In ihrem Buch «Herz und Verstand im Verwaltungsrat» hinterfragt Gabriele M. Paltzer-Lang die Geschlechter-Rollen in unserer Gesellschaft, insbesondere im Berufsalltag. Dabei kommt die Autorin auf höchst überraschende Erkenntnisse, wie sie in einem Interview mit finews.ch erklärt. 


Gabriele Paltzer 192Frau Paltzer, was gab den Ausschlag, dieses Buch zu schreiben?

Ich wollte mich von den immer gleichen Argumenten aus Politik, Gesellschaft und Medien bezüglich Frauen in der Wirtschaft emanzipieren und diese hinterfragen.

All das basierte auf meiner These, die ich im Zusammenhang mit meiner Abschlussarbeit im Weiterbildungsstudiengang «Master of Advanced Studies in Applied Ethics» an der Universität Zürich, aufgestellt habe, die lautet, dass das unterschiedliche ethische Handeln und Denken von Frauen und Männern ein Argument für mehr Frauen in einem Verwaltungsrat sein könnten – und nicht das Gleichheitsargument und die Quoten.

«Fast alle haben zugesagt, entschuldigt haben sich nur ein paar wenige Frauen»

Meine These wollte ich in der Praxis verifizieren und beschloss, mit weiblichen und männlichen Verwaltungsräten zu reden. Deren Einschätzungen wollte ich analysieren und wiedergeben; nicht nur auf die Ethik bezogen, sondern ganz allgemein.

Wie sind Sie dabei vorgegangen?

Ich habe diejenigen Verwaltungsrätinnen und Verwaltungsräte angeschrieben, die mich interessierten, weil ich von oder über sie gelesen oder gehört hatte. Fast alle haben zugesagt, entschuldigt haben sich nur ein paar wenige Frauen – interessanterweise.

Was waren die wichtigsten Erkenntnisse aus Ihrer Arbeit?

Ich konnte kein primäres weibliches oder männliches Denken und Handeln erkennen. Es sassen mir Menschen gegenüber, die unterschiedlicher nicht hätten sein können; jede Persönlichkeit mit einer eigenen Geschichte, Erfahrung, Herkunft, Ausbildung und sozialen Zugehörigkeit. Natürlich gibt es geschlechterspezifische Tendenzen wie die Einschätzung beider Geschlechter, wonach Frauen besser vorbereitet zu Sitzungen erscheinen.

«Die Chance in einen Verwaltungsrat gewählt zu werden, ist für Frauen noch nie so gross gewesen wie heute»

Eine weitere Erkenntnis war, dass ein Verwaltungsratsgremium mit den besten Mitgliedern bestückt werden soll, egal ob es sich dabei um Frauen oder Männer handelt.

Und: Ein Verwaltungsratsmandat ist keine lockere Teilzeitbeschäftigung.

Welche Erkenntnisse habe Sie am meisten überrascht?

Das Individuum und nicht das Geschlecht ist ausschlaggebend für einen guten Verwaltungsrat, was erst zu einer natürlichen Diversität führt. Ob es sich schliesslich um Frauen oder Männer handelt und in welcher Anzahl oder Quote ist nicht ausschlaggebend. Diversität wird vom Individuum geprägt und nicht vom Geschlecht.

Was ist Ihre Botschaft an die Frauen?

Die Chance in einen Verwaltungsrat gewählt zu werden, ist für Frauen noch nie so gross gewesen wie heute. Ich würde sogar behaupten, ganz allgemein für eine Frau, Karriere zu machen. Alle suchen Frauen!

«Eine umgekehrte Diskriminierung?»

Aber, und darin sind sich meine Gesprächsteilnehmer einig, Frauen müssen auch entsprechende Fähigkeiten vorweisen können, das heisst, eine exzellente Ausbildung und einen CV, viel Erfahrung mitbringen, je nach dem im Ausland gearbeitet haben und sich durch einen guten Charakter ausweisen, und ganz zuletzt, einen solchen Posten auch wollen.

Wenn nämlich heute zwei gleiche Bewerbungen, das heisst, von einer Frau und einem Mann vorliegen, wobei ich schon da meine Zweifel habe, denn zwei gleiche Bewerbungen kann es kaum geben, aber lassen wir das, dann wird auf jeden Fall die Frau bevorzugt. Eine umgekehrte Diskriminierung?

Was wollen sie mit diesem Buch bewirken?

Ich habe den Titel «Herz und Verstand im Verwaltungsrat» gewählt, um ein Zeichen zu setzen für eine positive und ich glaube auch moderne Botschaft an Frauen und Männer, welche die grosse Verantwortung im Rahmen ihrer Verwaltungsratsarbeit erfüllen.

«Ich sehe mein Buch als ein kleines volkswirtschaftliches Manifest und persönliches Bekenntnis»

Ich wünsche mir aber auch eine echte Gleichbehandlung von Frauen und Männern, ohne Wenn und Aber und ohne ständige Hervorhebung des Geschlechts.

Zudem haben mir meine Gespräche einen Einblick hinter die Kulissen des Verwaltungsrats gegeben, den ich an die Leserschaft weitergeben möchte. Hinter den Verwaltungsräten stehen Menschen, mit denen man reden kann, und die sich interessieren. Es sind keine abstrakten Gefüge.

Den Frauen habe ich einen Teil des Buches gewidmet, um ihnen Mut zu machen und einzelne Aspekte der Verwaltungsratstätigkeit aus ihrer Perspektive zu beleuchten.

Ich sehe mein Buch als ein kleines volkswirtschaftliches Manifest und persönliches Bekenntnis zur Förderung von Frauen als Verwaltungsratsmitglieder, die sich für eine freie Berufswahl, eine eigene Karriere- und Familienplanung entscheiden und ein liberales Gedankengut zu ihrem eigenen Nutzen und für das Wohlbefinden ihrer Nächsten frei gestalten wollen.


«Herz und Verstand im Verwaltungsrat» – Eine Frau hinterfragt Geschlechter-Unterschiede – 40 Gespräche über Leadership – mit einem Vorwort von Oswald J. Grübel, Gabriele M. Paltzer-Lang, 2020, Münster-Verlag, 260 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, ISBN 978-3-907146-95-8; 26 Franken/23 Euro, direkt bestellbar unter www.muensterverlag.ch


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