Um die Wirtschaft zu dekarbonisieren, müssen über Jahrzehnte Unmengen an privaten Geldern aufgetrieben werden. Diese Herkulesaufgabe werde leichter, wenn sich die Investoren auf internationale Standards verlassen können, sagte der einstige Nationalbank-Präsident am «Point Zero Forum» in Zürich.

Der letzte Tag des «Point Zero Forum» widmete sich unter anderem der grossen Frage, wie die Wirtschaft klimafreundlich umgebaut werden kann. Die hochkarätig besetzte Diskussionsrunde liess an der internationalen Fintech-Konferenz in Zürich keinen Zweifel offen, dass es sich dabei um eine Herkulesaufgabe handelt.

Stephen Bird, CEO der schottischen Investmentgesellschaft Abrdn, machte die Dimensionen deutlich. Um die Klimaziele zu erreichen, müsste bis zum Jahr 2050 der Ausstoss von Kohlendioxid (CO2) weltweit um jährlich 7 Prozent verringert werden.

Kein Verlass auf Politiker

Diese gravierende Anpassung wäre zwar marktgerecht über eine weltweite CO2-Steuer zu erreichen. Doch man dürfe sich nichts vormachen. Zu wenige Politiker hätten den Mut, die Mobilität der Bevölkerung in ihren Ländern zu beschneiden.

Deshalb müsse der Wandel quasi von unten beginnen, betonte Bird. Dazu hat das von ihm geführte Fondshaus Messgrössen entwickelt, die bei der Qualität des Managements ansetzen und prüfen, wie gut die angekündigten Unternehmensziele umgesetzt werden. Dabei sei ausschlaggebend, ob das Unternehmen von einem Geschäftsmodell abhänge, das im Kern auf fossilen Brennstoffen beruht – oder eben nicht.

Erklärungsbedarf gegenüber dem Kunden

Philipp Rickenbacher, der Chef der Zürcher Privatbank Julius Bär, war mit diesem Ansatz der Aggregation einverstanden, machte aber auf zwei grosse Schwierigkeiten aufmerksam. Zum einen müssten die richtigen Daten ausgewählt und erhoben werden. Zum andern sei es fast unmöglich, verdichtete Kenngrössen im Gespräch zwischen Bankkunde und Bankberater auf Anhieb zu erklären. Umso wichtiger sei deshalb, das Bewusstsein zu schärfen und die Ausbildung zu verstärken.

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(Bild: finews.ch)

Für Philipp Hildebrand, den Vizepräsidenten des weltgrössten Vermögensverwalters Blackrock, geht es um nichts Weniger als den bisher grössten Umbau der Wirtschaft. Nachdem sich die Wirtschaft während rund 200 Jahren mit fossiler Energie versorgt habe, müssten nun die Weichen grundlegend neu gestellt werden.

Massiver Kapitalbedarf

Die für die Dekarbonisierung benötigten Mittel könnten nie alleine von der öffentlichen Hand finanziert werden. Vielmehr müssten sich private Kapitalgeber in grossem Stil an dieser Umwälzung beteiligen.

Ausreichend Privatkapital im Umfang von ungefähr 10 Billionen Dollar jährlich könnte allerdings nur dann über Jahrzehnte beschafft werden, wenn die Investoren sich auf international gültige Standards verlassen könnten. Die amerikanische Börsenaufsicht SEC habe diesen Faden zwar aufgenommen. Doch der Weg zu verlässlichen, global akzeptierten Rahmenbedingungen sei noch weit.

Pensionskassen als Zünglein an der Waage

Für den weltgrössten Vermögensverwalter kommt noch ein weiteres Problem hinzu. Bei Blackrock würden über 50 Prozent der Kundengelder treuhänderisch verwaltet. Vor allem die Pensionskassen würden bei ihren Anlagen das Risiko stark gewichten. Dies könne durchaus dazu führen, dass die Mittel nicht in jene Länder fliessen, wo der Transformationsbedarf zu einer klimafreundlichen Wirtschaft am grössten sei.

Deshalb müsse die Politik in erster Linie den internationalen Rahmen verlässlich gestalten und die richtigen Anreize setzen. In den Worten Hildebrands: Nicht die vermögenden Menschen müssen überzeugt werden, sondern die Arbeitgeber und Arbeitnehmer, die in den öffentlichen und privaten Pensionskassen versichert sind.

Verbindlichkeit schafft Vertrauen

Zu einer ähnlichen Einschätzung kam Eric Lim, Nachhaltigkeit-Chef der United Overseas Bank (UOB) mit Sitz in Singapur. Es brauche einen verbindlichen regulatorischen Rahmen, weil die Daten zur Messung der Nachhaltigkeit nur sehr fragmentiert abgegriffen werden können. Deshalb müsse ein verbindlicher Konsens gefunden werden, um den Zugang zu den rund 20 ausschlaggebenden Messpunkten in den Unternehmen festzulegen und sicherzustellen.

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