Er hat innert Tagen ein Milliardenvermögen verloren, und die Banken wollen ihm ans Leder: Wie geht es dem Archegos-Gründer Bill Hwang heute?

Das «Tiger-Baby» ist handzahm geworden. Bill Hwang (Bild unten) sitzt auf der Veranda seines Hauses im Vorort Tenafly im US-Bundesstaat New Jersey, jenseits des Hudson Rivers und von Manhattan, wo er einst milliardenschwere Aktiendeals anzettelte – und sucht nach Antworten.

Das berichtet die Agentur «Bloomberg» (Artikel bezahlpflichtig), die den einst als Finanzgenie gefeierten Ex-Hedgefonds-Manager in seinem Refugium besuchte.

Hwang drängenste Frage: Wie konnte es geschehen, das sich im vergangenen März seine Finanzfirma Archegos Capital und mit ihr 20 Milliarden Dollar Vermögen gleichsam über Nacht in Luft auflösten?

Schweigen übers Debakel

Das fragen sich auch die Gläubigerbanken, die seine Aktienwetten finanzierten, seit Monaten. Die Credit Suisse (CS), die mit 5,5 Milliarden Dollar am meisten Geld mit der Kundin Archegos verloren hat, argwöhnte Anfang August in einem Untersuchungsbericht, dass sie von der Finanzfirma getäuscht über das Ausmass der ausstehenden Positionen hinters Licht geführt worden sei. Denselben Verdacht hegt offenbar auch die UBS, die ebenfalls Hunderte Millionen Dollar im Archegos-Debakel abschreiben musste.

Die Anwälte der Archegos-Macher bestreiten dies selbstredend. Den zahlreichen Vorwürfen und Forderungen gegen die Finanzfirma ist es auch geschuldet, dass Hwang in der Öffentlichkeit kein Wort mehr über das Debakel verlieren will.

Wie Napoleon?

Hwang 500

Die Banken versuchen nun, zurückzuholen, was noch flüssig gemacht werden kann – und drohten Hwang und Archegos schon mit Betreibung. Bei der Firma hat inzwischen ein Liquidator seine Arbeit aufgenommen. Auch seitens der Behörden sind die Dinge in Bewegung. Unter anderem befasst sich das gefürchtete US-Justizdepartement (Department of Justice DoJ) mit dem Fall.

Hwang hat sich von diesen Forderungen in seine eigenen vier Wände zurückgezogen. Wie einst Napoleon in seiner ersten Verbannung auf der Insel Elba, zieht «Bloomberg» den Vergleich zum französischen Kaiser.

Wobei die Agentur einigermassen überrascht war von der Schlichtheit der Behausung und des Aufritts des Mannes, der zuletzt mehr als 100 Milliarden an Aktienpositionen jonglierte und in einem Büro nahe der Carnegie Hall in Manhattan residierte.

Bibel in Griffweite

Hwang trete auf wie ein «Soccer Dad», fanden die Reporter, in Turnschuhen, T-Shirt und in mit Taschen besetzter Cargohose. Halt sucht der Finanzexperte in seiner jetzigen Situation im Glauben, mit einem Bibel-Pamphlet in Griffweite, so der Bericht.

Denn dies ist ebenfalls eine Facette Hwangs: Er ist tief gläubig und legte auch ein gewisses Sendungsbewusstsein an den Tag, wie nicht zuletzt die Namensgebung seiner Firma zeigt: Archegos bedeutet auf Griechisch «der, welcher den Weg anführt».

Boni in Aktienwetten investiert

Dass der Anführer von einst sich jetzt gleichsam verkriechen muss, entbehrt nicht der Ironie. Zu den Forderungsstellern zählen mittlerweile auch einstige Jünger Hwangs: Archegos-Angestellte hatten teils ihre Boni in die Aktienwetten der Finanzfirma reinvestiert, und musste ebenfalls zusehen, wie sich diese in Luft auflösten.

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