Der neue Private-Banking-Chef hat seine ersten 100 Tage im Amt bei der Credit Suisse hinter sich – und wohl schon Tausende von Kilometern. Zum ersten grossen Interview meldet sich Francesco De Ferrari aus einem wichtigen Schwellenmarkt der Grossbank.

Francesco De Ferrari ist tiefgläubiger Katholik – nun reist er selber als Prediger um die Welt. Die frohe Botschaft ist in seinem Fall die neue Strategie, welche die von Turbulenzen durchgerüttelte Credit Suisse (CS) seit Ende vergangenen November verfolgt.

Im Zentrum der Pläne der Grossbank steht dabei die Sparte Wealth Management mit der Vermögensverwaltung für reiche Privatpersonen. Dieser steht De Ferrari offiziell seit Anfang Jahr vor.

Nachdem sich nach der Pandemie die Welt endlich wieder geöffnet habe, reise er in alle wichtigen Märkte des Unternehmens. Dies, um sicher zu gehen, dass die Strategie verstanden werden, sagte der Bankmanager nun in seinem ersten grossen Interview – das er bezeichnenderweise dem führenden brasilianischen Wirtschaftsblatt «Valor Economico» (Artikel bezahlpflichtig) vor Ort in São Paulo gewährte.

Ein Anruf von Thomas Gottstein

Der italienisch-schweizerischen Doppelbürger kennt die zweitgrösste Schweizer Bank schon von früher. Er leitete bis 2018 deren Vermögensverwaltungs-Geschäft in Asien. In der Folge verliess er aber das Unternehmen und heuerte beim australischen Finanzinstitut AMP an – bis ihm dann im vergangenen Jahr CS-Chef Thomas Gottstein persönlich den neuen Job angeboten habe, wie De Ferrari der brasilianischen Zeitung berichtete.

Bei seiner Rückkehr auf den neuen Posten bei der CS spielte denn auch Nostalgie mit. «Ich habe siebzehn wundervolle Jahre bei der Credit Suisse verbracht», erinnerte sich De Ferrari. Das Institut sei auch weiterhin eine «fantastische Bank», die allerdings gerade sehr schwierige Zeiten durchlebe.

Wette auf Schwellenmärkte

Um aus dem Formtief herauszukommen, setzt das Geldhaus nun nicht zuletzt auf Schwellenmärkte wie Brasilien, wie der Wealth-Management-Chef weiter ausführte. Wenn man die Trends beobachte, sei festzustellen, dass Vermögen mehr und mehr in Schwellenländern entstünden, wobei insbesondere Entrepreneure hierbei die Treiber seien.

Grosse Pläne wälzt De Ferrari diesbezüglich für Brasilien, wo die CS historisch schon seit 60 Jahren aktiv ist, in der Vermögensverwaltung unter dem Namen Credit Suisse Hedging-Griffo (CSHG). Dies, nachdem die Schweizer Grossbank Brasiliens erfolgreichsten Hedgefonds, zusammen mit dessen Privatbank, im Jahr 2011 vollständig übernommen hatte. Diese Position soll nun kräftig ausgebaut werden, glaubt man dem CS-Manager.

Geschäft verdoppeln

«Unser Ziel ist es, das Geschäft in Brasilien in den nächsten drei bis fünf Jahren zu verdoppeln», erklärte De Ferrari in São Paulo. Das bedeute, dass die Bank schneller wachsen müsse als der Markt. «Ich weiss, dass wir keine absoluten Zahlen veröffentlichen, aber im vergangenen Jahr ist unser Kundengeschäft um etwa 15 Prozent gewachsen», so der oberste Private Banker der CS weiter. Die Zahl der Mitarbeitenden, der Kundenberater und Investmentspezialisten seien in ähnlichem Takt erhöht worden. «Wir investieren in das Land, weil wir absolut an das Potenzial glauben.»

Die Klientel könne ihre Gelder vor Ort, aber auch in der Schweiz und auf dem Bahamas buchen. Angesprochen sind dabei offenbar nicht nur Neukunden. «Es gibt hier eine brasilianische Familie, die seit 150 Jahren mit der Bank geschäftet.»

Rohstoffreiche Staaten profitieren

Inzwischen weniger als 4 Prozent machten hingegen die Vermögen russischer Kunden bei der CS aus, sagte De Ferrari zu einem anderen ehemals wichtigen Schwellenmarkt der Grossbank. Die CS setze dabei alle gegen Russland geltenden Sanktionen vollumfänglich um, wie der Banker beteuerte.

Länder wie Brasilien oder Regionen wie der Nahe Osten stünden aber deutlich weniger im Banne des Ukraine-Konflikts, könnten sie doch etwa von den derzeit steigenden Rohstoff-Preisen profitieren, erläuterte De Ferrari.

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