Dass Investmentbanker Andrea Orcel lieber auf einen angesehen Chefjob verzichtet als auf ein zweistelliges Millionengehalt, hat gute Gründe. Im Investmentbanking herrscht eine klare Hackordnung.

Für Amt und Würden allein tritt Andrea Orcel (Bild unten) offensichtlich nicht an. Weil Santander das Ablösegeld von geschätzten 40 bis 50 Millionen Franken für den ehemaligen UBS-Investmentbank-Chef nicht zahlen wollte, verzichtet dieser auf das Chefamt bei der grössten Bank Spaniens. Und muss sich nun den Vorwurf gefallen lassen, jegliche Bodenhaftung verloren zu haben.

Für einiges Aufsehen dürfte Orcels «no show» auch bei jenen sorgen, denen er als Idol gilt: die Berufseinsteiger in den Banksilos von London, von wo aus auch der oberste UBS-Investmentbanker seine Teams durch die Welt dirigierte. Sie verzichten auf Schlaf und Liebesleben, um die ersten Stufen im beinharten Metier zu erklimmen. Und wie sich zeigt, ist die Entlöhnung jener «Analysten» weit weg von dem, was in den Teppichetagen der Branche garniert wird.

Orcel 500

33 Dollar bei der Credit Suisse

Laut einer Auswertung des Branchenportals «Efinancialcareers» verdient ein Analyst bei der Credit Suisse (CS) gut 33 Dollar in der Stunde; bei der schlingernden Deutschen Bank sind es nur knapp 29 Dollar, bei der Boutique Perella Weinberg dagegen fast 40 Dollar.

Das klingt nicht gerade nach einem Geldregen, was allerdings mit einer entscheidenden Variablen zusammenhängt: dem Arbeitspensum. Dieses ist trotz versprochenen Gegenmassnahmen für Brancheneinsteiger immer noch extrem hoch; bei Perella Weinberg arbeiten die Analysten im Schnitt 80 Stunden pro Woche, bei der CS 76 und der Deutschen Bank 74 Stunden. Insofern ist ein Jahresgehalt von eigentlich stolzen 132'000 Dollar (CS) sauer verdientes Geld.

Der Kreis schliesst sich

Zum Vergleich: In der Schweiz verdienen junge Akademiker mit Wirschaftsabschluss bei Konzernen Erhebungen zufolge zwischen 70'000 bis 80'000 Franken pro Jahr; etliche Finanzfirmen zahlen Einsteigern mit Hochschul-Studium noch einige Tausend Franken mehr. Gemäss Arbeitsrecht ist hierzulande die wöchentliche Höchstarbeitszeit auf 50 Stunden beschränkt. Allerdings dürften die effektiven Arbeitszeiten im Swiss Banking teils deutlich darüber liegen.

Die extrem harten Einstiegsbedingungen mögen mit ein Grund sein, warum Investmentbanker auf dem Hoch ihrer Karriere ungern auf versprochenes Salär verzichten. Umgekehrt sind die Spitzengehälter eine wichtige Motivation, sich die beinharten Arbeitspensen am unteren Ende der Karriereleiter anzutun. Damit schliesst sich der Kreis.

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