Früher hätten die Schweizer Banken und der Finanzplatz mehr oder weniger identische Angebote gehabt. Dies sei nicht länger mehr der Fall, sagt Vontobel-Chef Zeno Staub.

Für Zeno Staub hat auf dem Schweizer Finanzplatz ein neues Zeitalter begonnen. Früher hätten sich viele Banken lediglich mit ihrem Gründungsjahr voneinander unterschieden, während das Angebot mehr oder weniger das Gleiche gewesen sei – «Swiss Private Banking seit... – 1780, 1796 oder 1805 ist vorbei», sagte der Chef der Bank Vontobel an einem Mediengespräch am Mittwoch in Genf.

Heute brauche es eine klare Differenzierung, um erfolgreich zu bleiben, betonte Staub weiter. Darum bestünden mittlerweile auch unterschiedliche Interessen auf dem Schweizer Finanzplatz. Doch der Vontobel-Chef sieht in dieser Entwicklung auch Vorteile, denn die Schweiz stehe nicht nur für Crossborder-Banking, also für grenzüberschreitende Vermögensverwaltung. Es existiere hierzulande etwa auch ein hervorragendes Firmen- und Kleinkundengeschäft (Retailbanking).

In bestem Französisch

«Nur wenn ein Finanzplatz über einen genügend grossen Heimmarkt verfügt, hat er auch eine reelle Chance, in Zukunft erfolgreich zu sein», sagte Staub in bestem Französisch. Und dies sei in der Schweiz der Fall. Mit rund 800 Milliarden Franken an Pensionskassen-Geldern und ebenso vielen Milliarden Franken an Vermögen wohlhabender Personen bestehe ein genügend grosses Volumen, damit ein Cluster an Kompetenz existiere.

London, Boston sowie Teile von New York würden – neben der Schweiz – diese Voraussetzung auch erfüllen, sagte Staub weiter. Asiatische Finanzplätze nannte der Vontobel-CEO in dieser Aufzählung erstaunlicherweise nicht. Dabei rechnet sich die Zürcher Bank gerade in Fernost einige Wachstumschancen aus, insbesondere im Bereich Strukturierter Produkte, wo Vontobel im vergangenen September erste Derivate an der Hongkonger Börse emittierte, wie finews.ch berichtete. Erfolgszahlen seit der Lancierung wollte Staub noch keine nennen, er sagte lediglich, man sei gut auf Kurs.

Geradezu aggressiv

Wie unterschiedlich die derzeitige Situation für die Banken auf dem Schweizer Finanzplatz ist, zeigt sich unter anderem auch in der Personalpolitik. Manche Institute bauen weiter Arbeitsplätze ab oder arbeiten solche Pläne aus. Im Gegensatz dazu ist unter anderem Vontobel «geradezu aggressiv» im Markt aktiv, wie von Kaderstellenvermittlern zu hören ist. Staub verhehlt auch nicht, dass «seine» Bank weiterhin nach Kundenberatern respektive nach ganzen Teams Ausschau halte.

Dem pflichtete am Mittwoch in Genf auch Lionel Pilloud gegenüber finews.ch bei. Der Chef der dortigen Niederlassung von Vontobel und Verantwortliche für das frankophone Europa und den Nahen Osten hat die Zahl der kundennahen Mitarbeiter in den vergangenen 18 Monaten verdoppelt und will so auch weiterfahren.

Ausbaupläne für Nahost-Geschäft

Aktuell beschäftigt Vontobel in der Rhonestadt gut 20 Relationship Manager (Kundenberater), und über alle drei Divisionen (Private Banking, Asset Management und Investmentbanking) verteilt rund 60 Personen. Erstmals gab die Bank auch an, von Genf aus mehr als 5 Milliarden Franken in der Vermögensverwaltung zu betreuen, je hälftig für Privat- respektive für institutionelle Kunden.

Während die Vermögen aus dem benachbarten Frankreich in den vergangenen Jahren tendenziell eher abgenommen hätten, sei ein anhaltender Zufluss aus dem Nahen Osten zu verzeichnen, sagte Pilloud. Darum richten sich seine Ausbaupläne im Personalbereich vor allem an Kundenberater, die auf diese Region spezialisiert sind, wie weiter zu erfahren war.

Weltweit einmalig

Wie die Entwicklung in Genf offensichtlich zeigt, kann der in den vergangenen Jahren bisweilen arg unter Druck geratene Finanzplatz seine Position durchaus verteidigen – indem er sich durch eine Spezialisierung sozusagen neu erfindet. Zur Besonderheit der Schweiz gehöre auch, dass sie es sich leisten könne, in einer Zugsdistanz von nicht einmal drei Stunden gleich zwei Finanzplatze zu unterhalten, sagte Staub, «das gibt es in keinem anderen Land der Welt.»

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