Die Schweizerische Nationalbank steht wegen ihrer Anlagepolitik verschiedentlich in der Kritik, verbittet sich aber jede Einmischung. Doch nun gibt ausgerechnet der Bundesrat einen Fingerzeig, dass er von dieser rigiden Haltung abweichen könnte.

Diese rote Linie schien bislang in Stein gemeisselt: Die Schweizerische Nationalbank (SNB) macht Geld-, nicht Klimapolitik. Das Postulat «Nachhaltigkeitsziele für die Schweizerische Nationalbank», welches noch diese Woche durchgewinkt werden dürfte, zeigt aber, dass diese rote Linie verwischt wird.

In seiner im Mai publizierten Antwort auf das Postulat der Wirtschaftskommission des Nationalrates schrieb der Bundesrat, dass er die Annahme des Vorstosses empfehle, einen Bericht zu den potenziellen Auswirkungen der Klima- und Umweltrisiken auf die Preis- und Finanzstabilität sowie die Möglichkeiten und Grenzen der Berücksichtigung von Nachhaltigkeitszielen im Rahmen der Anlagepolitik der SNB zu erstellen. Damit bereitet der Bundesrat einer breiteren politischen Einflussnahme auf die SNB den Boden – bislang war die Regierung darauf bedacht, jeglicher Politisierung der Geldpolitik den Riegel zu schieben.

Reicht defensiv noch im 20. Jahrhundert?

Zur Erinnerung: Zur Bekämpfung einer Aufwertung des Schweizer Frankens hat die SNB in vergangenen Jahren ausländische Valuta und damit Aktien und Anleihen im Wert von hunderten Milliarden Franken erworben und sitzt nun auf einem Portfolio von etwa 800 Milliarden Franken. Damit ist die SNB zu einem der grössten institutionellen Investoren der Welt aufgestiegen.

Die Anlagepolitik der SNB ist dabei defensiv geblieben. Die Bank investiert ihre Mittel praktisch ohne eine eigene Auswahl zu treffen nahe am Index, weil sie bestrebt ist, keine Industrie- und Strukturpolitik zu betreiben. So sind im US-Aktienportfolio auch Werte von Firmen wie Boeing und Raytheon enthalten, die beide zu den grössten Waffenschmieden dieser Welt gehören, wie die «Handelszeitung» Anfang Jahr kritisch anmerkte.

Die SNB verzichtet einzig auf Investitionen in Unternehmen, die international geächtete Waffen produzieren, grundlegende Menschenrechte massiv verletzen oder systematisch gravierende Umweltschäden verursachen.

Im Zeichen der Nachhaltigkeit

Diese Einschränkung ist nun aber zum Einfallstor für weitergehende Forderungen geworden: Wenn die Bank Investitionen in solche Unternehmen ausschliesst, warum kann sie nicht gleich Klimasünder ausschliessen?

Die Entwicklung bei der SNB kann durchaus auch im Zusammenhang mit derjenigen bei privaten Akteuren des Finanzplatzes Schweiz gebracht werden. So gibt es mittlerweile kaum mehr eine Bank, die auf das Instrument «Nachhaltigkeit» verzichtet, nicht zuletzt auf Druck der Öffentlichkeit.

Weltweite Aktivität

Die SNB ist traditionellerweise darauf aus, langfristig und verlässlich zu agieren und vermeidet wenn möglich jegliche Hektik. Vor einem Jahr erst trat sie (zusammen mit Finanzplatzregulator Finma) dem Network for Greening of the Financial System bei, als eine der letzten Zentralbanken. Das Netzwerk bezweckt, dass die Mitglieder ihre Investitionen klimaverträglich gestalten, was auf die SNB-Politik noch nicht zutrifft. Gemäss Klima Allianz Schweiz investiert die SNB ihre Mittel auch in Firmen wie Shell, BP, ExxonMobil und Chevron, alles Schlüsselakteure in der Produktion von fossilen Treibstoffen.

Noch im Dezember 2019 betonte Andréa Mächler, das Direktoriumsmitglied der SNB, das mit der Anlagepolitik betraut ist, dass die SNB keine Klimapolitik betreiben dürfe und dass diese Sache der politischen Behörden sei. In seiner Zusammensetzung von vor den Wahlen vom Herbst 2019 hatte der Nationalrat eine Motion der Grünen bachab geschickt, welche die SNB dazu verpflichten wollte, dem Ziel einer nachhaltigen Entwicklung und dauerhaften Erhaltung der natürlichen Lebensunterlagen nachzuleben.

Der Widerstand gegen eine Politisierung bleibt

Mit dem Wahlerfolg der grünen Parteien kommt jetzt offensichtlich Bewegung in die Angelegenheit, wie finews.ch schon im Dezember angedeutet hatte. Noch mag es nicht soweit sein, aber mit der für diese Woche geplanten Abstimmung scheint der erste Schritte zu einer grüneren Anlagepolitik gemacht, auch wenn der Widerstand gegen eine solche «Politisierung» der SNB gross bleibt. So hat eine Minderheit von elf (von 25) Mitgliedern der Kommission beantragt, das Postulat abzulehnen.

Die Unterstützer einer grüneren Anlagepolitik sind denn auch nicht die einzigen, welche der SNB Vorgaben machen wollen. Ebenfalls noch während der Sommersession ist der Vorstoss von SVP-Mann Alfred Heer aus Zürich traktandiert. Er verlangt mittels einer Motion, dass die Negativzinsen, welche die SNB auf den Cashbestände der Geschäftsbanken erhebt, direkt an die AHV überwiesen und damit die Finanzierung der staatlichen Altersvorsorge gesichert würde. Und der Gewerkschaftsbund wiederum vertritt vehement die Position, dass mehr Mittel aus der Ausschüttungsreserve in die Altersvorsorge fliessen sollten.

 

 

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