Brian Chin, der frühere Leiter der Credit Suisse Investmentbank, wurde nach dem Archegos-Debakel im vergangenen Jahr entlassen. Doch bereits zuvor lief offenbar wegen ganz anders gelagerter Verfehlungen intern eine Untersuchung gegen ihn.

Im Nachgang des Archegos-Zusammenbruchs im Frühjahr 2021, der die Credit Suisse (CS) 5 Milliarden Dollar gekostet hat, begann das grosse Aufräumen. Zu den prominentesten Entlassenen zählte sicherlich Brian Chin, der damalige Leiter des Investmentbanking. Bei seiner Kündigung wurden ihm aufgrund des massiven Verlustes auch die Boni vorenthalten.

Laut Medienberichten lief jedoch bereits zuvor eine Untersuchung gegen Chin. Dabei ging es jedoch nicht um das Business, sondern um das Benehmen. Bereits im Jahr 2020 soll sich eine Mitarbeiterin über Chin und das von ihm geleitete Team für verbriefte Produkte wegen deren Verhalten gegenüber Frauen beschwert haben, wie das amerikanische Blatt «Wall Street Journal» (Artikel bezahlpflichtig) berichtet.

Anonymer Hinweis

Die Hinweise auf Verstösse gegen den bankinternen Verhaltens-Kodex sollen 2020 anonym bei der Bank-Hotline eingegangen sein. Daraufhin wurde eine Anwaltskanzlei mit der Durchführung einer Untersuchung beauftragt. Die festgestellten Verfehlungen seien als schwerwiegend genug eingestuft worden, um nach einem bankinternen Bewertungssystem möglicherweise eine Kündigung zu rechtfertigen, heisst es weiter.

Details zu den Vorwürfen sind jedoch nicht bekannt. Der Verhaltens-Kodex der Bank besagt, dass sich die Mitarbeiter jederzeit respektvoll, ethisch und professionell verhalten müssen. Vorgesetzte können disziplinarisch belangt werden, wenn sie die ihnen unterstellten Mitarbeiter nicht angemessen behandeln.

Vollständige, unabhängige Untersuchung

«Die Credit Suisse hat diese Anschuldigungen sehr ernst genommen, sofort eine vollständige, unabhängige Untersuchung durchgeführt und entsprechende Massnahmen ergriffen», wird eine Sprecherin zitiert. «Die Bank duldet keine Handlungen von Mitarbeitenden, die Kollegen oder Kunden gegenüber respektlos sind oder gegen den Code of Conduct oder die Richtlinien der Bank verstossen.» Chin selbst wollte der Zeitung gegenüber keinen Kommentar abgeben.

Nach dem Archegos-Fall entliess die CS Chin und acht weitere Mitarbeiter wegen ihrer Rolle in dem Debakel. Bei der Entscheidung, Boni in Höhe von rund 18 Millionen Dollar einzubehalten, seien die Ergebnisse der Verhaltens-Überprüfung ein Faktor gewesen.

Frauen im «Birdcage»

Einer der Punkte, die von der Anwaltskanzlei überprüft wurden, soll eine jährliche Kunden-Veranstaltung der CS in einem Golfclub in den Hamptons auf Long Island gewesen sein. Der Golfclub habe es Frauen nicht erlaubt, im Hauptspeisesaal zu essen. Einige Frauen hätten sich bei Chin und der Bank darüber beschwert, dass sie sich auf der Veranda in einen als «Birdcage» bezeichneten Bereich aufhalten mussten.

Chin war 2003 zur CS gestossen und machte schnell Karriere. 2012 wurde er zum globalen Leiter der Gruppe für verbriefte Produkte befördert. Das Team, das für die Strukturierung und den Handel mit Hypotheken-Anleihen und forderungsbesicherten Wertpapieren zuständig ist, gehörte zu den leistungsstärksten der Bank.

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