Der amerikanische Finanzkonzern J.P. Morgan will hierzulande sein Profil schärfen. Unter anderem soll das Private Banking in der Deutschschweiz ausgebaut werden. 

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Seit seiner Ankunft im vergangenen Sommer in der Schweiz hat der 56-jährige Pascal Ravery (Bild) vor allem im Hintergrund agiert. Nun soll sich das ändern, wie der Länderchef von J.P. Morgan für die Schweiz im Gespräch mit finews.ch erklärt.

Ravery ist gebürtiger Franzose, verliess aber schon bald nach dem Studium seine Heimat und heuerte in den achtziger Jahren an der Wall Street an, wo er erstmals mit den angelsächsischen Usancen in der Hochfinanz in Berührung kam. Zuerst bei Goldman Sachs, später bei J.P. Morgan.

Neuer Posten in der Schweiz

Entgegen der viel gescholtenen Söldnermentalität, die zahlreiche Investmentbanker für laufend mehr Lohn von einem Arbeitgeber zum andern treibt, hält Ravery seit mehr als 20 Jahren J.P. Morgan die Treue, von denen er die Mehrzahl in London verbrachte. Vielleicht ist es diese Loyalität, die ihn nun anspornt, auch in der Schweiz Pflöcke einzuschlagen.

Raverys Posten gab es bisher tatsächlich nicht in der Schweiz. J.P. Morgan arbeitete ohne diese Funktion, die sämtliche Geschäftsbereiche verantwortet. Abteilungen wie die Vermögensverwaltung, das Investmentbanking oder das Kredit- und Firmenkundengeschäft seien zuvor kaum integriert gewesen, erklärt Ravery.

Umzug in Bürogebäude von Vontobel

Jetzt soll er mehr Nähe schaffen, Synergien aufbauen und Cross-Selling betreiben. Er sagt: «J.P. Morgan ist hierzulande nicht ein amerikanischer Finanzgigant, sondern seit mehr als 40 Jahren eine Schweizer Bank die in Genf und Zürich fast 1'000 Leute beschäftigt, gut 90 Milliarden Franken verwaltet und diese Kundendepots allein im vergangenen Jahr um 25 Prozent steigern konnte.

Ravery will noch höher hinaus und hat sich dafür einiges vorgenommen. Unter anderem will er auch den Teamgeist fördern. Darum ziehen die gut hundert Zürcher Mitarbeiter von J.P. Morgan Anfang 2014 in ein Bürogebäude an der Dreikönigstrasse um, wo heute noch ein Teil der Bank Vontobel arbeitet.

Lokales Team engagiert

Für Ravery ist der neue Standort nur ein Indiz dafür, dass J.P. Morgan hierzulande sein Profil schärfen möchte. Gleichzeitig will die Bank beispielsweise auch, ihr Private-Banking-Geschäft in der Deutschschweiz substanziell ausbauen.

Bisher lag der Fokus dieser Aktivitäten im Offshore-Zentrum Genf. Doch seit die Rhonestadt mit dem bröckelnden Bankgeheimnis einer eher etwas ungewissen Zukunft entgegenblickt, gilt es, neue Märkte zu erschliessen.

«Für diesen Plan in der Deutschschweiz haben wir bereits ein lokales Team unter der Leitung von Heinrich Lammer engagiert, das mit der Zeit noch wachsen könnte», betont Ravery.

Schweizer in zentralen Positionen

Obwohl J.P. Morgan eine angelsächsische Firma sei, nähme in Zürich ein harter Kern von Schweizern die zentralen Positionen ein, entweder aus dem Netzwerk der Firma, wie Martin Schütz in der Corporate Bank, Philipp Pfenniger im Asset Management, Ronald Birrer im Custody-Geschäft, Jan Masek im Bereich M&A, Nic Mihic und Alex Sabo im Markets-Segment oder aber die kürzliche Neueinstellung von Nick Bossart im Investmentbanking, wie auch finews.ch berichtete.

Mit diesem geballten Know-how will J.P. Morgan nun verstärkt die hiesige Klientel angehen. «Die Schweiz steht sehr weit oben auf der Agenda von J.P. Morgan», bestätigt Ravery. «Es gibt hier überdurchschnittlich viele Grossunternehmen, denen wir unsere Beratung anbieten können», erklärt der Franzose und betont dabei auch, dass bei J.P. Morgan auf Grund der Erfahrungen aus der Finanzkrise ein Mentalitätswandel stattgefunden habe: «Wir achten heute stärker darauf, unseren Kunden das zu bieten, was sie möchten, und nicht das, von dem wir denken, dass sie es brauchen.»

Umbruch in der Finanzwelt

Ravery unterstreicht auch, dass heute viele sehr wohlhabende Privatkunden und deren Family Offices vergleichbare Bedürfnisse wie Firmen hätten. Das eröffne zusätzliche Geschäftsmöglichkeiten im Corporate- und Investmentbanking.

Auf globaler Ebene setzt Ravery auf den Umbruch in der Finanzwelt. Auf Grund neuer Gesetze und Bestimmungen würden sich viele Banken gezwungen sehen, erheblich mehr Kapital zu halten, um manche Geschäfte weiterhin zu tätigen. In manchen Fällen seien die Kosten allerdings zu hoch, so dass diesen Banken keine andere Wahl bleibe, als einzelne Geschäftsbereiche aufzugeben.

Führende Stellung von UBS und CS

«Dass manche Konkurrenten schwächer werden, eröffnet dem Konzern J.P. Morgan weltweit neue Chancen. In Zukunft werden nur wenige Finanzinstitute gross genug sein, um wirklich global agieren zu können», prophezeit Ravery.

In der Schweiz hingegen, anerkennt er ausdrücklich die führende Stellung der beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse. «Wir sehen die beiden Häuser nicht in erster Linie als Wettbewerber, denn hierfür ist ihre Marktposition einfach zu gross», sagt er. «Wir begegnen ihnen vielmehr als Partner und Kunden, die viele unserer Produkte und Dienstleistungen nachfragen.»

Spielraum für weiteres Wachstum

Für Ravery existiert in der Schweiz auch noch Spielraum für weiteres Wachstum im Investmentbanking. Doch J.P. Morgan ziele hier eher auf den Wettbewerb mit jener Gruppe von zumeist ausländischen Banken, die mit deutlichem Abstand hinter den beiden dominierenden Schweizer Häusern stünden, erklärt er und kann sich dabei auf ein enormes, globales Potenzial abstützen.

Mit seinen insgesamt 260'000 Mitarbeitern wickelt der Konzern milliardenschwere Transaktionen an den internationalen Kapitalmärkten ab, steuert die Finanz- und Liquiditätsplanung von Firmen mit, berät Konzerne bei Fusionen und Übernahmen, organisiert Börsengänge und nimmt eine führende Rolle im Handel mit allen erdenklichen Finanzprodukten ein.

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