Stéphane Décotterd verzichtet in seinem Restaurant Le Pont de Brent im waadtländischen Brent ganz auf ausländische Luxusprodukte – und zeigt damit, wie eine ultraregionale Gourmet-Küche funktioniert.

Von Sabrina Glanzmann

Wildkräuter aus den Wiesen der Umgebung, Schnecken und Safran aus dem Kanton Waadt, Hecht aus dem Genfersee: Im Restaurant Le Pont de Brent in Brent (Bild unten) in der Waadt sind lokale und regionale Produkte die Stars auf dem Teller.

Im Frühling 2018 entschloss sich Küchenchef, Gastgeber und Inhaber Stéphane Décotterd dazu, seine Küche komplett darauf auszurichten und umzustellen. Zu dieser Zeit führte er das Lokal oberhalb von Montreux seit sieben Jahren, nachdem er es 2011 von Gérard Rabaey übernommen hatte – dieser hatte im Le Pont de Brent 30 Jahre lang die Schweizer Spitzengastronomie aktiv mitgeprägt und das Restaurant zu einem der besten des Landes gemacht.

Keine ausländischen Luxusprodukte

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Es gehörte für Décotterd also auch eine gute Portion Mut dazu, die kulinarische Philosophie des Hauses neu auszurichten. Seine Devise lautet: Keine ausländischen Luxusprodukte mehr, sondern nur noch einheimische Zutaten aus der möglichst nächsten Umgebung.

Ein ehrgeiziges Credo für das mit zwei Michelin-Sternen und 18 Gault-Millau-Punkten ausgezeichnete Restaurant. Auf diesem Niveau sind sonst Produkte wie Hummer und Rotbarben üblich und gefragt. «Jakobsmuscheln mit Zitrusfrüchten gibt es im Fine-Dining-Bereich auf der ganzen Welt. Mir ist es wichtig, die Regionalität zurückholen und zu zeigen, dass dies auch in einem Gourmetrestaurant möglich ist», sagt der Chefkoch.

Süsses vom Bauern nebenan

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Für das neue Konzept bereitete er sich mit seinem Team drei Jahre lang vor. So lange dauerte es, bis die Kontakte zu Produzenten, Bauern und Lieferanten bestanden, die es brauchte, um loszulegen.

«Wir begannen damit, in den Desserts keine exotischen Früchte mehr zu verarbeiten. Ich erinnere mich an eines der ersten süssen Kreationen aus lokalen Lindenblüten und Honig von einem Bauern nebenan. Die Gäste nahmen das sehr gut auf und keiner vermisste Kokosnuss oder Ananas», freut sich Décotterd (Bild oben) heute.

Häufiger Menüwechsel

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Weil die Mengen der Zutaten für diese ultraregionale Küche begrenzt verfügbar sind, wechselt die Karte nun nicht mehr alle drei Monate, sondern immer dann, wenn ein Produkt ausgeht und durch ein neues ersetzt werden muss. Champignons aus der Region zum Beispiel haben nur drei Wochen Saison, und die Bäuerin gibt vor, wann ihre wenigen Enten schlachtreif sind.

«Danach richte ich mich komplett aus. Früher rief ich die Händler und Zulieferer an und gab ihnen durch, wieviel wovon ich wann brauchte. Nun geben meine Partner den Takt an und sagen mir, was sie mir in welcher Menge gerade anbieten können. Wir arbeiten sehr eng zusammen», erzählt der Spitzenkoch.

Kulinarische Visionen

Als Mitglied bei Relais & Châteaux passt die «Le Pont de Brent-Philosophie» perfekt zur kulinarischen Vision der internationalen Luxushotel- und Restaurantvereinigung. Anlässlich ihres 60-jährigen Bestehens verfasste sie 2014 ein entsprechendes Manifest und präsentierte dieses vor der UNESCO.

Zu den insgesamt 20 Punkten rund um nachhaltige Küche und den Schutz des kulinarischen Erbes gehört etwa, dass die Mitglieder eine verantwortungsvolle Fischerei unterstützen, Food Waste reduzieren oder mit Kleinstproduzenten und Manufakturen Kooperationen eingehen.

Hummer-Kunden weg

Stéphane Décotterd, der bei Relais & Châteaux auch als stellvertretender Delegationsleiter für Schweiz und Liechtenstein amtet, geht mit seiner Neuausrichtung also genau diesen Weg. Und das kommt bei den Gästen bestens an: «Wir haben nur ein bis zwei Kunden verloren, die jeweils extra wegen des Hummers zu uns kamen. Dafür haben wir viele neue dazugewonnen.»  (Travelcontent)