Im jahrelangen Ringen um bei hiesigen Banken eingefrorene Gelder der usbekischen Präsidententochter Gulnara Karimowa hat die Bundesanwaltschaft weitere Vermögenswerte eingezogen. Nun verhandelt sie über die Rückerstattung an Usbekistan, wie Recherchen von finews.ch zeigen.

Von Balz Bruppacher, freier Mitarbeiter der finews.ch-Redaktion

Es geht um den wohl kompliziertesten Fall, seit sich der Bundesrat bemüht, den hiesigen Finanzplatz von unrechtmässig erworbenen Potentatengeldern sauber zu halten. Die heute 49-jährige Gulnara Karimowa, Tochter des 2016 verstorbenen usbekischen Langzeit-Herrschers Islam Karimow, hat nach den Erkenntnissen der Bundesanwaltschaft für die Vergabe von Mobilfunklizenzen rund eine Milliarde Dollar Schmiergelder von den Telekomkonzernen Vimpelcom, Telia und MTS ergattert.

Über 800 Millionen Franken sind seit Mitte 2012 auf Bankkonten in der Schweiz – vor allem bei der Privatbank Lombard Odier in Genf – blockiert.

Einst als «Prinzessin» bezeichnet und als designierte Nachfolgerin ihres Vaters gehandelt, sitzt die ehemalige Diplomatin, Modedesignerin und Sängerin zurzeit eine langjährige Freiheitsstrafe in ihrer Heimat ab. Sie war 2013 bei der eigenen Familie in Ungnade gefallen. Die drei Telekom-Konzerne haben bei Vergleichen mit den Behörden der USA, der Niederlande und Schwedens inzwischen Bussen von 2,6 Milliarden Dollar bezahlt.

Rückschläge für die Bundesanwaltschaft

Die Bundesanwaltschaft tat sich lange schwer bei den 2012 eingeleiteten Ermittlungen gegen das kriminelle Karimowa-Netzwerk. Sie wurde in dem Verfahren mehrmals vom Bundesstrafgericht zurückgepfiffen. Im April 2019 erklärte das Bundesstrafgericht den Verfahrensleiter für befangen. Grund war die Reise einer sechsköpfigen Delegation der Bundesanwaltschaft unter Leitung des damaligen Bundesanwalts Michael Lauber im Herbst 2018 zu einem informellen Treffen mit der usbekischen Staatsanwaltschaft in Taschkent.

Während das Geldwäschereiverfahren gegen die Hauptbeschuldigte nach wie vor hängig ist, erliess die Bundesanwaltschaft gegen vier mutmassliche Komplizen Strafbefehle und verfügte die Einziehung von 685 Millionen Franken. Die Verurteilten, die alle langjährige Freiheitsstrafen in Usbekistan absitzen, hatten bei Einvernahmen durch die Bundesanwaltschaft zuvor Geständnisse abgelegt und sich mit der Einziehung der Gelder einverstanden erklärt.

Mehr Millionen zur Restitution

Die Bundesbehörden informierten die Bundesanwaltschaft zudem über einen geheim gehaltenen Entscheid des Bundesrats, wonach alle auf hiesigen Banken eingefrorenen Gelder im Fall von rechtskräftigen Einziehungsverfügungen an Usbekistan zurückerstattet werden sollen.

Diese Voraussetzung war zunächst nur im Falle von rund 130 Millionen Franken erfüllt. Einem jetzt veröffentlichten Entscheid des Bundesstrafgerichts vom 8. Oktober ist zu entnehmen, dass sich diese Summe inzwischen auf 340 Millionen Franken erhöht hat. Und zwar wurde der im Mai 2018 erlassene Strafbefehl gegen die persönliche Mitarbeiterin von Karimowa teilweise rechtskräftig, wie die Bundesanwaltschaft auf Anfrage bekanntgab.

Eine entsprechende Verfügung habe das Bundesstrafgericht im Dezember 2020 erlassen. Damit stünden weitere rund 210 Millionen Franken für die Restitution an Usbekistan bereit.

Finanzdirektor versucht Spiess umzudrehen

Nach Recherchen von finews.ch geht es um Gelder einer Briefkasten-Firma auf den britischen Jungferninseln, die auf Konten in Genf und Zürich platziert worden waren. Der Russe Bekhzod Akhmedow, ehemaliger Geschäftsführer der usbekischen Niederlassung des russischen Telekommunikations-Unternehmens MTS, versuchte vergeblich, an einen Teil dieser Gelder heranzukommen. Das Bundesstrafgericht lehnte die Aufhebung der Sperre mit dem jetzt veröffentlichten Entscheid ab.

Zuvor hatte es bereits eine Betrugsklage Akhmedows gegen Karimowa abgeblockt, die ebenfalls zum Ziel hatte, einen Teil der blockierten Gelder loszueisen. Der 47-jährige Akhmedow figurierte nach Erkenntnis der Bundesanwaltschaft einst als eine Art Finanzdirektor des Karimowa-Netzwerks, tauchte nach dem Platzen der Affäre unter und lebt heute in Russland. Die Bundesanwaltschaft ermittelt nach wie vor gegen ihn; demnächst ist eine Einvernahme des Beschuldigten in Russland geplant.

Einsprache von Karimowa

Das Bundesstrafgericht dürfte sich zudem bald über eine Einsprache Karimowas gegen die Einziehung von rund 350 Millionen Franken auf Konten der auf Gibraltar domizilierten Briefkastenfirma Takilant äussern. Darüber fand im vergangenen Juli eine zweitägige Verhandlung in Bellinzona statt. Kann sich also der am letzten Sonntag im Amt bestätigte Präsident Usbekistans, Schawkat Mirsijojew, bald auf einen Geldsegen aus der Schweiz freuen?

Noch gilt es bei der geplanten Rückerstattung von Karimowa-Geldern eine wichtige Hürde zu überwinden. Denn die Schweiz will sicherstellen, dass die restituierten Vermögenswerte der usbekischen Bevölkerung zugutekommen und nicht erneut in den Taschen korrupter Personen landen. Dazu hat das Aussendepartement EDA im September 2020 mit Usbekistan eine Rahmenvereinbarung abgeschlossen. Zurzeit laufen die Verhandlungen über einen Vertrag, in dem die Modalitäten der Rückerstattung festgelegt werden.

Drohende Milliardenklage gegen EY Schweiz

Für Präsident Mirsijojew geht es auch darum, seinen Reformkurs unter Beweis zu stellen. Organisationen der Zivilgesellschaft hegen nach wie vor Zweifel. Eine kürzlich veröffentlichte Studie verweist auf obskure Finanztransaktionen auch unter dem gegenwärtigen Regime.

Und nicht zuletzt sind da die Gläubiger der konkursiten Zuger Briefkasten-Firma Zeromax und ihre Forderungen von 5,6 Milliarden Franken. Ihre Ansprüche auf die Karimowa-Gelder – es geht um die Rolle der Präsidententochter bei der einstmals wichtigsten Firma des usbekischen Aussenhandels – wurden in der Schweiz bisher abgeblockt.

Inzwischen hat ein US-Hedgefonds einen Teil der Forderungen der Zeromax-Gläubiger gekauft und dem Beratungskonzern EY eine Milliardenklage wegen Versäumnissen bei der Revision von Zeromax angedroht.

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