Bankkunden mögen manchmal unbeholfen sein beim Verständnis der Finanzwelt. Aber sie sind nicht dumm und vor allem wehren sie sich gegen die Abzocke mancher Banken, sagt Marcel Chevrolet.


Herr Chevrolet, warum tun sich die Banken so schwer mit ihren Kunden?

Ganz einfach: Sie vertreten nie die Interessen ihrer Kunden, sondern Eigeninteressen. Das Bankensystem ist dermassen bonusgetrieben, dass einzig der kurzfristige Erfolg zählt. Das wird voll an die Kunden weitergegeben, durch viel zu hohe Gebühren. Irgendwer muss ja die Millionenboni bezahlen.

Die Kunden sind manchmal unbeholfen beim Verständnis der Finanzanlagen, sie sind aber nicht dumm und wehren sich gegen die Abzocke der Banken: Viele verzichten deshalb auf eine Vermögensverwaltung durch eine Bank und machen lieber nichts.

«Ich bin jederzeit erreichbar, selbst in den Ferien habe ich meine Infrastruktur dabei»

Davon profitieren meine Kunden mit meiner einfachen und unspektakulären Dividendenstrategie, die auf langfristigen Erfolg ausgelegt ist. In den vergangenen zwölf Monaten habe ich für meine Kunden nur vier Transaktionen vorgenommen. Und das war gut so.

Was können Sie denn mehr bieten als die Banken?

Zurück zum Ursprung! Langfristige Kapitalanlage mit vorwiegend Schweizer Aktien mit attraktiver Dividende und solidem Wachstum. Das ist mein «Offering». Kein hektisches Rein-Raus, sondern eine langfristige Strategie. Keine Fonds, keine Strukis, hin und wieder ein ETF. Dies bei einer Depotbank mit den tiefsten Kosten und absoluter Transparenz.

Ich bin aber in sehr engem Kontakt mit meinen Kunden, und sie sind gut informiert und kennen die Strategie. Sie werden auch nicht nervös, wenn Aktien wie die Zurich oder Swatch im vergangenen Jahr 30 Prozent einbrechen. Sie wissen, dass sich diese Titel wieder erholen werden.

Ist es nicht riskant, sich einer Einzelmaske hinzugeben?

Ja, ich bin tatsächlich ein Einzelkämpfer. Ich bin aber jederzeit erreichbar, selbst in den Ferien habe ich meine Infrastruktur immer dabei. Da ich, wie oben beschrieben, kein Trading betreibe, war ich noch nie in der Situation, dass ich einen Stellvertreter gebraucht hätte.

«Auch mit stellenlosen Bankern können sich interessante Perspektiven ergeben»

Selbst als ich einige Tage im Spital war, hat das keiner meiner Kunden realisiert. Allerdings braucht das eine sehr gute und schlanke Organisation. Ich bin aber gesprächsbereit für Kooperationen mit anderen Vermögensverwaltern. Gerade auch mit stellenlosen Bankern können sich interessante Perspektiven ergeben.

Wie entwickeln Sie Ihr Unternehmen in den nächsten Jahren weiter?

Der Schweizer Finanzplatz durchläuft einen epochalen Strukturwandel. Durch den Wegfall des Bankgeheimnisses haben riesige Vermögen die Schweiz verlassen, gleichzeitig kommen kaum mehr ausländische Privatkunden in die Schweiz.

Die Banken versuchen durch Kostensenkungen, insbesondere durch Entlassung der Generation 50+, die Ertragsschwäche abzufedern, was aber nur kurzfristig funktioniert. Der Bankensektor wird schrumpfen, vor allem Auslandbanken haben keine Daseinsberechtigung mehr. Tausende von Mitarbeitern werden noch entlassen werden.

«Erst wenn die letzten Abzocker verschwunden sind, kann sich der Bankensektor stabilisieren»

Andererseits sind die Führungsgremien nicht bereit, auf ihre völlig überhöhten Löhne und Boni zu verzichten. Man ‹melkt›, solange es noch geht – oben wird abkassiert, unten entlassen. Das kann auf die Dauer natürlich nicht funktionieren.

Was braucht es für eine bessere Bankenwelt?

Es muss ein massives Umdenken stattfinden. Erst wenn die letzten Abzocker verschwunden sind und sich eine neue Generation von glaubwürdigen Managern etabliert hat, kann sich der Bankensektor wieder stabilisieren. Auch ohne Bankgeheimnis bietet die Schweiz nach wie vor eine hervorragende Infrastruktur. Man muss sich wieder auf die alten Tugenden besinnen.

Und persönlich?

Ich bin für mein Unternehmen sehr zuversichtlich, da ich äusserst schlank und flexibel aufgestellt bin. Durch die Abdeckung verschiedener Geschäftsfelder bin ich breit diversifiziert. Mit meiner Erfahrung vertrete ich ganz klar die Interessen der Kunden. Das ist der Schlüssel zum Erfolg.


Marcel Chevrolet ist Schweizer und seit Mai 2014 als Vermögensberater selbständig. Neben der klassischen Vermögensverwaltung hat er sich auf Kostenanalysen sowie auf die Beratung von Kunden mit Freizügigkeitsgeldern spezialisiert. Vorher war er als Kundenberater und Direktionsmitglied bei verschiedenen Schweizer Finanzinstituten tätig, unter anderem bei der UBS, bei Sarasin, BNP Paribas, EFG International und der Commerzbank (Schweiz).

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