An der Wall Street muss der Begriff des Acquihire niemandem mehr erklärt werden. In der Schweiz bringt nun eine Investmentbank mit amerikanischem Hintergrund diese neue Form von Übernahmen ins Spiel.

Viel mehr Geld findet weniger Fintechs: Das ist einer der Befunde einer aktuellen Studie über die aufstrebenden Schweizer Finanz-Startups. Was umgekehrt bedeutet, dass der Markt für kaufwillige Banken und Versicherer enger wird.

«Etablierte Finanzkonzerne müssen dringend ihre digitalen Dienste ausbauen. Die Akquisition von Fintechs und Insurtechs ist da zielführend und wird auch in der Schweiz weitergehen», sagt Alexander Grünwald (Bild unten) zu finews.ch.

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(Bild: Houlihan Lokey)

Grünewald weiss, wovon er spricht. Noch unter dem Namen der Vorgängerfirma GCA Altium hat der Übernahme-Spezialist den Versicherer Mobiliar beim Kauf der Startups Bexio und Flatfox beraten; ebenfalls war die Boutique dem Assekuranz-Konzern Baloise bei der Übernahme der Umzugs-Plattform Movu zu Diensten.

Büro in Zürich

Seit Ende 2021 ist GCA Altium selber in der weit grösseren amerikanischen Konkurrentin Houlihan Lokey aufgegangen. Für diese führt Grünwald nun das Zürcher Büro mit 30 Mitarbeitenden.

Damit hält dort US-Investmentbank-Knowhow Einzug; dazu gehört auch das so genannte Acquihiring, das in den Staaten schon rege betrieben und als wichtiger Trend im Geschäft mit Fusionen und Übernahmen von Firmen (M&A) gilt.

«Unternehmen werden gekauft, um die dort arbeitenden Talente einzubinden», erklärt Scott Adelson (Bild unten), der Co-Präsident von Houlihan Lokey, das Vorgehen im Gespräch.

Lieber Talente als Technologie?

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(Bild: Scottadelson.com)

Die Zukäufe von Mobiliar und Baloise könnten bereits unter diesem Aspekt betrachtet werden, so Investmentbank-Veteran Adelson. «Diese Art von Transaktionen ist in den USA schon stark verbreitet und wird in der Schweiz unweigerlich an Bedeutung gewinnen.»

Digital aufgerüstet

Zumindest für das Lager der Schweizer Privatbanken wäre das Vorgehen nichts neues: Schon seit Jahren übernehmen die Institute lieber Kundenberater-Teams und deren verwalteteb Vermögen, anstatt ganze Banken mit allen ihren Unwägbarkeiten zu erwerben. Derweil ging es bei Fintech-Übernahmen bislang vor allem um den Technologie-Transfer – doch auch hier zeichnet sich eine Veränderung ab.

So haben die etablierten Banken und Versicherer in den letzten Jahren digital aufgerüstet und werden dabei von Fintechs unterstützt, die sie direkt mit Innovationen beliefern. Dieses «B2B»-Segment boomt in der Schweiz.

Kultur der Ingenieure

Entsprechend könnten nun die Talente in den Fordergrund rücken, welche die neuen Angebote bei den etablierten Finanzdienstleistern zu bedienen wissen. Der Tech-Bereich ist eines der wenigen Felder, wo etwa im Swiss Banking noch Stellen geschaffen werden. Und nicht von ungefähr beschwören beide Grossbanken UBS und Credit Suisse eine neue «Kultur der Ingenieure» in ihren IT-Abteilungen.

Auf Talentsuche ist derweil auch Grünwald. «Wir möchten das Team weiter ausbauen», sagt der Managing Director, der auch in der Geschäftsleitung der Europa-Tochter von Houlihan Lokey sitzt. Ihm zufolge verfügt die Investmentbank-Boutique hierzulande in den Bereichen E-Commerce, Technologie und generell in der Zusammenarbeit mit Entrepreneuren und Private Equity bereits über viel Expertise.

Direkter Draht zu Privat Equity

«Künftig sollen auch Bereiche wie IPO-Beratung, Industrie-Technologie und Healthcare, wo wir global bereits stark sind, in der Schweiz forciert werden», sagt der Schweiz-Chef.

Hierzulande fokussiert Houlihan Lokey aufgrund der Unternehmensgeschichte auf den Mittelstand und arbeitet eng mit Privatmarkt-Investoren zusammen. Neuerdings kann das Unternehmen auch sein weites Netzwerk im Ausland ins Spiel bringen. Grünwald beobachtet ein wachsendes Interesse von ausländischen Akteuren an hiesigen Unternehmen – und wohl nicht zuletzt an deren Talenten.

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