Die in Not geratene Credit Suisse zieht Konsequenzen aus den Milliarden-Skandalen und trennt sich von mindestens zwei Top-Managern. Noch im vergangengen Sommer hatte man diesen Führungskräften mehr Verantwortung übertragen – um die «Widerstandsfähigkeit» der Bank zu erhöhen.

Zwei hochrangige Führungskräfte der Credit Suisse (CS) werden die Schweizer Grossbank verlassen, wie die britische Zeitung «Financial Times» (Artikel kostenpflichtig) in der Nacht auf Dienstag berichtete. Es handelt sich offenbar um Risikochefin Lara Warner (nachfolgendes Bild) sowie um Investmentbanking-Chef Brian Chin (Bild weiter unten). Ihnen wurde der Milliardenverlust der CS rund um das US-Family Office Archegos Capital Management sowie um das Finanzinstitut Greensill Capital zum Verhängnis. 

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Die Zeitung beruft sich bei diesen Informationen auf zwei Personen, die offenbar Kenntnis von den jüngsten Vorgängen haben. Auch die internationale Nachrichtenagentur «Bloomberg» berichtete in der Nacht auf Dienstag von voraussichtlichen Rausschmissen – auch in unteren Chargen, vorwiegend in den USA. Vor diesem Hintergrund deutet einiges darauf hin, dass die Bank am Dienstagmorgen eine entsprechende Ankündigung machen wird.

Gesamtverlust immer noch unklar

Konkrete Informationen sind am Dienstag auch bezüglich des Gesamtverlusts der CS zu erwarten. Wie finews.ch schon früher berichtet hatte, geht man von beim Lieferketten-Finanzierer Greensill von einem Ausfall von bis zu 3 Milliarden Dollar, während es bei Archegos rund 4 Milliarden Dollar sein dürften. Zum Vergleich: Die CS erzielte im vergangenen Jahr einen Gewinn von 2,7 Milliarden Franken (knapp 3 Milliarden Dollar).

Sowohl die Archegos- als auch die Greensill-Krise stellten die Funktionstüchtigkeit des Risikomanagements in Frage genauso wie die entsprechenden Praktiken im US-dominierten Risikomanagement. Darum die beiden personellen Konsequenzen nun. Ein Abgang von CEO Thomas Gottstein ist eher unwahrscheinlich, da es sonst in den nächsten Wochen zu einem eigentlichen Vakuum an der Spitzen der CS käme, zumal Verwaltungsratspräsident Urs Rohner Ende dieses Monats bereits plangemäss geht.

Fehlentscheide im vergangenen Sommer

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Es entbehrt nicht einer gewissen Ironie, dass sowohl Warner als auch Chin noch im vergangenen Sommer von CEO Gottstein im Rahmen seiner ersten grossen Umstrukturierung innerhalb der CS erweiterte Aufgaben erhielten, die vor allem darauf abzielten, Kosten zu sparen und die Effizienz zu steigern.

So erhielt Warner zusätzlich noch die Verantwortung für den Bereich Compliance, also für die rechtmässige Unternehmensführung. Und Chin wurde Chef der gesamten Investmentbank der CS, nachdem er zuvor nur den Bereich Global Marekts verantwortet hatte. Damals erklärte Gottstein, dass die Umstrukturierung für eine erhöhte Widerstandsfähigkeit der Bank sorgen werde. 

Von einer Krise in die andere

Alles in allem stolperte die CS von einer Krise in die andere. Sie war ein Opfer bei den Betrügereien rund um die chinesische Kaffeehauskette Luckin Coffee sowie beim deutschen Zahlungsanbieter Wirecard.

Sie musste ausserdem einen Schaden von rund 680 Millionen Dollar aus dem Rechtsstreit mit US-Hypothekenanleihen melden und war offenbar auch in Geschäfte mit der bulgarischen Mafia im Zusammenhang mit Kokainschmuggel verwickelt. Zudem hatte sie zu Beginn dieses Jahres einen Abschreiber von rund 450 Millionen Dollar auf Investitionen in den Hedgefonds York Capital vornehmen müssen.  

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