Bitcoin Suisse hat ein rabenschwarzes Jahr hinter sich, das den bereits in Angriff genommenen Umbau des Geschäftsmodells noch dringlicher erscheinen lässt. Prominente Zugänge in den Verwaltungsrat sollen nun der Schweizer Krypto-Pionierin den Weg zur Institution ebnen, wie finews.ch erfahren hat.

Philipp Rösler, der frühere Parteichef der deutschen FDP sowie ehemalige Wirtschaftsminister und Vizekanzler in der Ära von Angela Merkel, soll in den Verwaltungsrat von Bitcoin Suisse einziehen. Das bestätigte Dirk Klee (Bild unten), der Chef der grössten Schweizer Krypto-Brokerin, gegenüber finews.ch.



Laut Klee erhofft sich das Unternehmen viel von Röslers internationalem Netzwerk; der 50-jährige frühere Spitzenpolitiker gilt zudem als sehr krypto-affin und ist hierzulande in der Szene engagiert. Er wohnt mit seiner Familie in Zürich, womit die Schweiz auch seinen Lebensmittelpunkt darstellt.

Bekannte aus UBS-Zeiten



Ebenfalls als Kandidat für den Verwaltungsrat vorgeschlagen ist Marco Menotti, den Klee unter anderem aus der gemeinsamen Zeit bei der UBS kennt. Menotti war während 15 Jahren bei der Grossbank zum Managing Director aufgestiegen und wechselte 2018 in die Geschäftsleitung der Schweizer Börsenbetreiberin SIX. In dieser Funktion war er für die Schweizer Zahlungssysteme verantwortlich und führte die Open-Banking-Lösung bLink ein, dies es Schweizer Banken ermöglicht, mit den in den Schweizer Markt eintretenden Fintechs zu konkurrieren.

Mitte 2022 verliess er SIX, um sich diversen Mandaten bei kleineren Unternehmen zu widmen.

 Und anderem wirkt er als Präsident der Strategieberatung-Firma Grey Swan Risk Management.

Klee 501

(Bild: Bitcoin Suisse)

Roger Studer verabschiedet sich

Rösler wie Menotti stellen sich anlässlich der Generalversammlung vom 29. Juni zur Wahl; schon fest steht, dass der im Swiss Banking bestens bekannte Roger Studer (Bild unten) sich nicht mehr der Wiederwahl stellt und nach dreijähriger Amtszeit aus dem Verwaltungsrat ausscheidet. Dies, um sich auf diverse andere Mandate zu konzentrieren, wie zu erfahren ist. Studer ist seit seinem Abschied als Investmentbank-Chef beim Zürcher Traditionshaus Vontobel als Unternehmer unterwegs und hatte 2020 auch eine Finanzierungsrunde für Bitcoin Suisse als Investor angeführt.



Mit der Kandidatur von Rösler für das oberste Gremium ist der Zuger Krypto-Brokerin zweifellos ein Coup gelungen. Allerdings geht es dem Vernehmen nach bei dieser Kandidatur nicht darum, Prominenz im Verwaltungsrat zu versammeln – sondern das älteste Schweizer Krypto-Startup auf dem Weg zur Institution schneller voranzubringen.



Studer 500

(Bild: Helveteq)

Erträge verstetigen

Wie finews.ch zuerst berichtete, bemüht sich Bitcoin Suisse nach dem gescheiterten ersten Versuch erneut um eine Bankenlizenz bei der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma). Die Vorarbeiten dazu – die Inbetriebnahme eines krypto-kompatiblen Kernbankensystems im vergangenen Januar sowie die Stärkung von Governance und Compliance – laufen auf Hochtouren, erklärt Klee.


Effektiv eingereicht hat das Unternehmen das Lizenzgesuch noch nicht.



Ebenfalls voran schreitet der Umbau des historisch stark auf den Handel ausgerichteten Geschäftsmodells. Mit einer Positionierung als Vermögensverwalter und Asset Manager sucht Bitcoin Suisse unter Klee nun, stetigere Erträge zu erreichen. Ebenfalls forciert wird das Staking, eine Dienstleistung, bei welcher Token und Coins gebunden werden, um die Transaktionen der Blockchain zu validieren. Dafür erhalten die Kunden eine Belohnung in Token. In diesem Markt sind die Zuger nach eigenen Angaben bereits unter den fünf grössten Anbietern weltweit.



Das Gegenteil des Jahres 2021

Wie dringlich der Umbau des Geschäftsmodells ist, lässt sich aus den Resultaten des Jahres 2022 herauslesen. Diese sollten zwar anlässlich der Generalversammlung veröffentlicht werden, wurden nun aber vom Finanzblog «Inside Paradeplatz» bereits publik gemacht.



Das Ergebnis hat es in sich. Nach dem für Bitcoin Suisse mit Superlativen versehenen Jahr 2021 brach der Handel angesichts diverser Skandale in der Krypto-Szene regelrecht ein. Klee spricht von einem «kompletten Reversal» zum Vorjahr.

 Grosse Einzelkunden, so genannte Krypto-Whales, von denen Bitcoin Suisse historisch nicht wenige vorweisen kann, hatten in diesem Umfeld Token und Coins verkauft, was sich ebenfalls negativ auswirkte.

Insgesamt habe das Unternehmen Nettoneugeld angezogen, sagt Klee. Dennoch sank der operative Ertrag von zuvor 84 Millionen Franken auf nurmehr 37 Millionen Franken. Werden zahlreiche Sondereffekte wie beispielsweise die hohen Investitionen in das neue krypto-kompatible Kernbankensystem ausgeklammert, resultierte unter dem Strich ein operativer Verlust von 24 Millionen Franken.

Wertverluste auf dem Eigenbestand



Zudem hat Bitcoin Suisse durch die deutliche Marktkorrektur einen Ertragsrückgang auf den Eigenbestand in Höhe von etwa 23 Millionen Franken erlitten. Dieser Bestand wird durch die Anbieterin bei diversen Handelsplätzen weltweit hinterlegt, um ihren Kundinnen und Kunden eine schnelle Abwicklung der Order zu garantieren. Diese als «Proprietary trading» aufgeführte Rubrik ist laut Klee kein Eigenhandel im herkömmlichen Sinne, sondern entspricht eher einem für das operative Geschäft genutzten Umlaufvermögen. Der Rücksetzer dort sei den grossen Werteinbussen von Altcoins (alternative digitale Anlagen zum weit verbreiteten Bitcoin und Ether) geschuldet, sagt der Chef. Die Bestände würden aber weiterhin gehalten.



Klee räumt ein, dass dies keine «schönen Zahlen» sind. Das Resultat zeige aber deutlich, wie volatil die Ausrichtung auf das Krypto-Brokerage sei. Allerdings sei das Ergebnis aufgrund der Marktlage zu erwarten gewesen und für das Unternehmen durchaus verkraftbar. Bitcoin Suisse sei weiterhin solide finanziert und «bestens vorbereitet» auf einen möglichen Aufschwung in der Kryptobranche. 



Rund 80 Stellen abgebaut

Dennoch ist Bitcoin Suisse nicht umhin gekommen, 2022 Sparmassnahmen zu ergreifen. Wie der CEO erklärt, ist im Vergleich zu Ende 2021 bis heute jede vierte Stelle beim Unternehmen abgebaut worden. Insgesamt ist der Personalbestand in diesem Zeitraum von über 300 auf rund 220 Vollzeitstellen gesunken. Eine grössere Entlassungsrunde fand im vergangenen Januar statt; ein Teil der Massnahmen habe aber mit der natürlichen Mitarbeiterfluktuation abgefedert werden können, sagt Klee.



Untergangsstimmung, betont der Ex-Grossbanker im Gespräch, herrsche jedenfalls nicht. Die jüngsten Marktturbulenzen, die auf die Klagen der US-Börsenaufsicht SEC gegen die führenden Kryptobörsen Binance und Coinbase folgten, hätten sogar zu vielen Anfragen von Kunden geführt, berichtet Klee. «Wir erwarten, dass sich die Verwerfungen für solide und in der Schweiz ansässige Anbieter wie wir als positiv erweisen könnten.»

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