Die hohen Bewertungen wie auch die Verwerfungen in gewissen Branchen machten es opportun, sich nun mit Private Equity zu befassen, erklärt der Investment-Spezialist Werner Schnorf im Interview mit finews.ch.


Herr Schnorf, Sie treffen gerade befreundete Unternehmer, um sie auf privater Basis zu beraten. Ist man als Private-Equity-Profi derzeit der Mann der Stunde?

Ich denke, dass gute Unternehmer immer wieder den Rat oder den Austausch mit Personen suchen, die ausserhalb ihres direkten Wirkungskreises stehen, jedoch ihre Wertvorstellungen teilen.

Wenn das zutrifft, bringt die langjährige Private-Equity-Erfahrung und dadurch das direkte Wirken in vielen verschiedenen Firmen und Branchen ein breites Fachwissen mit sich, das gerade bei Nachfolge-Fragen einmalig ist. Nachfolgethemen sind für die meisten Unternehmern eine once-in-lifetime Situation.

Patrimonium Private Equity Advisors (PPEA) fokussiert auf den Mittelstand im deutschsprachigen Europa. Dort geht die demographisch bedeutsame Generation der Baby-Boomer als Patrons in Rente. Eigentlich müssten Sie sich vor Nachfolge-Transaktionen gar nicht retten können?

Da haben Sie recht. Wir sehen neben der demographisch getriebenen Grundtendenz jetzt nach Covid zusätzlich Aktivitäten. Die hohen Bewertungen und auch die Verwerfungen in gewissen Branchen machen es opportun, sich mit der Nachfolgefrage intensiv zu beschäftigen.

«Überstürzte Exits bergen sehr häufig Enttäuschungen für den Verkäufer»

Eine gute Lösung für den Unternehmer bedingt jedoch, dass er – oder sie – sich und die Firma gut auf diesen Schritt vorbereitet. Überstürzte Exits bergen oft Enttäuschungen für den Verkäufer.

Allerdings haben auch Banken und Vermögensverwalter Private Equity neu entdeckt, angesichts der tiefen Zinsen. Kommen Sie sich mit diesen Akteuren in die Quere?

Nein. Die Banken und Vermögensverwalter möchten ja Kundengelder langfristig gut und sicher anlegen. Bei den hohen Börsenbewertungen ist es nur logisch, dass der Blick vermehrt Richtung Private Markets geht, die eine recht stabile und überdurchschnittliche Performance aufweisen. Bei Patrimonium sehen wir für alle unsere Divisionen eine deutlich erhöhte Investorennachfrage.

Welche Gruppe von Akteuren ist bereit, die höchsten Preise für privat gehaltene Unternehmen zu zahlen?

Diejenigen, die an die Zukunft des Unternehmens glauben und Ideen entwickelt haben, wie die Relevanz und Marktkraft weiter gesteigert werden kann. Das trifft natürlich verstärkt auf Konkurrenten zu, seien diese nun in Private Equity Besitz oder nicht.

«Wir sehen uns als unternehmerische Investoren, die weit mehr als nur Finanzkraft mitbringen»

Private Equity ist sicherlich ein Treiber im Markt der Unternehmenskäufe, denn es ist die Aufgabe der PE Funds ihr Geld zu investieren und Firmen weiter zu entwickeln. Bei einem Buy-and-build Ansatz macht es oft Sinn, Wachstum und zusätzliches Know-how etwas aggressiver einzukaufen.

Sie haben sich ein breites Industrie-Knowhow erworben, bevor Sie zum Privatmarkt-Pionier Zurmont Madison stiessen, den sie zuletzt als CEO führten und später in Patrimonium integrierten. Ist das heute ein Vorteil gegenüber Investoren aus der Finanzwelt?

Ich denke schon. Gerade im Buyout-Bereich des Mittelstands ist ein gutes Verständnis für die Themen der Unternehmen wichtig, schafft Vertrauen und öffnet schneller den Zugang. Wir sehen uns bei Patrimonium als unternehmerische Investoren, die weit mehr als nur Finanzkraft mitbringen. Das überzeugt in den Gesprächen, wenn es um Nachfolgefragen geht.

Wie viel Vermögen verwaltet PPEA inzwischen, und welche Rendite können sich Ihre Investoren erhoffen?

Der aktuelle Private Equity Fund hat ein Zielvolumen von 200 Millionen Euro. Heute sind wir schon zu rund 30 Prozent investiert. Wir rechnen mit einer Nettorendite im Rahmen unseres langjährigen Durchschnitts von etwas über 2x.

Wo will PPEA mittelfristig wachsen?

In unserem Kernmarkt. Bei PPEA haben wir uns auf den Mittelstand spezialisiert, und zwar in der Dach-Region. Wir verfolgen einen ausgeprägten Buy-and-build Ansatz mit dem Ziel, die Portfoliofirmen in ihrem Segment relevanter zu machen. Unsere Erfahrungen zeigen, dass die Relevanz einer Unternehmung dadurch schnell und überdurchschnittlich gesteigert werden kann.

«Da kann man schnell einen Fehler machen»

Wichtiges Kriterium ist für uns die gute Integrierbarkeit der zugekauften Unternehmen, vor allem, was die Unternehmenskulturen und Führung anbetreffen. Da kann man schnell einen Fehler machen. Hier kommt uns unsere langjährige industrielle Erfahrung zu Gute.

Für welche Investoren machen Private-Equity-Investitionen überhaupt Sinn? Derzeit wird viel über die Demokratisierung dieser Anlageklasse diskutiert, Anbieter werben mit höherer Liquidität und tieferen Eintrittsschwellen für Anleger.

Sicherlich für alle qualifizierten Investoren, die einen langfristigen Horizont haben und an der Stärke des grossen Sektors von privat gehaltenen Unternehmen partizipieren möchten. Da gibt es viele interessante «Hidden Champions» mit einem ausgezeichneten Wachstums-Track.

Heute ist es ja auch so, dass der Secondary Market ein solches Volumen angenommen hat, der einem Investor auch einen vorzeitigen Ausstieg ermöglicht.

Lange haftete der Branche das «Heuschrecken-Image» an. Spüren Sie das immer noch, wenn Sie bei Unternehmen anklopfen?

Bei älteren Unternehmern, ja. Jüngere sind da offener und sehen ihre unternehmerische Tätigkeit nicht immer als generationenübergreifendes Projekt. Das Thema Heuschrecken ist jeweils schnell erledigt, wenn wir mit den Unternehmern persönlich zusammensitzen können und diese unsere industrielle Erfahrung spüren.

Auf welches aktuelle Investment von PPEA sind Sie besonders stolz?

Da will ich nichts hervorheben! Wir sind von allem unseren Investments begeistert und geben unser Bestens, diese nachhaltig weiter zu entwickeln und ihre Relevanz zu steigern. Jedes Investment hat seine spannende – und zuweilen auch herausfordernde – Seiten.

«Die guten PE-Firmen haben das natürlich im Griff»

Wir versuchen die einzelnen Investments den Erfahrungen entsprechend in unserem Team aufzuteilen. Zur Zeit macht uns die Schweizer Roth Gruppe sehr viel Freude, aber auch die deutsche Octo Actuators, die sehr schnell und fokussiert wächst.

Private-Equity-Investoren bleiben für mindestens fünf Jahre fest an einer Firma beteiligt – umso wichtiger ist es für die Branche selber, die eigene Nachfolge-Planung aufzusetzen. Wird das im Metier unterschätzt?

Die guten PE-Firmen haben das natürlich im Griff. Meist werden die Mitarbeiter beteiligt und die Nachfolgeplanung langfristig vorbereitet. Das fordern auch die Investoren. Der Zusammenschluss mit Patrimonium war bei mir auch vor diesem Hintergrund mitgeprägt.

«Die verschiedenen Anlageklassen sind auch für die Mitarbeiter höchst spannend»

Mit ihrer Grösse und Strahlkraft ist Patrimonium ein gesuchter Arbeitsgeber und die Teamentwicklung lässt sich einfacher gestalten.

Sie zählen zu den Pionieren von Private Equity in der Schweiz. Wenn Sie den Vergleich zu vergangenen Jahren ziehen: Wo steht die Branche heute, wie geht es ihr?

Die Branche und auch die Investoren sind viel professioneller geworden. Der Branche geht es berechtigter Weise sehr gut und sie ist enorm gewachsen. Die langjährigen Renditen sind stark und rechtfertigen den enormen Zuspruch der Investoren.

Und wie gut gelingt es, die nächste Generation von Privatmarkt-Investoren heranzuziehen? Ist die Rekrutierung schwierig?

Investitionen in alle Klassen des Privatmarkts gewinnen laufend an Popularität. Die Angst vor der langen Investitionsperioden wurde durch den gereiften Secondary Market gelindert. Wir rechnen mit einem nachhaltig steigenden Zufluss von Kapital.

Die verschiedenen Anlageklassen sind übrigens auch für die Mitarbeiter höchst spannend und herausfordernd. Gerade für jüngere Mitarbeiter bietet die Breite der Branchen ein immer attraktiveres Umfeld. Das sehen wir auch an das riesige Interesse, wenn wir Personal rekrutieren.


Werner Schnorf ist Geschäftsführer von Patrimonium Private Equity, Mitglied des Management-Teams von Patrimonium Asset Management und Mitglied der Anlageausschüsse der verschiedenen Private Debt Funds von Patrimonium. Zuvor gründete er die Madison Management in Zürich, die von 2001 bis 2007 die Schweizer Madison Private Equity Holding beriet. Im Jahr 2006 war er auch Mitbegründer der Zurmont Madison Management, die die Zurmont Madison Private Equity beriet. Davor war er CEO des Freizeitbekleidungs-Herstellers Big Star Holding. Noch davor war er Mitglied des Executive Committees von Bally International und Senior Vice President der Freizeitsparte des Unternehmens. Ausserdem war er CEO von Bally (USA) und Senior Vice President of Marketing bei der Bally-Gruppe. Ausserdem war er zwölf Jahre lang für die Swatch Group tätig. Er schloss sein Studium der Wirtschaftswissenschaften und des Marketings an der Universität St. Gallen ab.

 

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
  • Julius Bär, weil der Kurs seit dem Signa-Debakel genügend gesunken ist.
    20.3%
  • Vontobel, weil das Unternehmen 2024 die Wende im Asset Management schaffen wird.
    8.79%
  • EFG International, weil die Bank keinerlei interne Probleme bekundet und stark wächst.
    14.91%
  • UBS, weil die Grossbank auch als Privatbank enormes Potenzial bietet.
    46.36%
  • Banque Cantonale Vaudoise, weil sie unter den Kantonalbanken ein grosses Private Banking anbietet.
    9.63%
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