Damit ein Unternehmen investierbar bleibt, muss es aufzuzeigen, welche Rolle es in der Gesellschaft spielt. Nachhaltigkeits-Chef Jenn-Hui Tan von Fidelity International verrät finews.ch, welches Umdenken dem Finanzwesen noch bevorsteht.

Beobachter runzelten die Stirne, als Chef Ralph Hamers im vergangenen April den Zweck der UBS erklärte: der liege darin, so der Bankchef, Menschen für eine bessere Welt miteinander zu vernetzen. Ans Klima müsse dabei immer zuerst gedacht werden. Überhaupt sei es die oberste Aufgabe des Unternehmens, den Pfad zu mehr Nachhaltigkeit voranzugehen.

Das klang für viele nach dem Leitbild einer Umweltschutz-Organisation – und gar nicht nach der grössten Bank der Schweiz.

Das Buzz-Wort schlechthin

Doch wie sich zeigt, ist Hamers diesbezüglich up-to-date mit den Forderungen von Grossinvestoren. Bei diesen ist der «Corporate Purpose» das Buzz-Wort schlechthin: Damit ein Unternehmen investierbar bleibt, muss es aufzuzeigen, welche Rolle es in der Gesellschaft spielt, und wie es langfristig Wert für diese schaffen kann. Der Unternehmenszweck ist dabei untrennbar verbunden mit Nachhaltigkeits-Zielen in den Bereichen Umwelt, Gesellschaft und guter Geschäftsführung (ESG).

Einer, der dieses Konzept längst verinnerlicht hat, ist Jenn-Hui Tan (Bild unten). Tan ist Nachhaltigkeits-Chef des auch in der Schweiz aktiven Fondsriesen Fidelity International, der weltweit Kundengelder von rund 453,8 Milliarden Euro verwaltet. Als solcher ist er nun darum bemüht, dass dies auch die Firmen tun, in die der Asset Manager investiert. Aufkläungsarbeit leistet er dabei nicht zuletzt bei der Belegschaft von Fidelity selber.

jenn hui tan 500

Neue Sichtweise auf den Kapitalismus

«Das Interesse an ESG-Leitsätzen hat in der Pandemie deutlich zugenommen», sagt er im Gespräch mit finews.ch. Das Rad werde sich nun nicht mehr zurückdrehen lassen, ist Tan überzeugt: Die Finanzbranche befinde sich am Anfang einer Evolution. Diese werde die privaten Geldströme mit weiter gefassten gesellschaftlichen Zielen in Einklang bringen.

«Firmen reagieren auf ein gesellschaftliches Bedürfnis – aus der Befriedigung jener Bedürfnisse resultiert der Gewinn», bringt der Fidelity-Kadermann die neue Sichtweise auf den Kapitalismus auf den Punkt.

Tatsächlich schlagen Staat und Gesellschaft nun auch in der Schweiz Pflöcke ein, die den Weg für die Finanzbranche in diese Richtung vorgeben. Zu denken ist da an die Volksabstimmung übers CO2-Gesetz vom kommenden Wochenende (12/.13. Juni), oder an die ab dem 1. Juli gültigen Offenlegungs-Pflichten für Grossbanken und Versicherungs-Konzerne bezüglich Klimarisiken.

Grossinvestoren als Avantgarde

Grossinvestoren finden jedoch, sie seien Staat und Behörden in Sachen Nachhaltigkeit ein ganzes Stück voraus. So erklärte Fidelity-Chefin Anne Richards bereits im vergangenen Februar dem Branchen-Magazin «Citywire», dass die Fondsbranche und die Profiinvestoren den Pfad zu mehr Nachhaltigkeit vorangehen würden. «Ich denke, es braucht nun das Eingreifen des Regulators, um hier allgemeingültige Standards zu etablieren», fand die Finanzexpertin.

Fondshäuser wie Fidelity oder das Branchen-Schwergewicht Blackrock stehen dabei ihrerseits unter Druck, in Sachen Nachhaltigkeit bei ihren Investments durchzugreifen. Im vergangenen März beschloss Fidelity etwa, den Portefeuille-Firmen zu diktieren, wie sich die Management-Anreize nach der Coronakrise entwickeln müssten. «Es ist jetzt sicher nicht die richtige Zeit für eine substanzielle Lohnerhöhung», bringt Tan seine Meinung auf den Punkt.

Pandemie als Chance

Das ist derzeit Tans zentrales Thema: Die Chancen, welche die Pandemie für eine Neuausrichtung der Wirtschaft bietet. Letztere müsse fairer, inklusiver und weniger ungleich werden – und dem Kapital der Umwelt viel mehr Wert beimessen.

Dazu braucht es eine neue Denke in den Unternehmen, nicht zuletzt bei Fidelity selber. So hat sich das Fondshaus etwa das Ziel gesetzt, bis 2040 bei den eigenen Emissionen und bis 2050 bein Anlageportefeuille netto Null zu erreichen. Derweil schwärmen inzwischen Dutzende aus der Belegschaft ausgewählte «Nachhaltigkeit-Botschafter» aus, um das Personal weiter auf die Thematik zu sensibilisieren.

Bäume pflanzen

Da helfen auch gemeinsame Aktivitäten. Am «Earth Day» vom vergangenen 22. April gaben die Fondsmanager von Fidelity jeweils ein persönliches Nachhaltigkeits-Versprechen ab – setzten sie es um, dann werden anderswo auf der Welt dafür mehrere Bäume gepflanzt.

War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
War die Übernahme der Credit Suisse durch die UBS rückblickend gesehen die beste Lösung?
  • Ja, es gab keine andere, wirtschaftlich sinnvolle Alternative.
    26.57%
  • Nein, man hätte die Credit Suisse abwickeln sollen.
    18.88%
  • Nein, der Bund hätte die Credit Suisse übernehmen sollen.
    27.97%
  • Man hätte auch ausländische Banken als Käufer zulassen sollen.
    9.04%
  • Man hätte eine Lösung mit Schweizer Investoren suchen sollen.
    17.54%
pixel