Die Beteiligungsgesellschaft BB Biotech erzielte 2019 eine Gesamtrendite von fast 20 Prozent. Im laufenden Jahr wird der Gesundheitssektor durch die US-Präsidentschaftswahlen eine wichtige Rolle spielen. Das sei gut so, findet BB Biotech-Investmentchef Daniel Koller im Interview.


Herr Koller, der Biotechnologiesektor hat 2019 fulminant beendet. Woran lag das?

Das Aktienmarktumfeld war 2019 generell günstig. Der Biotechsektor konnte mit Fortschritten überzeugen und gute Fundamentaldaten haben M&A-Aktivitäten begünstigt, was zu einem positiven vierten Quartal geführt hat.

Der Nasdaq Biotech Index (NBI) beendete das Gesamtjahr nach einer starken Jahresendrally mit einem Plus von insgesamt 25 Prozent in Dollar und konnte damit der starken Entwicklung der breiten Aktienmärkte folgen.

«Im vierten Quartal 2019 haben wir uns von vier Beteiligungen getrennt»

Ähnlich verhielt es sich bei den FDA-Zulassungen. Während die amerikanische Arzneimittel-Behörden den ersten drei Quartalen insgesamt 27 neuen Medikamenten die Zulassung erteilte, liess sie alleine im vierten Quartal 2019 mit 21 Präparaten fast die gleiche Anzahl an Arzneimitteln zu.

Wie hat sich BB Biotech in diesem Umfeld geschlagen?

Im vierten Quartal legte der Aktienkurs von BB Biotech um 7,7 Prozent in Franken zu, und die Gesamtrendite für 2019 lag bei 18,6 Prozent. Im vierten Quartal haben wir uns von vier Beteiligungen getrennt: Audentes Therapeutics wurde von Astellas für 60 Dollar pro Aktie übernommen, ein Aufpreis von 110 Prozent gegenüber dem Schlusskurs des Vortages.

Bristol-Myers Squibb schloss im November 2019 die Übernahme von Celgene ab. Im Zuge des 2018 begonnen Strategiewechsels haben wir uns auch von der restlichen Beteiligung am Large Cap Gilead getrennt. Damit endet eine langjährige Erfolgsgeschichte und eines der Portfolio-Highlights der vergangenen 15 Jahre.

Neu im Portfolio vertreten ist Molecular Templates. Das US-Unternehmen fokussiert sich auf so genannte Engineered Toxin Bodies (ETBs), eine möglicherweise neue Klasse von Immunotoxinen in der Krebsbehandlung.

Sie kommen gerade aus San Francisco zurück, wo sie am weltgrössten Anlass für Healthcare-Investoren teilgenommen haben. Die J.P. Morgan Healthcare Conference gilt als Stimmungsbarometer für die Branche. Welchen Eindruck haben sie mitgenommen?

Das Sentiment würde ich als neutral einstufen. Die breite Anlegerschaft erlebte zunächst eine Enttäuschung, denn zu Beginn der Konferenz wurde kein grösserer Deal angekündigt, wie das vor einem Jahr mit der überraschenden Übernahme des Large Caps Celgene durch Bristol Myers Squibb der Fall war.

«Insgesamt schätze ich den Zustand der Biotechbranche als sehr solide ein»

Auf der anderen Seite waren die darauffolgenden dreieinhalb Tage durch spannende Daten, Nachrichten und guten vielversprechenden Updates geprägt. Insgesamt schätze ich den Zustand der Branche als sehr solide ein.

Gab es Newsflow aus Ihrem Portfolio an der Konferenz?

Wir haben verschiedene Updates zum vierten Quartal 2019 sowie Ausblicke für 2020 erhalten. Ein Highlight war sicherlich Agios, die einerseits eine Umsatz-Guidance für 2020, aber noch viel wichtiger die Fünf-Jahres-Ziele bekannt gegeben hat.

Die Gesellschaft hat es sich zum Ziel gesetzt, bis im Jahr 2025 die Milliardengrenze im Umsatz zu übertreffen, die Profitabilität zu erreichen und bis zu diesem Zeitpunkt die Zulassung für vier Produkte zu erhalten. Auch Alexion, Radius Health, Exelixis und Neurocrine haben interessante Updates veröffentlicht.

«Insgesamt war es für uns eine Konferenz mit einem umfangreichen und positiven Newsflow.»

Incyte, eine unserer Kernbeteiligungen, hat an der diesjährigen Konferenz den grössten Biotech-Deal mit MorphoSys bestätigt. Es geht dabei um die Unterzeichnung einer Kollaborations- und Lizenzvereinbarung für die globale Weiterentwicklung und Vermarktung des Antikörpers Tafasitamab zur Behandlung von malignen B-Zell-Erkrankungen, einer Form von Blutkrebs, wobei Incyte die exklusiven Vermarktungsrechte ausserhalb der USA erhalten wird und ein gemeinsamer Vertrieb in den USA geplant ist. Das bedeutet, dass Incyte in den nächsten Quartalen ein neues Onkologiemedikament auf den Markt bringen könnte.

Auf der klinischen Seite gab es weniger Nachrichten, was für diese Konferenz aber typisch ist. Moderna hat jedoch vielversprechende Daten zu seinem neuartigen Vakzin zur Prävention von CMV-Infektionen veröffentlicht. Insgesamt war es für uns eine Konferenz mit einem umfangreichen und positiven Newsflow.

Wir haben die Zeit in San Francisco ebenfalls genutzt, um uns mit über 50 bestehenden Beteiligungen und potenziellen Investitionskandidaten zu einem Update zu treffen.

Was erwarten Sie für 2020?

Wir gehen davon aus, dass die Produkte, die Ende 2019 zugelassen wurden, wie Trikafta von Vertex, eine starke Markteinführung geniessen werden. Wichtig sind ebenfalls die erwarteten neuen Zulassungen, zum Beispiel bempeodic acid von Esperion zur Behandlung eines erhöhten Cholesterinspiegels oder OCA von Intercept für die Behandlung der nicht-alkoholischen Fettleber (NASH).

«Wie üblich im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen spielt der Gesundheitssektor eine wichtige Rolle»

Von Macrogenics erwarten wir für Margetuximab die erste Produktzulassung überhaupt. Wir gehen für 2020 von einem sehr starken Momentum bei den Produktezulassungen unserer Portfoliogesellschaften aus.

Wie muss die Stimmung in den USA eingeordnet werden?

Wie üblich im Vorfeld der US-Präsidentschaftswahlen spielt der Gesundheitssektor eine wichtige Rolle. Die Kandidaten positionieren sich, wozu auch eine Debatte um das Gesundheitssystem und die Nachhaltigkeit von Medikamentenpreisen gehört.

Ähnlich war es in der vergangenen Legislaturperiode vor der Wahl von Donald Trump; viele Debatten um Gesundheitskosten und Medikamentenpreise wirkten damals eher als rhetorisch überzogen und emotionalisiert.


Daniel Koller stiess 2004 zu BB Biotech und übernahm 2010 die Leitung des Investment-Teams.