Die führende Schweizer Krypto-Brokerin vollzieht eine strategische Kehrtwende. Um die Chancen der aktuellen Hausse an den Märkten für Token und Coins zu nutzen, verfolgt Bitcoin Suisse die Ambitionen um eine Schweizer Bankenlizenz nicht weiter. Chef Dirk Klee zieht die Konsequenzen.

HODL, zuweilen interpretiert als «Hang On for Dear Life», ist ein geflügeltes Wort unter Krypto-Aficionados. Gemeint ist der Entscheid, stur an Token und Coins festzuhalten, wenn deren Wert gerade ins Bodenlose sackt.

Den Verwaltungsräten von Bitcoin Suisse kann man nun nicht vorwerfen, «HODLer» im Geiste zu sein: Wie der älteste und führende Krypto-Broker der Schweiz am Dienstag vermeldete, hat er sich dazu entschieden, die langjährige Ambition, eine Schweizer Bankenlizenz zu lösen, aufgrund veränderter Rahmenbedingungen vorläufig nicht weiter zu verfolgen.

Andrej Majcen übernimmt



Im selbem Zug übergibt Dirk Klee (Bild unten) per kommenden Februar als CEO des Zuger Fintechs an Andrej Majcen, den früheren Leiter des Kundengeschäfts (Chief Client Officer), zuletzt Leiter Global Expansion & Strategic Clients und Mitgründer des Unternehmens.



Klee, ein ehemaliger Kader der Grossbank UBS, hat Bitcoin Suisse in den letzten beiden Jahren auf den Stand einer Bank gebracht. Dazu zählen nach den entsprechenden Prozessen und dem Anheben des Geldwäschereibekämpfung-Dispositivs auch die nötige IT-Plattform. Er wird dem Fintech nun bis mindestens Ende Jahr als Berater zur Seite stehen, insbesondere beim Aufbau des Bereichs Krypto Asset Management. 



Handel und Staking als Treiber

Hinter der vorläufigen Abkehr von den Bemühungen der vergangenen zwei Jahre hin zu alternativen Lizenzkleidern der Eidgenössischen Finanzmarktaufsicht (Finma) steht ein strategischer Entscheid des Verwaltungsrats um Präsident Luzius Meisser. Demnach will Bitcoin Suisse die Chancen des gegenwärtigen Bullenmarkts für digitale Anlagen voll nutzen, wie Klee und Majcen im Gespräch mit finews.ch ausführen.



In den Jahren 2022 und 2023 litt die Firma unter den Auswirkungen des damaligen «Kryptowinters».

Mit gegenwärtig verwahrten Krypto-Assets im Gegenwert von 4,6 Milliarden Franken verdient Bitcoin Suisse nach wie vor das meiste Geld mit dem Handel von digitalen Anlagen; im Staking von Token und Coins zählt das Unternehmen zu den fünf grössten Anbietern weltweit. Entsprechend hoch währen die Opportunitätskosten, würde der gegenwärtige «Bull Run» verpasst.



Drohender «Code Freeze»

Genau dies wäre aber zu befürchten, wenn Bitcoin Suisse nun den Antrag für eine Schweizer Banklizenz stellen würde, folgt man dem Management. Laut Klee und Majcen hätte dies einen «Code Freeze» für das Bestandsgeschäft zum Zeitpunkt der Gesuchseinreichung zur Folge. An der Plattform, dem Geschäftsmodell und am Angebot dürfte nichts mehr verändert werden, bis die Finma einen Entscheid gefällt hätte.

«Dies ist ein langwieriges Verfahren, das bis zu anderthalb Jahren dauern könnte», so Klee. Um das Geschäft nicht monatelang zu blockieren, begräbt Bitcoin Suisse also den Traum von der Schweizer Bank – vorläufig, wie die Führung beteuert.

Banklizenz in Liechtenstein als Alternative

Zwei weitere Faktoren, die momentan gegen ein Lizenzgesuch sprechen, sind laut Majcen und Klee die gestiegene Rechtssicherheit für Staking durch Nichtbanken und die geplanten Einschränkungen des Kryptogeschäftes von Banken über neue Eigenmittelanforderungen. Bis dahin könnte sich das Fintech aber um eine Vermögensverwaltung-Lizenz bei der Finma bemühen, sowie um eine Banklizenz bei der Aufsicht FMA in Liechtenstein.



Die Lizenz aus dem «Ländle» würde einen erleichterten Marktzugang in den EU-Raum bedeuten, da das Fürstentum im Gegensatz zur Schweiz Teil des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ist. Künftig setzt Bitcoin Suisse noch stärker auf die Auslandsexpansion nach Europa und in fernere Märkte wie etwa den Nahen Osten.



Hüst und Hott

Unter Klee hatte Bitcoin Suisse bei der Finma ein Vorprojekt für das Lizenzgesuch laufen. Dies bedeutete bereits einen grossen Schritt nach vorne, nachdem die Behörde den Bankenplänen von Bitcoin Suisse im Jahr im Jahr 2019 die kalte Schulter gewiesen hatte. Dies, so wurde damals kolportiert, auch wegen Lücken in der Compliance. Am Ende beerdigte die damalige Führung das Ansinnen und holte den erfahrenen Ex-Banker Klee, um die Vorarbeiten für einen zweiten Anlauf aufzunehmen.

Das Hüst und Hott mit der Lizenz habe nach eigener Einschätzung keinen Vertrauensverlust bei der Behörde zur Folge, sagt dieser nun. Bei der Behörde gebe es vielmehr ein Verständnis dafür, dass sich das Schweizer Marktumfeld, die Rahmenbedingungen und auch die Regulierung für die Kryptobranche schnell veränderten.

 In der EU und in Grossbritannien etwa ist die Aufsicht derzeit bestrebt, spezielle Kryptolizenzen zu vergeben, anstatt das Thema unter der Bankenregulierung abzuhandeln.

Die Krux mit der DNA

Das «Moving target» der Regulierung will Bitcoin Suisse weiter im Auge zu behalten. Dies, während sich der Zuger Broker auf seine Stärken besinnt: den Handel und neuerdings das Staking. Damit sind die Firmengründer, zu denen Majcen, aber auch der flamboyante Niklas Nikolajsen zählen, über lange Jahre höchst erfolgreich gewesen.

Ob es diesmal richtig ist, dieser Trading-DNA zu folgen, muss sich aber erst noch weisen.

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