Für Fusionen und Übernahmen von Firmen gilt höchste Geheimhaltung, bis der Deal steht. Doch Informationslecks brechen den Siegel der Verschwiegenheit erschreckend oft, wie sich zeigt.

Breitling kann ein Lied davon singen. Das «Closing» für die Übernahme der Aktienmehrheit am Schweizer Luxusuhren-Hersteller durch Fonds des Zuger Vermögensverwalters Partners Group war für Mitte Dezember geplant – finews.ch hat aber bereits am (gestrigen) Dienstag über die geplante Transaktion berichtet.

Informationslecks sind eine echte Plage für Firmen und Investmentbanker gleichermassen, wie eine neue Erhebung von H/Advisors Abernathy zeigt: Die amerikanische Kommunikations-Agentur hat untersucht, wie häufig bevorstehende Fusionen und Übernahmen (M&A) «leaken» und wie treffsicher Journalistinnen und Journalisten sind, wenn sie über mutmasslich geplante Transaktionen vorab berichten.

Mega-Merger sind schlicht nicht geheimzuhalten

Die Agentur, die im selben internationalen Netzwerk tätig ist wie die bekannte Schweizer Kommunikationsfirma Hirzel.Neef.Schmid.Konsulenten, hat dazu heuer 147 Deals von jeweils mindestens 2 Milliarden Dollar Firmenwert untersucht, wobei in jedem Fall ein US-Bezug gegeben war.

Der Befund: Jede Dritte Transaktion im Jahr 2022 wurde vor dem Abschluss publik. Dies, obwohl alle Parteien zu strenger Geheimhaltung verpflichtet sind. Bei so genannten Mega-Mergern von mehr als 15 Milliarden Dollar Firmenwert leckten gar 70 Prozent vorzeitig durch. Die Medien zeigten sich dabei als erstaunlich gut informiert. Bei 75 Prozent aller Berichte auf Basis von Leaks wurden sowohl Käuferseite wie Verkäuferseite korrekt benannt. Und bei immerhin 60 Prozent aller Artikel betrug die Abweichung vom effektiven Transaktionswert nur 10 Prozent.

Weniger Deals, mehr Verrat

Von «fake news» kann also keine Rede sein, zumal die Hemmschwelle für die Weitergabe von Informationen offenbar gesunken ist: Die Berichterstattung auf Basis von Leaks geschah 2022 laut der Erhebung im Mittel 28 Tage vor der formalen Ankündigung einer Transaktion. Das ist deutlich früher als bei früheren Untersuchungen (elf Tage).

Dazu ist zu beachten, dass bei Fusionen und Übernahmen zumindest in der westlichen Welt seit Monaten Flaute herrscht. In der Folge hat die Rivalität der Berater um die wenigen Transaktionen zugenommen, und die Medienberichterstattung konzentrierte sich ebenfalls auf die wenigen Deals, die noch in der Pipeline verblieben sind. Für Investmentbanker, die aktuell mit einem extrem schwierigen Marktumfeld zu kämpfen haben, muss die Geheimhaltung darum eine Quelle zusätzlichen Kopfzerbrechens sein.

«No comment» ist keine Lösung

Ist ein Leck erst einmal vorhanden, stehen die involvierten Firmen umgehend im Rampenlicht, wobei Sozialen Medien und Online-Inhalten eine entscheidende Bedeutung zukommt. Laut dem Report nehmen die Nennungen der Parteien auf Social-Media-Kanälen in der ersten Woche nach einem «Leak» im Schnitt um mehr als 370 Prozent zu.

H/Advisors Abernathy wären keine Kommunikationsberater, wenn sie auf dieser Basis nicht empfehlen würden, ein Konzept für ein eventuelles Informationsleck in der Schublade liegen zu haben. Die Erfahrung im M&A-Business ist allerdings eine andere, wie die Studienautoren feststellen. Wenn ein Deal durchsickert, gehen alle auf Tauchstation und versuchen, zu retten, was noch zu retten ist. Nach aussen heisst es dann zumeist: «no comment».

Doch selbst wenn die Firmen selber nicht kommunizieren, können sie nicht verhindern, dass es ihre Anspruchsgruppen umso eifriger tun.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.69%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.58%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.14%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.05%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel