Im Unterengadin gibt es ein neues Luxus-Refugium: Das Relais & Châteaux Chasa Montana ist für 20 Millionen Franken samt seinem gut bestückten Weinkeller in die Fünfsterne-Superior-Kategorie katapultiert worden.

Hubert Zegg ist stolz: «In einem einzigen Sommer haben wir den ganzen Umbau geschafft», freut sich der 79-jährige Eigentümer des Hotels «Chasa Montana» in Samnaun.

Die Hülle des markanten Engadinerhauses mit dem Rundturm blieb stehen. Aber im Inneren wurde das Haus zwischen März und Dezember 2022 praktisch neu gebaut – bis auf den 1'500 Quadratmeter grossen Wellness-Bereich mit Hallenbad, der erst 2012 entstanden war.

Investitionen von 20 Millionen Franken ermöglichten das Upgrade vom Viersterne-Superior-Betrieb auf das höchste Niveau der Fünfsterne-Superior-Kategorie.

Ehepaar als Gastgeber

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Hubert & Eliane Zegg, Carina & Daniel Eisner (von links)

«Von den meisten Gästen gibt es Komplimente», sagt Zegg. Mit wenigen Ausnahmen hätten die Gäste positiv auf die Veränderungen reagiert. Dies trotz der Tatsache, dass das «Chasa Montana» jetzt in der Top-Liga spielt, man «die Preisstruktur völlig neu aufgebaut und nicht weniger als elf Zimmerkategorien geschaffen hat», sagt Daniel Eisner dazu.

Er fungiert im «Chasa Montana» zusammen mit seiner Frau Carina Eisner seit mehr als einem Jahrzehnt als Gastgeber. Die Zimmerpreise wurden entsprechend zwischen 22 und 55 Prozent angehoben.

Stilsicherheit aus Frankreich

Chasa ontana Vadret 555

Neu gebaut wurden sämtliche Zimmer. Gleichzeitig wurde ihre Zahl von 53 auf 45 verkleinert: Die kleinsten wurden je zu zweit neu als Suiten ausgelegt. Massgeblich beteiligt an der Gestaltung des Chasa-Montana-Interieurs war, neben der Innenarchitektin Cathrin Hoch aus dem österreichischen Zillertal, die stilsichere Eliane Zegg, Huberts aus Frankreich stammende Gattin.

Auffällig ist der grosszügige Einsatz von Granit und hellem Arven- und Lärchenholz. Man habe «Alpencharme mit besonderem Chic» erzeugen wollen, sagt die Hausherrin. Auch Bar und Lounge wurden neu gebaut. Nur die Rezeption präsentiert sich in gewohnter Optik.

Neue Brenner

«Mit dem Umbau haben wir die gesamte Gebäudetechnik erneuert», sagt Zegg: «Heizung, Lüftung, Brandmeldeanlage und so weiter.» Auch sollte der Energieverbrauch so weit wie möglich gesenkt werden.

«Was die zwei neuen Brenner der Heizung zustande bringen, ist verrückt», lobt Zegg: «Wir brauchen nur noch 20 Prozent so viel Heizöl wie zuvor.»

Die Einsparungen kommen auch dank konsequenter Wärme-Rückgewinnung zustande: Das verbrauchte Warmwasser im Hotel, im Hallenbad und den Whirlpools wird ebenso als Wärmequelle genutzt wie der Pizzaofen im Restaurant «La Pasta».

Rockstar in der Küche

ChasaMontana LaMiranda 41 555

Weiterhin können die Gäste unter vier Restaurants wählen. Das Gourmetlokal «La Miranda» (Bild oben, ein Michelin-Stern, 16 Punkte Gault-Millau), «La Pasta» für Pizza und italienische Kost und «La Serena» für die Halbpensionsgäste präsentieren sich in neuer Aufmachung. Nur das Fondue- und Raclette-Stübli «La Grotta» bleibt unverändert urtümlich.

Bernd Fabian, der «Rockstar unter den Küchenchefs», wie ein Gast den flamboyanten Chefkoch umschrieb, identifiziert sich mit der Nachhaltigkeits-Philosophie der Vereinigung Relais & Châteaux, der das «Chasa Montana» seit 2014 angehört.

Mit Vorliebe Rindfleisch

Er berücksichtigt wo immer möglich regionale Produkte aus umweltschonender Landwirtschaft und artgerechter Tierhaltung. Natürlich kommen auch Meeresfrüchte und Meerfisch auf die Karte.

Mit Vorliebe verarbeitet er aber Rindfleisch von Samnauner Bergbauern, Lamm vom Nogglerhof im österreichischen Nauders, 25 Kilometer entfernt, Bio-Zucht-Krevetten aus Innsbruck oder Früchte aus dem nahen Südtirol.

Weinkeller mit 20'000 Flaschen

Wein 333

Bekannt ist das «Chasa Montana» auch wegen rund 20'000 Flaschen von rund 1'500 verschiedenen Weinen, die im 2009 neu gebauten Keller lagern. Wein ist die Passion von Direktor Eisner, der auch ausgebildeter Sommelier ist.

Zur Hand geht ihm Chef-Sommelier Thomas Monsberger. Beratung ist dringend angesagt; als Gast verliert man auf der 34-seitigen Weinkarte gern die Übersicht.

Zum Auftakt oder zur Feier des Tages hat man die Wahl unter 40 Champagnern, vom Laurent Perrier für 19 Franken das Cüpli bis zum Dom Perignon Rosé 2005 für 810 Franken pro Flasche. Dann geht es erst richtig los.

Heutige Trinkgewohnheiten

Positiv wird vermerkt, dass es, entsprechend heutigen Trinkgewohnheiten eine grosse Auswahl von kleinen Flaschen gibt: Man hat die Wahl unter rund 15 Weissweinen vom günstigen Chardonnay aus dem Südtirol bis zum Ermitage Grain d’Or der Walliser Winzerin Marie-Thérèse Chappaz für 91 Franken die Halbliterflasche.

Bei den 45 Rotweinen in Kleinflaschen geht es bei 33 Franken für 37,5 cl Pinot aus dem Wallis los und endet bei 145 Franken für die gleiche Menge Ornellaia 2011.

Exakt 35 Süssweine schliesslich reichen von «Sweet Dreams» des Tessiners Guido Brivio für 51 Franken, bis zum mythischen Château d’Yquem 1995 für 410 Franken, beide in Flaschen von 37,5 cl.

Preziosen aus dem Wallis und Graubünden

Unter den Schweizer Weinen in Normalgrösse fallen Weisse von den besten Produzenten vor allem in Graubünden und dem Wallis auf. Rote Pinot Noir stammen ebenfalls vorwiegend aus diesen Kantonen, Spezialitäten wie Cornalin und Humagne Rouge aus dem Wallis und Merlot aus dem Tessin.

Das Burgund liefert grosse Chardonnay aus Mersault, Puligny-Monrachet und Chevalier-Monrachet; aus Tain im Rhonetal stammen die berühmten Ermitages. Die Preisspanne für die französischen Weissen reicht von 55 bis 800 Franken.

Sehr gut vertreten bei den Weissen sind auch die österreichische Wachau, Mosel und Rheinhessen in Deutschland und zahlreiche Gewächse aus Südtirol und dem Friaul.

Stolze Preise

Bei den Roten dominieren Burgund, Bordeaux und das Rhonetal. Als Einstieg für 60 Franken dienen ein Fleurie 2018 aus dem Burgund oder die Bordeuax Châteaux Rolland de By (2009) und Cissac (2015).Spitzenge

Ganz oben finden sich der bekannte Mouton Rothschild 2000 für 2'300 Franken, in der Magnumflasche für 4'100 Franken, sowie der Château Pétrus 1990 für 10'000 Franken.

Spitzengewächse aus Italien

Bei den Burgundern stechen ein Romanée Saint-Vivant Grand Cru 2010 für 4500, ein Richebourg Grand Cru 2006 für 5'300 Franken und ein La Tâche Grand Cru 2006 für 6900 Franken hervor.

Bei den Rotweinen aus Italien finden sich Spitzengewächse vor allem aus dem Piemont und der Toskana, allerdings zu sehr viel zugänglicheren Preisen.

Motiviertes und engagiertes Team

Mindestens ebenso viel Wert wie auf Räumlichkeiten, Küche und Keller legt man auf das Personal. «Was die Reputation eines Hauses wirklich ausmacht, ist ein motiviertes und engagiertes Team», sagt Eisner. Während des Umbaus und der Schliessung im vergangenen Jahr konnten viele Angestellte in anderen Zegg-Betrieben beschäftigt werden.

Eliane und Hubert Zegg besitzen zwei weitere Hotels und acht Geschäfte vom Supermarkt über Mode bis hin zu Haute Parfümerie, Zigarren und einem Uhren- und Schmuckgeschäft mit Rolex-Vertretung.

Renommierter Parfümexperte

Eliane Zegg führt uns in die Haute Parfumerie Arcada im Erdgeschoss des Zegg-Hotels «Silvretta». Nicht nur für edle Produkte, auch für Mitarbeiter hat die Französin einen guten Riecher: Mathias Leipold war ursprünglich Kellner im «Chasa Montana».

Heute gehört er zu den international renommierten Parfümexperten. Leipolds Gabe ist es, Kundinnen und Kunden blitzschnell zu analysieren und ihnen Duftkreationen zu empfehlen, die mit ihrer Persönlichkeit harmonieren.

Drei distinguierte Düfte

Dem Reporter empfahl «Monsieur Mathias» drei distinguierte Düfte, die er in ähnlich blumiger Sprache beschreibt wie ein Weinkenner den Wein: 19-68 von Gritti, Indian Wood von Pierre Guillaume und Gros Charnel von BDK.

Da der Kunde kein sensibilisiertes, olfaktorisches Gedächtnis hat wie der Parfümeur, bekommt er je ein extra für ihn in ein kleines Sprayfläschchen abgefülltes Muster mit nach Hause.

Der Preis für die exquisiten Düfte darf allerdings kein Thema sein, ebenso wenig wie im danebenliegenden Walk-in-Humidor, wo exklusive Zigarren angeboten werden.

Beliebtestes Ferienhotel der Schweiz

Auch andere Beherbergungsbetriebe im 800-Seelen-Dorf haben unlängst aufgerüstet: Das edle «Alpchalet Bellevue» wurde 2019 teilweise neu gebaut und «Das Homann» erhielt eine neue Wellness-Anlage mit Aussenpool.

Das von HolidayCheck-Kunden soeben zum beliebtesten Ferienhotel der Schweiz erkorene «Appartement Panorama» steht ebenfalls in Samnaun.

Zunehmend gehobenes Publikum

Deshalb befindet sich das Dorf auf gut 1800 Metern in einem Transformationsprozess. Früher war Samnaun vor allem bei Schnäppchenjägern beliebt und hatte ein Billig-Image: Weil es seit 1892 in einer zollfreien Zone liegt, sind hier Treibstoff, Tabakwaren und Alkoholika günstiger. Jetzt kommt zunehmend ein gehobenes Publikum.

Es weiss die riesige Wintersport-Arena zu schätzen, die Samnaun zusammen mit dem Tiroler Ferienort Ischgl auf der anderen Seite der Berge betreibt. Dank vielen Investitionen und einer konsequenten Positionierung nach oben «können wir inzwischen mit anderen Top-Destinationen mithalten», freut sich Bernhard Aeschbacher, der aus dem Berner Seeland in die Bündner Alpen gezogen ist und als Co-Direktor der Ferienregion Samnaun, Scuol, Val Müstair amtet.