Schweizer Private Banker sehen in einer hohen Kapitalisierung den besten Schutz gegen eine heraufziehende Rezession. Ob das von Kunden und Investoren gewürdigt wird, ist noch keineswegs sicher.

Thomas Meier, der Schweizer Privatbanken-Veteran an der Spitze der VP Bank, ist sich sicher: Ein starke Kapitalisierung wird in den kommenden Monaten von Kunden und Anlegern honoriert werden. Dies erklärte der Präsident des Liechtensteiner Instituts am (gestrigen) Mittwoch vor Medien und Analysten.

Entsprechend erteilte er der Empfehlung von Marktbeoachtern, künftig Gewinne an die Aktionäre weiterzugeben anstatt als Kernkapital zu äufnen, eine Abfuhr. «Wer sich jetzt in die Knochen schneidet, der wird nicht in der Lage sein, den nächsten Aufschwung zu nutzen», wehrte sich der VP-Banker gegen solcherlei Ansinnen.

Kein Ruhmesblatt

Natürlich kann trefflich darüber gestritten werden, ob die Kapitalvorgaben des Regulators ausreichen, um die Schweizer Banken krisenfest zu machen und den Steuerzahler im Ernstfall schadlos zu halten. Die Schweizerischen Nationalbank (SNB) als oberste Hüterin über die Finanzstabilität im Land stellte den hiesigen Instituten im vergangenen Juni jedenfalls ein gutes Zeugnis aus. Die Kapitalquoten der Grossbanken Credit Suisse (CS) und UBS seien im internationalen Vergleich überdurchschnittlich hoch.

Auch die meisten anderen Banken können einen Sturm wie eine anhaltende Rezession im Euroraum oder einen Zinsschock überstehen, hiess es damals.

Demgegenüber, und hier klagen Analysten nicht zu Unrecht, sind die Aktienkurse von Schweizer (und Liechtensteinischen) Privatbanken zurzeit kein Ruhmesblatt. Die Namen der Marktführerin UBS stehen seit Jahresbegiunn 14 Prozent im Minus, das Zürcher Investmenthaus Vontobel verlor 23 Prozent, die «Pure play»-Privatbank Julius Bär 16 Prozent und die Credit Suisse (CS) gar mehr als 40 Prozent. Die mit einer Kernkapital-Quote von 22,8 Prozent äusserst solide kapitalisierte VP Bank verlor rund 10 Prozent an Wert. Dies, während der breite Schweizer Aktienindex SPI in diesem Jahr 12 Prozent einbüsste.

Mageres Neugeld

Die beiden Grossbanken UBS und CS handeln damit gar unter ihrem innern Wert. Offenbar hat die Investorengemeinde den «Sicherheitsfaktor» der Schweizer Vermögensverwaltungs-Banken noch nicht ausreichend zu würdigen vermocht.

Und wie sieht des mit der reichen Klientel im Ausland aus? Nach den Rekordjahren 2020 und 2021 zeigte das vergangenen Semester hier ein ernüchterndes Bild. Das Neugeld floss wie in den Zeiten vor der Corona-Krise nur spärlich, während die verwalteten Vermögen wegen des Bärenmarkts an der Börse teils deutlich zurückgingen. Auch ein so erfolgsverwöhntes Haus wie Vontobel musste fast durchs Band schlechtere Kennzahlen vermelden. Der Nimbus von der Schweiz als sicherer Hafen – im ersten Semester 2022 entwickelte er bei den Instituten und ihren Kursen scheinbar wenig Zugkraft.

Weiterhin Millionen für Rückkäufe

Noch hat die Rezession die Schweiz und Euroland nicht erreicht, während die USA sich technisch schon im Abschwung befinden. Sollte sich die wirtschaftliche Lage nun weiter eintrüben – was nicht wenige Private Banker erwarten – würde die Zugkraft der soliden Bilanzen ernsthaft getestet. Doch sollte sich die Wirkung nicht einstellen, treten die gemeinhin mit dem Reduit-Denken verbundenen Nachteile ein: Hohe Opportunitätskosten für einen Verteidigungsfall, der sich nicht materialisiert.

Sinnigerweise haben einige Akteure des Swiss Private Banking entschieden, im angespannten Umfeld weiterhin Geschenke an die Aktionäre zu machen, anstatt ihre Gewinne ganz einzubehalten.

So will die UBS bis Ende 2022 Aktien im Wert von etwa 5 Milliarden Dollar zurückzukaufen. Julius Bär hat vergangenen März angekündigt, über zwölf Monate hinweg eigene Titel im Gegenwert von 400 Millionen Franken zu erwerben. Dabei hat man dort inkauf genommen, dass die Kernkapital-Quote (CET1) von 16,4 Prozent Ende 2021 auf 15 Prozent im ersten Semester 2022 geschrumpft ist.

Sonderfall Credit Suisse

In einer Sondersituation befindet sich derweil die CS. Das krisengschüttelte Institut musste sich von Risiken in der Bilanz verabschieden, um die Kapitalisierung zu stärken. Inzwischen operiert die Grossbank derzeit mit einer Kernkapital-Quote von noch 13,5 Prozent; für den restlichen Jahresverlauf stellte eine Quote zwischen 13 und 14 Prozent in Aussicht – das Kernkapital kann also bis Ende 2022 auch noch abnehmen.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.57%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.89%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.98%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.01%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.55%
pixel