Im Streit zwischen Julius Bär und den deutschen Behörden um verschwundene DDR-Millionen hat die Schweizer Bank an höchster Stelle eine Niederlage kassiert. Doch Julius Bär hat noch eine Chance.

Das Bundesgericht in Lausanne ist in seinem Urteil recht deutlich: Verantwortliche bei Cantrade, die Bank war 2005 von Julius Bär übernommen worden, hätten elementare Sorgfaltspflichten verletzt und ohne Nachfragen verdächtige Überweisungen und Zahlungen ausgeführt. Julius Bär müsse nun alle Beträge ersetzen, die seit dem 11. Juni 1990 geflossen seien.

Empfängerin des Geldes – es geht um über 100 Millionen Franken plus Zinsen – wäre dann die deutsche Bundesanstalt für vereinigungsbedingte Sonderaufgaben (BvS). Diese Behörde hatte Julius Bär im Jahr 2014 verklagt, wie finews.ch seinerzeit berichtet hatte. Sie ist mit der treuhänderischen Verwaltung früherer Vermögen der DDR-Partei SED beauftragt.

Raffinierte «rote Fini»

Erhebliche Summen dieses Volksvermögens, man spricht von über einer halben Milliarde D-Mark, sind verschwunden und dabei unter anderem über Konten der früheren Schweizer Privatbank Cantrade geschleust worden. Dieses Institut landete via UBS im Jahr 2005 bei Julius Bär.

Die SED unterhielt in Österreich eine Firma namens Novum, die Waren- und Devisengeschäfte mit dem Westen organisieren sollte und dafür hohe Provisionen kassierte. Nach der Wiedervereinigung verschwanden diese Gelder. Als Drahtzieherin gilt die Alleingesellschafterin der Novum, Rudolfine Steindling, auch die «rote Fini» genannt, da sie Mitglied der Kommunistischen Partei (KP) Österreichs war.

Steindling nutzte die Gunst der Stunde und leerte später die Konten. Wo die Gelder heute sind, ist nicht bekannt. Steindling starb im Jahr 2012.

Keine vertiefte Erkundigungen

Die BvS will das Geld nun bei Julius Bär einholen. Als Nachfolgerin der ehemaligen Bank Cantrade habe Julius Bär unzulässige Auszahlungen und Überweisungen vorgenommen. Während das Bezirksgericht Zürich die BvS-Klage abgewiesen und in der Folge das Zürcher Obergericht ebenfalls entschieden hatte, der Fall sei mit einer früheren Vergleichszahlung an die BvS bereits erledigt worden, hat das Bundesgericht nun anders geurteilt.

Cantrade-Berater hätten angesichts der historischen Umwälzungen und Deutschland und der öffentlichen Diskussion um Volks- und Parteivermögen in der DDR vertiefte Erkundigungen einholen müssen.

Rund 20 Millionen in bar ausbezahlt

Stattdessen nahm Cantrade am 11. Juni 1990 annähernd 67 Millionen D-Mark an. Deklariert war das Geld als Rückzahlung eines Kredites der KP Österreich an die DDR. Im Dezember 1990 liess sich Steindling von den Novum-Konten 20 Millionen D-Mark in bar auszahlen.

Bei Cantrade stellte erneut niemand Fragen – es herrschten damals noch andere Sitten im Swiss Private Banking. Das Bundesgericht spricht nun von offensichtlichen Versäumnissen und hat den Fall zur Neubeurteilung zurück an das Zürcher Obergericht gewiesen.

 

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