Der Clou zum Vontobel-Jahresabschluss: Im Jahr 2022 kommt es zum Wechsel im Verwaltungsratspräsidium. Was die Bank verschweigt: Der designierte Nachfolger von Herbert Scheidt ist Hausmann und kümmerte sich zuletzt nur noch um seine drei Töchter.

Der Satz ist gut versteckt im letzten Drittel auf der zweiten Seite der langfädigen Medienmitteilung von Vontobels zum Jahresresultat 2020: «Es ist beabsichtigt, Andreas Utermann der Generalversammlung 2022 zur Wahl als Verwaltungsratspräsident der Vontobel Holding AG und der Bank Vontobel AG vorzuschlagen.»

Mit dem 54-jährigen Utermann bekräftigt Vontobel sein Bekenntnis, sich als Investmenthaus zu positionieren. Utermann startete seine Karriere beim US-Giganten Merrill Lynch und schaffte es in der Folge beim deutschen Allianz-Konzern bis zum CEO der Allianz Global Investors.

Top-Job zugunsten der Frau aufgegeben

Dort trat er Ende 2019 zurück – und wurde Hausmann. Die Begründung seiner Entscheidung, als CEO zurückzutreten, brachte Utermann damals mehr Publizität ein, als sein Rücktritt selber.

Auch finews.ch berichtete im November 2019 darüber: «Top-Finanz-Manager beendet Karriere und wird Hausmann». Er gebe seinen Top-Job zugunsten seiner Frau auf. Diese wolle künftig Vollzeit ihre eigene Firma, eine Beratung für Inneneinrichtungen, leiten. Er werde sich um die drei Töchter kümmern. «Jetzt bin ich dran», sagt Utermann. «Und das ist fair.»

«Unglaublich viel herumgereist»

Das machte Schlagzeilen: Das Magazin «Wirtschaftswoche» befragte ihn ausführlich zu seinem Karriereschnitt – den Utermann aber gar nicht als solchen sehen wollte. Das «Stern»-Magazin widmete dem zurücktretenden Allianz-CEO ebenfalls eine Story.

Karrieredenken, dieses Mal für sein Frau, steckte aber nicht allein hinter seiner Entscheidung, sich aufs Private zurückzuziehen. Utermann hatte in all den Jahren schlicht keine Zeit gehabt, sich um seine drei heranwachsenden Töchter zu kümmern. «Ich war selten zu Hause, bin unglaublich viel herumgereist», sagte er.

Kürzlich widmete das deutsche «Manager Magazin» (Artikel bezahlpflichtig) Utermann auch eine Story. Man sieht den «Star-Fondsmanager» vor seinem Haus im Londoner Stadtteil Hampstead neben ein paar Mülltonnen stehen; offenbar gerade beim Entleeren der Bio-Haushaltsabfälle.

Den Gärtner entlassen

Die bislang einjährige Auszeit sei anders als erhofft verlaufen, erzählt Utermann. Bis im Februar sei noch alles nach Plan verlaufen, er habe seine älteste Tochter zu ihrem ersten FIS-Skirennen nach Bormio begleiten können. Danach fielen pandemiebedingt alle Reisen flach. Also habe er den Töchtern beim Home Schooling geholfen.

Den Gärtner habe er entlassen, da er nun im Garten arbeite. Der Corona-Pandemie gewinnt Utermann auch etwas Positives ab. «Die Kinder brauchen dadurch umso mehr Unterstützung.»

Das Hausmann-Dasein versüsst ihm allerdings eine Haushaltshilfe. Dadurch habe er Zeit, seine Geschäfte als Privatier, Investments und Immobilien, zu ordnen. «Mehr will ich momentan nicht machen», sagte er noch im Januar.

Eine prägende Gestalt geht

Etwas mehr wird es nun aber schon: Ein Jahr lang wird Utermann als Vontobel-Verwaltungsrat tätig sein, sofern er gewählt wird, um dann das Präsidium zu übernehmen. Vontobel biete ihm «eine ideale Möglichkeit», ein neues berufliches Kapitel auf einer anderen Ebene aufzuschlagen, sagte Utermann in einem Statement am Donnerstag.

Herbert Scheidt, der das Vontobel-Präsidium demnach in seinem 70. Lebensjahr abgibt, hinterlässt ein gut aufgestelltes Erbe. Bei seinem Rücktritt wird er 20 Jahre lang bei Vontobel an der Spitze gewirkt haben. Von 2002 bis 2011 als CEO, danach als Verwaltungsratspräsident und vor allem auch als Scharnier zur Vontobel-Familie und dem Aktionärspool.

Einen Scherbenhaufen übernommen

Man erinnert sich: Scheidt übernahm 2002 einen Scherbenhaufen, Vontobel lag nach Exzessen im Investmentbanking und dem Scheitern eines Online-Bank-Projekts am Boden. Heute ist Vontobel ein äusserst solider und global tätiger Investment Manager, der sich auch die technologische Transformation auf die Fahne geschrieben hat. «Eine ideale Möglichkeit» für Hausmann Utermann.

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