Die türkische Geldpolitik fällt seit geraumer Zeit durch höchst unorthodoxe Methoden auf. Trotz hoher Inflation senkt die Notenbank ihre Zinsen und schickt die Lira auf Talfahrt. Nun hat die Regierung die Bürger aufgefordert, nicht mehr Dollar zu horten.

Wenn die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig) wie heute Montag geschehen gleich zwei ihrer Top-Nachrichten der türkischen Wirtschaftspolitik widmet, zeigt dies, dass die westliche Welt sich verwundert die Augen reibt über die Lage am Bosporus.

Schliesslich gilt die Türkei nach wie vor als eines der Länder, welches dank hervorragend ausgebildeten Fachkräften und geschickten Allianzen den wirtschaftlichen Anschluss an den Westen geschafft hatte. Weiterhin ist das Land auch ein Beitrittskandidat der Europäischen Union.

Unorthodoxe Geldpolitik

Seit die Regierung von Präsident Recep Tayyip Erdogan innert dreier Jahren den Chef der Zentralbank dreimal gewechselt und das Steuer der Geldpolitik daraufhin konsequent umgelegt hat, ist die Unruhe im Land spürbar angestiegen. Sahap Kavcioglu, der seit einem knappen Jahr an der Spitze der Zentralbank steht, teilt die monetären Ideen der AKP-Regierung unter Erdogan.

Letzerer und Kavcioglu haben wiederholt die Erhöhung von Zinsen zur Bekämpfung von Inflation kritisiert, eine Strategie, welche von den meisten wirtschaftlich erfolgreichen Länder angewandt wird.

So hat die türkische Zentralbank den Leitzins zwischen Sommer 2021 und dem Jahresende um insgesamt fünf Prozentpunkte auf 14 Prozent gesenkt – was angesichts von Negativzinsen in vielen Ländern immer noch sehr hoch ist. Trotzdem, die Senkungen gingen einher mit einer rasant zunehmenden Inflation, die im Dezember ganze 36 Prozent erreichte. Die türkische Geldpolitik ist auf einen Zielwert von 5 Prozent Inflation ausgerichtet.

Chef des Statistikamtes muss weichen

Nun hat die Regierung den bisherigen Leiter der Statistikbehörde TUIK, Sait Erdal Dincer, seines Amtes enthoben und mit dem ehemaligen Vize der Bankenaufsicht ersetzt, wie einer Meldung von «dw.com» zu entnehmen ist. Die Personalie wirft die Frage auf, ob die Regierung mit einem neuen Chef des Statistikamtes auf die Entwicklung der Inflationszahlen nicht nur mit Hilfe der Geld- oder Fiskalpolitik einwirken möchte.

Denn was die Regierung mit ihren Wechseln an der Spitze der Zentralbank und den darauffolgenden Zinssenkungen vor allem erreicht hat, ist ein Absturz der türkischen Währung. Und dies wiederum hat die türkischen Konsumenten hart getroffen. Dies sind schon wegen den hohen Energiepreisen und der durch die Pandemie gebeutelten Wirtschaft unter Druck. Da die Regierung im Jahr 2023 wiedergewählt werden möchte, ist sie aber auf das Wohlwollen der Bürger angewiesen.

Böse Spekulanten

Vor eineinhalb Jahren noch attackierte die Regierung ausländische Banken als Spekulanten, welche mit ihren Devisengeschäften der Währung geschadet hätten (finews.ch berichtete). Mit dem Angriff war aber der Kampf gegen die Währungsschwäche nicht zu gewinnen.

Seit die Zentralbank ihre nominelle Unabhängigkeit zugunsten eines stärkeren Einflusses der Regierung auf die Geldpolitik aufgeben musste, ist die Lira nämlich regelrecht abgestürzt. So verlor die Währung im 2021 44 Prozent ihres Wertes gegenüber dem Dollar. Gemäss den Angaben Ökonomen hat die Zentralbank ihre Devisenreserven schon lange aufgebraucht und kann deshalb nicht mehr gegen die Schwäche der Lira ankämpfen.

Die hohle Hand beim Bürger

Und da kommt nach dem Ziel einer noch tieferen Zinsrate und der Personalie des Statistikamtes die dritte Nachricht zum Tragen: Die Regierung wünscht, dass die Konsumenten darauf verzichten, Dollar zu kaufen, um den Absturz der Lira abzufedern. Wie schon die Exportwirtschaft sollen auch die Bürger das Ihre dazu beitragen, den Kurs der Regierung zu stützen. Seit kurzem müssen auch Exporteure einen Teil ihrer Deviseneinnahmen an die Zentralbank verkaufen, damit diese ihre Reserven wieder äufnen kann.

Gemäss Experten hofft die Regierung, mit einer fiskalischen Expansion sowie einem möglichen Tourismusboom genügend Wachstum zu generieren, damit die Arbeitslosigkeit niedrig gehalten werden kann. Ob sie allerdings den Kampf gegen die Schwindsucht der Währung und galoppierende Inflation gewinnen kann, bleibt vorderhand offen.

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