Vontobel-CEO Zeno Staub nimmt in einem Gastbeitrag Stellung zu einem Artikel von finews.ch-Herausgeber Claude Baumann, der das Swiss-Banking-Geschäftsmodell kritisch hinterfragt hat.

Claude Baumann, der Herausgeber von finews.ch, hat in einem seiner neusten Meinungsartikel die Zukunft von Swiss Banking in Frage gestellt. Genauer zweifelte er an, ob das Swiss Private Banking ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell sei.

Ich argumentiere, dass jedes Unternehmen die entscheidenden zwei Hebel für die eigene Zukunftsfähigkeit im Swiss Private Banking selbst in der Hand hat, und dass die Schweiz für ein entsprechend aufgestelltes Geschäftsmodell weiterhin ein hervorragender Standort ist und bleiben wird.

Die einzige Debatte überhaupt

Seit der Reagan-Thatcher-Revolution und mindestens bis zur globalen Finanzkrise wurden Geschäftsmodelle auf ihren Nutzen für den Aktionär reduziert: «Shareholder Value» stand nicht nur im Zentrum der Debatte, sondern war die einzige Debatte überhaupt. In diesem Zeitgeist wurden bei vielen Instituten Kunden zu Gegenparteien degradiert.

In der Investoren-Kommunikation vieler Banken kamen Kunden oder der für die Kunden generierte Nutzen gar nicht mehr vor. Einzig die stolz ausgewiesene Marge erinnerte entfernt an die Kunden. Dominant waren aber Eigenmittelrendite und Kapitaldiskussionen – gerne auch nach allen Regeln der Kunst adjustiert auf zugrundeliegende, normalisierte Gewinne über einer immer radikaler verkürzten Eigenmittelbasis.

Fokus auf den Kundennutzen

Heute wird der Shareholder Value nicht mehr gleich offen zur Schau getragen, obwohl er zumindest die Investorenkommunikation und auch die meisten Entschädigungsmodelle immer noch dominiert. Ich halte es aber altväterisch mit Peter F. Drucker: «The purpose of business is to create and keep a customer.»

Nur wenn ein Unternehmen ein Kundenproblem besser löst als seine Konkurrenz, hat es eine Existenzberechtigung. Denn der Shareholder Value, dem ich durchaus verpflichtet war und bleibe, ergibt sich als Ergebnis von alleine aus der erfolgreichen Lösung des Kundenproblems und dem effizienten Betreiben der firmeninternen Prozesse. Der Fokus auf den Kundennutzen ist Startpunkt, Orientierung und der erste entscheidende Hebel für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell.

Von der Vermögensverwahrung zum Vermögensmanagement

Und zur raschen Identifikation des zweiten Hebels noch einmal Drucker: «What the customer buys and considers value is never a product. It is always utility, that is, what a product or a service does for the customer.»

Was aber ist nun der Kundennutzen, für den der Kunde im Swiss Private Banking tatsächlich bezahlt? Was fragt er nach? Meine These: Der Kunde sucht Vermögensmanagement, sei das Vermögensberatung und/oder Vermögensverwaltung. Das ist der Nutzen, den der Kunde sucht: Mehrwert am Vermögen. Dafür bezahlt er auch.

Das Gift, das zu viele träge machte

Woher die meisten der Klagen und Altlasten rühren, auf die Baumann Bezug nimmt, ist ein Verständnis von Private Banking, das sich auf blosse Vermögensverwahrung beschränkt. Die Bequemlichkeit der Vergangenheit ist das Gift, das zu viele träge machte: Das Bankgeheimnis verbunden mit dem starken Franken erlaubte ein mehr als auskömmliches Gebührenmodell mit blosser Vermögensverwahrung.

Im Zuge der globalen Transparenz, des Margendrucks auf austauschbaren Dienstleistungen wie eben dem Custody, wurde die Verwahrung zu oft auch für Gelder angeboten, die sich im nachhinein als zu risikoreich entpuppten.

Die Zukunft ist da

Ein auf den Kunden ausgerichtetes, nutzenstiftendes Vermögensmanagement ist die Basis für ein zukunftsfähiges Geschäftsmodell im Swiss Private Banking. Jedes Institut hat diese zwei Hebel – Kundenorientierung und Kompetenz im Vermögensmanagement – selbst in der Hand. Die Kundenorientierung erreicht man durch Führung, geeignete Beurteilungs- und Entwicklungsprozesse im HR, adäquate Anreizsysteme sowie durch eine entsprechende Positionierung der Marke.

Glaubwürdiges Vermögensmanagement wiederum verlangt nach Kompetenzen und Fähigkeiten im Research, in der Analyse und im Portfolio Management, mit dem Anspruch, sich mit den besten des Fachs weltweit messen zu können. Dafür braucht es einen internationalen Fussabdruck und die Fähigkeit, diverse Teams anzuziehen und zu entwickeln.

Wir bei Vontobel nennen diese zwei Hebel der Einfachheit halber «client-centric» und «investment-led». Wir stellen sie seit vielen Jahren in den Kern unserer Marke, unserer Strategie und unserer Führungsarbeit. Und mit der Regelung meiner Nachfolge hat der Verwaltungsrat entschieden, sie strukturell und personell zum Kern unserer Führungsstruktur zu machen.

Made in Switzerland

Was Unternehmen für kundenzentriertes Vermögensmanagement brauchen, sind Talente und erstklassige Rahmenbedingungen. Offene Arbeitsmärkte, stabile Rechtsordnung, erstklassige Bildungsangebote, einen kompetitiven Nährboden von global denkenden und agierenden Wettbewerbern.

Im Weiteren helfen politische Stabilität, solide Staatsfinanzen, ausfinanzierte Vorsorgesysteme, eine starke Währung und ein gesellschaftliches Umfeld in dem sich global mobile Talente willkommen und sicher wissen. «Made in Switzerland», ganz einfach.

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