Investments: So sieht die Antwort auf die Volatilität aus
In dieser Rubrik nehmen Autorinnen und Autoren Stellung zu Wirtschafts- und Finanzthemen.
Die Finanzmärkte bewegen sich heute in einem grundlegend veränderten Umfeld. Die Ära der reibungslosen Globalisierung ist vorbei.
In diesem Kontext funktionieren traditionelle Orientierungshilfen nicht mehr wie früher. Breit diversifizierte, indexierte Portfolios laufen zunehmend Gefahr, Klumpenrisiken aufzubauen, ohne eine echte Risikostreuung zu bieten. Volatilität ist längst kein temporäres Phänomen mehr, sondern eine strukturelle Eigenschaft des heutigen Anlageumfelds.
Gerade in diesem Umfeld der Unsicherheit entfaltet thematisches Investieren seine volle Wirkung: als langfristige, strategische Alternative, die sich an den tiefgreifenden Realwirtschaftstrends orientiert und Investitionsentscheidungen im Kontext einer sich neu formierenden Weltwirtschaft lenkt.
Auf langfristige, strukturelle Trends setzen
Anders als klassische sektor- oder länderspezifische Ansätze fokussiert sich thematisches Investieren auf globale Transformationstrends, sogenannte Megatrends: die Energiewende, Digitalisierung, demografischer Wandel, Ressourcenknappheit, künstliche Intelligenz oder das Entstehen einer konsumfreudigen Mittelschicht in den Schwellenländern.
«Thematisches Investieren bedeutet, sich frühzeitig in Dynamiken einzuklinken – oft noch vor den sichtbaren Umbrüchen.»
Diese Entwicklungen verlaufen unabhängig von kurzfristigen Konjunkturzyklen oder geldpolitischen Wechsellagen. Ihr Fortschritt hängt weder von Zinssenkungen noch von Modetrends oder taktischen Marktbewegungen ab. Thematisches Investieren bedeutet daher, sich frühzeitig in reale, strukturelle Dynamiken einzuklinken – oft noch vor den sichtbaren Umbrüchen.
Neue Herausforderungen, neue Themen, neues Wachstum
Am Horizont zeichnen sich bereits neue Themenfelder ab: Generative Künstliche Intelligenz beispielsweise reduziert Ineffizienzen, steigert Produktivität und senkt Kosten.
Gleichzeitig verändert der gesellschaftliche Trend zu gesünderer Ernährung, natürlichen Inhaltsstoffen und nachhaltigeren Produkten die Erwartungen an Konsum und Lebensstil. Unternehmen sind gefordert, ihre Formulierungen, Lieferketten und Markenstrategien radikal zu überdenken.
Zudem treten Risiken wie Klimawandel, Ressourcenverknappung oder der Verlust biologischer Vielfalt immer deutlicher als reale Bedrohungen hervor – mit Folgen wie steigenden Inputkosten, gestörten Lieferketten oder strengeren regulatorischen Vorgaben.
Themeninvestments entlang ganzer Wertschöpfungsketten
Themenfonds zielen nicht auf einzelne «Gewinner-Sektoren», sondern bauen ihre Portfolios entlang ganzer Wertschöpfungsketten auf.
So lassen sich innovative Unternehmen identifizieren, die oft noch abseits der grossen Indizes agieren, deren Geschäftsmodell jedoch direkt, differenziert und nachhaltig mit dem gewählten Thema verknüpft ist.
Megatrends früh monetarisieren
Eine vorausschauende, fokussierte Analyse erlaubt es thematischen Investoren, Megatrends und deren Unterströmungen bereits im Frühstadium, noch bevor sie am Markt gespielt werden, zu erkennen.
«Es handelt sich um eine funktionale Diversifikation: näher an realen Wertschöpfungsströmen als an formalen Benchmark-Grenzen.»
Ein investierbares Thema vereint solide Wachstumsperspektiven, ein günstiges Wettbewerbsumfeld und eine reiche Mischung aus dynamischen Wachstumsunternehmen und etablierten Akteuren, die vom jeweiligen Thema profitieren.
Echte Diversifikation – keine Theorie
Thematische Portfolios bieten eine Querschnittsperspektive, die über traditionelle Branchenschubladen hinausgeht. Dadurch entstehen echte Diversifikationseffekte: Klumpenrisiken werden reduziert, Korrelationen gesenkt, sektorale Engführungen vermieden.
Es handelt sich um eine funktionale Diversifikation: näher an realen Wertschöpfungsströmen als an formalen Benchmark-Grenzen. Sie erlaubt zudem frühzeitiges Erkennen schwacher Signale, aufkommender Wachstumsnischen oder disruptiver Geschäftsmodelle.
Aktives Management als strategischer Hebel
In einer Welt mit wirtschaftlicher Fragmentierung, desynchronisierten Konjunkturzyklen und geopolitischen Unsicherheiten gewinnt aktives Management wieder an Relevanz. Es erlaubt eine differenzierte Bewertung von Chancen und Risiken innerhalb eines Themas sowie die nötige Flexibilität, um Allokationen dynamisch anzupassen. Anders als passive Strategien, die starr auf eine Replikationslogik fixiert sind, können aktiv verwaltete Themenfonds neue Unterthemen aufnehmen, regionale Schwerpunkte setzen, überbewertete Titel meiden oder innovative Mid-Caps abseits der grossen Benchmarks integrieren.
«Man entscheidet sich für die Richtung statt die Reaktion.»
Performance und Wirkung vereinen
Ein zentraler Vorteil des thematischen Ansatzes liegt darin, dass Investieren wieder einen direkten Bezug zu realwirtschaftlichen Fragestellungen erhält. Es geht nicht nur um Rendite, sondern auch darum, den Wandel aktiv mitzugestalten.
Eine strategische Orientierungshilfe in ungewisser Zeit
In einer Welt, in der traditionelle Leitplanken verschwinden, Indizes sich auf einige Megakonzerne festlegen und Konjunkturzyklen kürzer und unvorhersehbarer werden, schafft thematisches Investieren neue Orientierung. Es hilft, sich vom Marktrauschen zu lösen, einen langfristigen Fokus zu bewahren und mit den tatsächlichen Treibern der Wertschöpfung verbunden zu bleiben.
In einer Zeit ständiger Transformation bedeutet thematisches Investieren letztlich, dass man sich für die Richtung statt die Reaktion entscheidet.
Ralf Oberbannscheidt ist Global Head of Thematic Investing bei Robeco.