Immer mehr Frauen nehmen Spitzenpositionen in Wirtschaft und Politik ein. Das dient nicht nur der Diversität per se, sondern führt auch zu einer nachhaltig höheren Performance der entsprechenden Organisationen, schreibt Anne Tolmunen von Axa Investment Managers.

Anne Tolmunen ist Portfolio Managerin bei Axa Investment Managers

Europa erlebt zurzeit eine Art Wendepunkt – und dieser hat nichts mit dem Brexit zu tun, sondern mit starken Frauen. Christine Lagarde, die bisherige Direktorin des Internationalen Währungsfonds (IWF) hat am 1. November den Chefsessel der Europäischen Zentralbank (EZB) eingenommen, ihre Nachfolgerin beim IWF ist Kristalina Georgiewa.

Zugleich löst Ursula von der Leyen Jean-Claude Juncker als Präsident der Europäischen Kommission ab. Das ist ein bedeutender Meilenstein für die Sache der Frauen – und sollte Investoren hellhörig machen.

Fortschritt und noch ein langer Weg

Die Gleichstellung der Geschlechter – und somit eine höhere Diversität in den Chefetagen – ist ein breit abgestützter Trend. Viele Länder machen richtige und wichtige Schritte in Richtung Gleichstellung, auch wenn sie sich noch auf unterschiedlichen Stufen des Prozesses befinden. An der Spitze des allgemeinen Gleichstellungsindexes des World Economic Forum (WEF) befinden sich gemäss dem «Global Gender Gap Report 2018» die skandinavischen Länder.

Auch auf Unternehmensebene, das heisst in Bezug auf den prozentualen Anteil von Frauen in Verwaltungsräten und Geschäftsleitungspositionen, gibt es Fortschritte zu verzeichnen. Gemäss der auf Gleichstellung spezialisierten Researchfirma Equileap waren 2018 in ihren Top 200 Unternehmen 34 Prozent der Verwaltungsratspositionen und 26 Prozent der Führungsfunktionen mit Frauen besetzt; 2017 waren es noch 30 Prozent respektive 20 Prozent gewesen.

Diversität steigert die Performance

Norwegen, Israel und Belgien führen das Ranking an. Und im vergangenen Juli hat nun auch das letzte Unternehmen im amerikanischen S&P 500 Index, das noch einen rein männlichen Verwaltungsrat hatte, eine Frau in das Gremium nominiert. Doch der Weg bis zu einer echten Gleichstellung der Frauen in Politik und Wirtschaft ist noch lang – denn Zahlen und Statistiken sind eine Sache, Diversität wirklich leben eine andere.

Unterstützung erhält das Thema Diversität seit einiger Zeit von den Investoren. Sie haben festgestellt, dass ein höherer Frauenanteil auf Führungsebene nicht nur der Diversität per se dient, sondern auch die Performance der entsprechenden Unternehmen steigert. Weshalb ist das so?

Frauen im M&A-Geschäft besser

Verschiedene Studien haben interessante Erkenntnisse geliefert: Diversität führt in Unternehmen zu einer niedrigeren Personalfluktuation und einem höheren Engagement der Mitarbeitenden. Ein höherer Frauenanteil erzeugt mehr Innovation, wobei dieser Effekt bei grösseren Unternehmen noch ausgeprägter ist als bei kleineren.

Frauen haben einen besseren Leistungsausweis bei der Integration nach Firmenzusammenschlüssen und Übernahmen, und dank ihrem konservativeren Risikomanagement erzielen sie nachhaltigere und weniger volatile Unternehmensergebnisse. Insgesamt steigert Diversität die Produktivität, verbessert die heutige Performance und sichert künftige Gewinne.

Inklusion muss entwickelt werden

Diversität alleine kann allerdings nicht das einzige Auswahlkriterium einer Anlagestrategie sein. Die traditionellen Unternehmenszahlen dienen weiterhin als Basis jeder Analyse, aber Diversität und Inklusion sind gute Hilfsgrössen. Die Identifikation entsprechender Unternehmen ist jedoch nicht ganz einfach. Unternehmensdaten zu der Anzahl weiblicher Mitarbeiter und Frauen in Führungspositionen sind schnell erhoben.

Es gibt jedoch einen Unterschied zwischen Diversität und Inklusion, wobei letztere schwieriger zu quantifizieren ist. Man könnte sagen, Diversität ist Realität – Inklusion muss entwickelt werden.

«Lagarde-Effekt» nutzen

Inklusion ist die Unternehmenskultur, die Organisationen aufbauen und leben; sie umfasst materielle und immaterielle Faktoren. Ermöglicht die Unternehmenskultur Frauen den gleichberechtigten Zugang zu Beförderungen und Gehaltserhöhungen? Wie geht ein Unternehmen mit Problemen in Bezug auf Diversität und Diskriminierung um?

Es gibt bereits erste Datenanbieter, die detaillierte und aussagekräftige Informationen zu den Unternehmenspraktiken rund um das Thema Geschlecht und Vielfalt sammeln.

Unternehmen tun gut daran die Diversität als auch Inklusion zu fördern. Sie ist nicht nur ein gesellschaftliches Anliegen, dem nachgekommen werden muss. Unternehmen – und Anleger – erkennen mehr und mehr, dass Gleichstellung und Inklusion sowohl einen kompetitiven Vorteil als auch einen wichtigen langfristigen Wachstumstreiber darstellen. Investoren, die den «Lagarde-Effekt» nutzen wollen, können Diversitäts-Themenfonds mit einem aktiven Investitionsansatz berücksichtigen.

 

 

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