In der südostasiatischen Finanzmetropole Singapur vollzieht sich ein Generationenwechsel: Lee Hsien Loong, der langjährige Premierminister und Sohn von Staatsgründer Lee Kuan Yew, tritt Mitte Mai ab. Sein designierter Nachfolger ist sowohl ein Finanzexperte als auch ein passionierter «Rock'n Roller».

Im zumeist perfekt funktionierenden Stadtstaat Singapur kommt diesem Wechsel an der politischen Spitze eine besondere Bedeutung zu. Denn Lee Hsien Loong war nicht nur während 20 Jahren Premierminister von Singapur, sondern auch der Sohn des legendären Staatsgründers Lee Kuan Yew, der die Erfolgsgeschichte dieser Mikronation von A bis Z schrieb, bevor er 2015, 92-jährig, verstarb.

Umso mehr lastete ein grosses und schweres Vermächtnis auf den Schultern des Sohnes. Gleichwohl schaffte er es, das kleine Land durch alle wirtschaftlichen und politischen Wirren zu lenken. Insbesondere gelang es ihm die heikle, aber immer erfolgreiche Gratwanderung in den Beziehungen sowohl zu China als auch zu den USA fortzusetzen, was zuletzt im Umgang etwa mit Donald Trump oder Xi Jinping nicht immer ganz einfach war.

Anlaufstelle für viele Schweizer Banken

In den vergangenen zwanzig Jahren entwickelte sich Singapur auch vollends zur neben Hongkong führenden, internationalen Finanzdrehscheibe in Asien. Die politische Stabilität, der verlässliche Rechtsrahmen, eine moderne und funktionierende Infrastruktur, Englisch als Amtssprache sowie der permanente Anspruch, sich nur mit dem Besten zufrieden zu geben, machten und machen den südostasiatischen Staatstadt zu einer immer wichtigeren Anlaufstelle auch für viele Schweizer Banken und Vermögensverwalter.

Den Singapurer Machthabern gelang es auch, sich sowohl im 1MDB-Korruptions- und Geldwäscherei-Skandal als auch im Geldwäscherei-Debakel vom vergangenen Jahr mit einem chinesischen Betrüger-Clan schadlos zu halten respektive diese Vorkommnisse sofort dazu zu nutzen, die Finanzmarktaufsicht zu stärken, neue Regulatorien einzuführen sowie die Branche zu noch grösserer Wachsamkeit anzuhalten.

Dringliche Suche

Der heute 72-jährige Lee Hsien Loong kündigte bereits vor ein paar Jahren an, dass er bald zurücktreten möchte. Doch dann kam Covid, und der auserwählte Kronfavorit Heng Swee Keat erlitt erst noch gesundheitliche Probleme, so dass er nicht länger in Frage kam. Umso dringlicher gestaltete sich die Suche nach einem anderen, geeigneten Premierminister in spe. Im Nachgang zur Covid-Pandemie offenbarte sich dann immer mehr, dass Lawrence Wong dieser Mann sein würde – zumal das politische System Singapurs noch einem etwas anderen Demokratieverständnis als etwa die Schweiz nachhängt.

Der 51-jährige Lawrence Wong Shyun Tsai ist chinesischer Abstammung (Hainan), aber durch und durch Singapurer; er wuchs in mittelständischen Verhältnissen auf und stieg nach seinem Wirtschaftsstudium, unter anderem auch in den USA, in den Staatsdienst ein, wo er über die Jahre unterschiedlichste Funktionen übernahm, namentlich auch als enger Mitarbeiter von Lee Hsien Loong; seine Finanzkenntnisse kamen ihm als Ökonom unter anderem auch in der Asienkrise von 1997 zugute, als er für das Handels- und Industrie-Ministerium (MIT) arbeitete.

Zuletzt Finanzminister

In die Politik stieg er 2011 ein, wo er innerhalb der regierenden People’s Action Party (PAP) sukzessive die Karriereleiter erklomm, Parlamentarier und in der Folge diverse Ministerposten besetze; seit 2021 ist er Finanzminister Singapurs und damit auch Präsident der Finanzaufsichtsbehörde Monetary Authority of Singapore (MAS).

Wong ist zum zweiten Mal verheiratet und kinderlos. Er gilt als eloquenter und überzeugender Redner, Galionsfigur und brillanter Ökonom, gleichzeitig ist er nahbar und in vielfacher Hinsicht bodenständig geblieben; er frönt Hobbies nach, mit denen sich viele Singapurerinnen und Singapur durchaus identifizieren können: Hunde, Motorräder und Musik, letzteres vor allem als Rock’n Roller, der seine Gitarrenkünste regelmässig zum Besten gibt. «Viele von Euch wissen, dass ich gerne Gitarre spiele, um abzuschalten», sagte er kürzlich bei einem Auftritt in einem lokalen Club.

Singapur fest in den Händen von Finanzexperten

Am 6. Juni 2022 wurde Wong zum stellvertretenden Premierminister gekürt, so dass es in der Folge bloss noch eine Frage der Zeit – und Gesundheit – war, bevor er die Nachfolge von Lee Hsien Loong antreten würde. Das geschieht nun am 15. Mai 2024, wie die Behörden am (gestrigen) Montag mitteilten. Damit wird Singapur in den beiden wichtigsten politischen Ämtern zwei ausgewiesene Finanzfachleute haben: Tharman Shanmugaratnam als Präsident Singapurs (vormals Finanzminister) sowie Wong als Premierminister.

 

 

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.41%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.84%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    28.17%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.57%
pixel