in den Lebenszyklen der Produkte, was die Institute verwundbar gegenüber agilen Neobanken macht. Die Temenos-Software hilft den Banken dabei, das Tempo zu steigern, ohne dass sie ihre IT sofort erneuern müssen.

Hierzulande ist neuerdings ein Anstieg von Gebühren und eine vermehrte Weitergabe von Negativzinsen zu beobachten. Schiessen sich damit angestammte Banker nicht in den Fuss?

Im Nachgang der Coronakrise haben sich viele Branchen vorgenommen, nicht auf den Stand von vor der Pandemie zurückzukehren, sondern das Angebot zu verbessern. Das sollten die Banken unbedingt auch machen.

Aber wie?

Aufgrund der Lockdowns waren die Bankkunden gezwungen, auf digitale Kanäle auszuweichen. Jetzt ist es an den Banken, daraus ein Erlebnis zu machen, das so persönlich, spannend und gewinnbringend ist wie möglich.

Indem sie die Kunden ins Zentrum stellen, ihre Erwartungen erfüllen und ihr Vertrauen belohnen, können Banken wieder zum Wachstum finden. Und wer die richtigen, personalisierten Produkte anbietet, darf auch einen Preis dafür verlangen.


Prema Varadhan ist Chief Product Architect und Leiterin für Künstliche Intelligenz bei der britischen Niederlassung von Temenos. Sie ist seit neun Jahren für das Unternehmen tätig.

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