Nach verlängerten Abklärungen wird die Credit Suisse diese Woche den Chef für das Global Wealth Management bekanntgeben. Recherchen von finews.ch zeigen, wer der künftige Chef ist, und weshalb es zu Verzögerungen kam.

Der Verwaltungsrat (VR) der Credit Suisse (CS) wird diese Woche den italienisch-schweizerischen Doppelbürger Francesco De Ferrari zum Leiter der Vermögensverwaltung ernennen, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Dies wird im Rahmen von VR-Sitzungen erfolgen, die coronabedingt virtuell stattfinden. Die Wahl des «Head of Global Wealth Management» ist insofern von grosser Bedeutung, als es sich um die mit Abstand wichtigste Division der CS handelt.

Die Grossbank wollte sich auf Anfrage von finews.ch nicht äussern, bestätigte aber die Sitzungen des VR in dieser Woche.

Totale Überraschung

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Die Ernennung De Ferraris hätte eigentlich schon Anfang November anlässlich des CS-Investorentages in London stattfinden sollen, zumal die Bank damals ankündigte, ihre verschiedenen Vermögensverwaltungs-Aktivitäten (Schweiz, Asien, International) zu einer einzigen Einheit zusammenzufassen, wie auch finews.ch berichtete.

Doch zur Überraschung aller Beobachter gab die CS den Namen des künftigen Chefs dieser Sparte damals nicht bekannt, sondern vertröstete auf später – spätestens bis Ende 2021.

Der merkwürdige Vorgang ist darauf zurückzuführen, dass sich der VR weitere Abklärungen in Sachen Francesco de Ferrari ausbedang, wie Recherchen von finews.ch zeigen. Und dies vor dem Hintergrund, dass sich sowohl Verwaltungsratspräsident António Horta-Osório als auch CEO Thomas Gottstein für diese Kandidatur stark gemacht hatten.

Krisenmanagement und Skandale

De Ferrari ist bei der CS kein unbekannter Banker. Er leitete bis 2018 deren Vermögensverwaltungsgeschäft (Private Banking) in Asien. In der Folge verliess er das Unternehmen und heuerte beim australischen Finanzinstitut AMP an. Und genau damit hat die verzögerte Ernennung De Ferraris unter anderem auch zu tun.

Die 28-monatige Amtszeit De Ferraris bei AMP in Sydney war von Krisenmanagement und Skandalen geprägt. Zum einen schlitterte die australische Firma in eine wirtschaftliche Notlage, und zum andern musste ein Kadermann, den De Ferrari von seiner früheren Arbeitgeberin CS abgeworben hatte, AMP wieder verlassen, da er offenbar Mitarbeitende belästigt hatte.

Vorgaben des Präsidenten

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Ausserdem soll De Ferrari eine andere Führungskraft ins Top-Management befördert haben, obschon bekannt war, dass diese wegen sexueller Belästigung bestraft worden war. Besonders hart ins Gericht mit De Ferrari ging in dieser Sache die Investmentfirma Harris Associates, die gleichzeitig eine bedeutende Aktionärin der CS ist, wie auch finews.ch berichtete.

Vor diesem Hintergrund und einer verlängerten Sorgfaltsabklärung (Due Diligence) verzögerte sich die Ernennung De Ferraris, der sich gegen eine Reihe von internen und externen Kandidaten durchgesetzt hatte, wie eine mit der Sache vertraute Person erklärte.

Grössere Vorsicht

Die erhöhte Vorsicht ist auch vor dem Hintergrund zu deuten, dass CS-Präsident Horta-Osório (Bild oben) seit seinem Amtsantritt Ende April 2021 höchste Ansprüche an eine zeitgemässe Unternehmenskultur stellt, nachdem das Fehlen einer ebensolchen zu milliardenhohen Verlusten im Zusammenhang mit den Firmen Greensill Capital und Archegos geführt hatte.

Darüber hinaus will er auch das Risikomanagement und -verhalten der Bank drastisch verbessern. Beide Ambitionen setzen die Messlatte entsprechend höher, wenn es um die Ernennung des Chefs der wichtigsten Division der CS geht, die mehr als 850 Milliarden Franken an Kundengeldern verwaltet.

Unklarheiten bleiben

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Unklar bleibt, was aus Philipp Wehle (Bild oben) wird. Er leitete bisher das International Wealth Management. Er könnte einen der Führungsposten übernehmen, die ebenfalls noch offen sind. Konkret geht es in der neuen CS-Matrix um die Schlüsselpositionen für die Regionen «Americas» sowie «Europa, Naher Osten und Afrika» (EMEA). Sie dürften ebenfalls Ende dieser Woche mit der Ernennung De Ferraris bekanntgegeben werden.

Damit dürfte dann gänzliche Klarheit über die Führungscrew der CS herrschen, die aus einem Tal der Tränen herausfinden muss. Letzteres mag mit ein Grund gewesen sein, dass der langjährige CS-Banker und zuletzt Nordasien-Verantwortliche François Monnet vor drei Wochen den Bettel hinschmiss, wie auch finews.ch berichtete.

Offiziell soll er für seine Demission bereits im vergangenen Februar persönliche Gründe angegeben haben; in asiatischen Finanzkreisen ist indessen zu hören, dass er aufgrund der Vorkommnisse rund um Archegos und Greensill Capital gekündigt habe. Die Bank wollte sich dazu nicht äussern.

Bereits gesetzt

Bereits gesetzt sind drei Divisionsleiter: André Helfenstein für die Schweizer Bank und die entsprechende Marktregion, sowie Christian Meissner für die CS-Investmentbank; zudem bleibt Helman Sitohang Chef der Marktregion Asien, leitet aber keine der vier neuen, eigenständige Sparten (Schweiz, Global Wealth Management, Investmentbanking, Asset Management) mehr. Leiter im Asset Management ist Ulrich Körner.

Recherchen von Claude Baumann und Katharina Bart

 

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