Überraschendes kündigt sich im Hause Goldman Sachs an. Um neue Wachstumsquellen zu erschliessen, will die US-Bank im Wealth Management für Superreiche expandieren und dieser Klientel auch Kredite auf der eigenen Bilanz anbieten.

Stephen-scherr 160Diese Pläne sind Teil eines Mandats, das der 50-jährige Stephen Scherr (Bild) übernommen hat, wie die «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) berichtet. Bisher war er Global Head of the Financing Group. Auch die «New York Times» berichtete darüber. 

Scherr arbeitet seit mehr als 20 Jahren bei Goldman Sachs und übernahm Anfang dieser Woche die neue Position eines Chief Strategy Officers, wie einem internen Memo zu entnehmen ist.

Unterstützung von Lloyd Blankfein

Dem weiteren Vernehmen nach will Goldman Sachs das Kreditgeschäft wieder ausbauen und sich damit verstärkt an sehr vermögende Privatkunden richten. Offenbar arbeitete Scherr in den vergangenen Wochen intensiv mit Goldman-Sachs-CEO Lloyd Blankfein an einem Konzept, das darauf abzielt, die Kommerzabteilung innerhalb der Bank wieder mehr zur Geltung zu bringen, wie es in der «Financial Times» weiter heisst.

Der Ausbau des klassischen Kreditgeschäfts, das auch bei den Schweizer Grossbanken bis weit in die achtziger Jahre hinein die wichtigste Ertragsquelle war, kommt bei Goldman Sachs insofern überraschend, als dass die Bank in der Vergangenheit eher darauf achtete, ein kleine Bilanzsumme zu haben.

Mindestens 40 Millionen Dollar

Das klassische Kreditgeschäft setzt allerdings eine hohe Bilanzsumme voraus, um die entsprechenden Darlehen – sofern sie nicht über den Finanzmarkt generiert werden – überhaupt tätigen zu können.

Die Rückbesinnung aufs klassische Kreditgeschäft geht bei Goldman Sachs mit der Absicht einher, die Vermögensverwaltung für sehr wohlhabende Privatpersonen, also mit Depots von durchschnittlich 40 Millionen Dollar, gezielt auszubauen. Davon erhofft man sich bei der Bank eine geringere Abhängigkeit vom volatilen, respektive zyklischen Investmentbanking, das die Kernkompetenz von Goldman Sachs ist.

Schwache Eigenkapitalrendite

Von den US-Banken waren bislang vor allem J.P. Morgan Chase sowie die Bank of America in dem Geschäft mit sehr wohlhabenden Privatpersonen überaus präsent. In diese Domäne will nun offenbar Goldman Sachs einbrechen. Zwar hat man nicht die Absicht, neue Zweigstellen für dieses Geschäftsfeld zu eröffnen, aber doch gezielt diese potenzielle Klientel anzusprechen und sie mit zusätzlichen Kreditmöglichkeiten zu ködern.

Die Absicht kommt zu einem Zeitpunkt, da sich Goldman Sachs ernsthafte Gedanken machen muss, wie sich die Eigenkapitalrendite von 11 Prozent im vergangenen Jahr signifikant erhöhen lässt, zumal die weltweit verschärften Regulatorien die Ertragsaussichten im Investmentbanking massgeblich dämpfen.

Konkurrenz für UBS und CS

Mit dem Anspruch, sehr vermögende Privatkunden weltweit anzusprechen, dringt Goldman Sachs auch in eine Domäne der beiden Schweizer Grossbanken UBS und Credit Suisse. Die beiden Institute haben sich gerade in den vergangenen paar Jahren ebenfalls auf diese Klientel, insbesondere in Asien, fokussiert. Der Wettbewerb dürfte damit nochmals zunehmen.

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