Peter Keller: Fünf grossartige Riesling-Entdeckungen
Weinexperte Peter Keller hat für finews.ch 40 Rieslinge aus Deutschland, Österreich, dem Elsass und der Schweiz blind verkostet. Das Ergebnis zeigt: Deutschland dominiert nach wie vor, während die Schweiz noch Aufholpotenzial hat. Keller kürt nicht nur einen klaren Sieger, sondern entdeckt auch spannende Newcomer und überzeugende Preis-Leistungs-Tipps. Die besten Rieslinge für den Sommer — frisch degustiert und empfohlen.
Riesling ist eine grosse Weisswein-Sorte – dank ihrer unglaublichen Vielfalt. Die Varietät kann trocken, restsüss oder edelsüss vinifiziert werden. Die Weine sind entweder leicht-elegant oder kräftig-komplex. Ein Cru von einem Schieferboden schmeckt anders als einer von einem Kalk-Terroir. Riesling passt dank einer präsenten Säure perfekt zum Sommer.
Die Traube ist mit einer Rebfläche von rund 24'000 Hektar das Aushängeschild in Deutschland. 40 Prozent aller weltweit produzierten Gewächse kommen aus diesem Land. In allen 13 deutschen Anbaugebieten wird Riesling angebaut.
Blinddegustation im Hotel Alex Lake Zurich
Zu den wichtigen Playern zählt Österreich, wo 2000 Hektar oder 4,3 Prozent der gesamten Rebfläche damit bepflanzt wird. Bedeutend ist Riesling im französischen Elsass, wo die Sorte einen Fünftel der 15'600 Hektar grossen Weingärten ausmacht. Auch in der Schweiz gewinnt die Traube an Bedeutung, wenngleich die Anbaufläche noch klein ist.
Wo in diesen Ländern wird der beste Riesling produziert? Zusammen mit der Sommelière Madeleine Löhner, Chefin des Hotels Alex Lake Zurich in Thalwil, haben wir 40 trockene Weine bis zu einem Preis von 50 Franken mit verdeckten Etiketten verkostet.
Deutschland dominiert
Fazit: Deutschland hat dominiert und mit Abstand am meisten Weine in den Final gebracht. Österreich war zweimal vertreten, Elsass einmal. Von den Schweizer Weinen hat es keiner in den Kreis der Besten geschafft. Hierzulande werden zwar relativ gute Rieslinge gekeltert. Aber das gewisse «Etwas» fehlt noch. Das kann sich in Zukunft ändern.
Sieger des Tests wurde der biodynamische Riesling R Wachenheim 2019 des Weinguts Dr. Bürklin-Wolf aus der Pfalz. Es gehört zu den bedeutendsten Betrieben Deutschland und ist weltweit bekannt. Mit 85 Hektar ist es relativ gross. Daran ändert die grossartige Qualität der Weine jedoch nichts.
Grosse Entdeckung
Aus dem gleichen Anbaugebiet kommt auch die Entdeckung der Degustation. Die junge Winzerin Katrin Wind ist mit ihren schnörkellosen, herkunftstypischen Weinen auf dem Weg nach oben, wie ihr exzellenter Lagen-Riesling Kalmit 2022 eindrücklich beweist.
Relativ nahe an die deutschen Spitzenweine schaffte es der Elsässer Riesling Réserve 2022 des berühmten Guts Trimbach. Der Familienbetrieb produziert seit 1626 Weine. Heute ist die 13. Generation am Werk. Mit dem einzigartigen, aber teuren Riesling Clos St. Hune wird einer der grössten Cru des Elsass produziert.
Hervorragendes Preis-/Leistungsverhältnis aus Österreich
Österreich stellt den Preis-/Genuss-Sieger: Dafür verantwortlich ist das Gut Nikolaihof aus der Wachau, einer der Pioniere für den biodynamischen Weinbau. Die Weine sind immer leichtfüssig, elegant, druckvoll und besitzen einen sehr guten Trinkfluss. Dies zeigt auch der Riesling Federspiel aus den Gärten 2022.
Das sind die besten Rieslinge der Degustation:
- Sieger: Riesling R Wachenheim trocken 2019, Weingut Dr. Bürklin-Wolf, Pfalz. Toller, typischer Riesling mit einem edlen Duft von gelben Früchten, Kräuternoten und mineralischen Anklängen, absolut trocken, geradlinig, frisch, elegant, komplex, cremig, langanhaltend, 18/20, 29 Fr.; www.gerstl.ch
- Platz 2: Riesling Rotenberg Grosses Gewächs 2022, Weingut Hermannsberg, Nahe. Vielschichtiger Riesling mit grossem Potenzial, in der Nase Zitrus- und würzig-florale Noten, im Gaumen trocken, mit viel Zug und Spannung, präsente Säure, mittelschwer, mineralisch, sehr gute Länge, 17.75/20, Fr. 46.50 Fr.; www.smithandsmith.ch
- Bester Nicht-deutscher Wein: Riesling Réserve 2022, Weingut Trimbach, Elsass. Kraftvoller, aber auch finessenreicher Riesling, erste Reifetöne in der Nase, Noten von Aprikosen und würzige Anklänge, trocken, gute Säure, schöne Frucht, Finessen und gute Struktur, relativ lang, 17,5/20, Fr. 29.80; www.ullrich.ch
- Preis-/Genuss-Sieger: Riesling Federspiel aus den Gärten 2022, Weingut Nikolaihof, Wachau. Leichter, beschwingter Riesling des Biodynamie-Pioniers aus Österreich, fruchtig-mineralische Noten, trocken, schlank, frisch wie Quellwasser, elegant, bekömmlich, gute Länge, 17/20, Fr. 26.90 Fr.; www.weinheld.ch
- Entdeckung der Degustation: Riesling Kalmit 2022, Weingut Katrin Wind, Pfalz. Einnehmendes Riesling-Bouquet mit schöner Mineralität, trocken, puristisch, druckvoll, elegant, saftig, präsente Säure, salzig geprägtes, langes Finale, 17/20, Fr. 34.90; www.vinterra.ch
Weitere gelungene Weine:
- Riesling Marienburg 2023, Weingut Clemens Busch, Mosel, 17/20, Fr. 39.90; www.terravigna.ch
- Riesling Roxheimer Höllenpfad 2022, Weingut Dönnhoff, Nahe, 17/20, 34 Fr.; www.gerstl.ch
- Riesling Heiligenstein 2021, Weingut Bründlmayer, Kamptal, 17/20, 28 Fr.; www.martel.ch