Kann jeder vom «hybriden» Trend profitieren – und was bringt er dem Kunden? Luc Schuurmans, Leiter Anlagegeschäft und Private Banking, erklärt im Interview, warum die Bank Linth auf hybride Power setzt.


Herr Schuurmans, Sie haben vor ein paar Jahren den Begriff «hybride Anlageberatung» geprägt. Was muss man sich darunter vorstellen?

Im Grunde genommen passt die Analogie zur Autowelt hervorragend. Das Beste aus zwei Welten vereinen und zum Vorteil unserer Kunden einsetzen – das war der Hintergedanke, als wir mit «Bank Linth Invest» eine hybride Kombination modernster Informationstechnologie und individueller Beratungsmodelle lanciert haben.

Wir möchten die Power jenen Kunden zur Verfügung stellen, die sie auch nutzen können – und trotzdem ein breites Segment ansprechen. Das gelingt mit einer Kombination aus Beratung und Robo-Advisory-Unterstützung.

In der Autoindustrie nutzen viele Sportwagenhersteller die hybride Antriebsform für zusätzliche Power, behalten aber den Verbrennungsmotor bei. Setzen Ihre Berater auch weiterhin auf Bleistift und Papier?

Bleistift und Papier kann durchaus hilfreich sein, wenn es darum geht, komplexe Sachverhalte einfach darzustellen – oder dafür, im Gespräch visuelle Anker zu setzen. Wir nutzen beides, analoge und digitale Hilfsmittel. Es ist faszinierend, live am Bildschirm zu verfolgen, wie sich das kundenspezifische Fine-Tuning im Portfoliokontext sichtbar auswirkt.

«Eine Lösung auf dem Bildschirm wird erst durch das Gespräch mit einem Kundenberater nachvollziehbar»

Auf der anderen Seite greift eine rein digitale Lösung für sehr viele Kunden in der Schweiz zu kurz. Eine Lösung auf dem Bildschirm – so anschaulich sie auch gestaltet ist – wird erst durch das persönliche Gespräch mit einem Kundenberater erleb- und nachvollziehbar.

Wie reagieren Ihre Kunden auf «Bank Linth Invest»?

Sehr vielfältig – und durchwegs positiv. Einige interessieren sich dafür, was hinter der «Maschine» steckt und lassen sich bei einem Beratungsgespräch gleich live die Möglichkeiten zeigen. Von allen sehr geschätzt werden die umfangreichen Individualisierungsmöglichkeiten.

Schliesslich erhält jeder Kunde «seine» personalisierte Anlagestrategie! Dieses positive Feedback haben wir genutzt, um im Januar 2019 das Modell «Bank Linth Invest Basic» zu lancieren. Das ist quasi unser Einsteigermodell im hybriden Anlage-Universum.

Kann jede Beraterin, jeder Berater «hybrid» beraten, oder welche Tools und Ausbildungen braucht sie/er dafür?

Grundsätzlich kann jeder Berater «hybrid» beraten. Aber es ist wie beim Autofahren: Es gibt verschiedene Modelle. Zudem entscheiden Wissen und Erfahrung, welche Modelle ein Berater abdecken kann.

«Aktives Management mit passiven Fondsbausteinen»

Der richtige Umgang mit der Technik ist entscheidend, aber auch die Fähigkeit, das Beste aus den beiden Welten – Technik und Beratung – empathisch, verständlich und auf den Kunden zugeschnitten zu kommunizieren. Wir bilden unsere Berater entsprechend aus und weiter.

Das alles gilt aber nicht nur für das Anlagegeschäft. Ich bin vielmehr überzeugt, dass es in Zukunft für die Entwicklung von Unternehmen wie auch von Mitarbeitern entscheidend sein wird, die Zusammenarbeit von Mensch und Maschine optimal in Übereinstimmung zu bringen.

Sie haben die Modellpalette bei Ihrer Anlagelösung erweitert. Was war der Grund dafür – regulatorische Anforderungen oder ein tatsächliches Kundenbedürfnis?

Beides. Wir haben mit dem Modell «Basic» die ideale Lösung für alle Anleger, die eine umfassende Beratung schätzen, aber selbst wenig aktiv das Finanzmarktgeschehen beobachten. Damit erfüllen wir bereits heute die zukünftigen respektive die derzeit bekannten Vorschriften in der Anlageberatung.

«Warum nicht beides?»

Zudem haben wir eine weitere Ergänzung in der Vermögensverwaltung erfolgreich lanciert. Das sogenannte «Comfort Passiv» besticht ebenfalls durch ein hybriden Ansatz: Es handelt sich um aktives Management mit passiven Fondsbausteinen. Ab einem Investitionsbetrag von 50'000 Franken kann jeder Kunde von dieser Lösung profitieren. Die Zahlen und die Nachfrage unserer Kunden zeigen, dass wir mit diesem Modell ein Marktbedürfnis getroffen haben.

Abschliessend: Warum Hybrid und nicht Robo Advisory?

Warum nicht beides? Eine reine Robo-Advisory-Lösung deckt nur einen kleinen Teil der Kundenbedürfnisse ab. Zudem passt dies auch nicht zu unserer Positionierung als nahe Bank mit Bezug zur Region. Unsere Kunden suchen keine reine «Abwicklungsbank», sondern eine Bank, die ein Partner ist. Ein Partner, auf den sie in allen finanziellen Lebenslagen vertrauen, den sie kennen und, noch wichtiger, der sie kennt.

Deshalb eine hybride Lösung mit Beratung und Risiko-Überwachung in verschiedenen Abstufungen – auf Basis einer extrem leistungsstarken, sehr individualisierbaren Advisory-Lösung.


Luc Schuurmans ist seit 2011 Mitglied der Geschäftsleitung der Bank Linth. Er ist für das Anlagegeschäft und das Private Banking verantwortlich. Die Bank Linth, 1848 gegründet und an der Schweizer Börse kotiert, arbeitet mit dem mehrfach ausgezeichneten Asset Management ihrer Mehrheitsaktionärin, der Liechtensteinischen Landesbank (LLB), zusammen. Ein Investment-Center-Team in Uznach sowie erfahrene Private-Banking-Teams im Raum Zürichsee, Ausserschwyz, Linthgebiet und Winterthur betreuen ein Volumen von mehr als 3 Milliarden Franken.