Vorsicht ist eine Eigenschaft, die dem Vontobel-Chef gerne vorgeworfen wird. Doch sie entspricht seinem Naturell – angesichts des Umfelds könnte Zeno Staub zu Hochform auflaufen.

Das hatten wir schon mal. Vontobel schaltet operativ einen Gang tiefer, und prompt wird dem Chef Zeno Staub in den Medien übertriebene Vorsicht vorgeworfen.

«Zeno der Zauderer», der früher allenthalben Vergleiche mit dem flamboyanten Private Banker Boris Collardi aushalten musste, scheint zurück: Wie auch finews.ch am Donnerstag berichtete, hat das Zürcher Investmenthaus nach Milliardenabflüssen einen Stellenstopp verhängt und will bis Ende 2023 zusätzliche 65 Millionen Franken einsparen.

Den Leuchtturm fest im Blick

Dass Staub gleichentags an der Pressekonferenz Sätze sagte wie «wir sind konservativ und nehmen das Risiko in Kauf, als Langweiler dazustehen», und «wir sind sehr, sehr sensitiv gegenüber Kosten», hilft natürlich nicht viel, um das altgewohnte Bild vom Langzeit-CEO des Zürcher Traditionshauses zu zerstreuen.

Und dass Staub für den nächsten Zweijahres-Zyklus der «Leuchtturm»-Strategie von Vontobel bis ins Jahr 2030 Gegenwind an den Märkten und einen Fokus auf die Ausgaben in Aussicht stellte, zementierte dieses Image eher noch.

Lending zurückgefahren

Tatsächlich tritt das Management des Investmenthauses auf die Bremse, seit Staub im vergangenen Frühjahr einen fundamentalen Wandel des Umfelds festgestellt hat. Wie der Bankchef weiter ausführte, hat Vontobel die Lombardkredite an reiche Privatkunden sowie die Vergabe von Hypotheken deutlich zurückgefahren. Die Kreditrisiken wurden gegenüber 2020 um 34 Prozent reduziert, die gesamten risikogewichteten Aktiven in der Bilanz sanken in derselben Frist um 14 Prozent.

Ebenfalls scheute sich Staub nicht, bei den Ausgaben dort anzusetzen, wo es weh tut. Die Ausgaben für das (überdurchschnittlich entlöhnte) Personal der Gruppe sind von 381 Millionen Franken im ersten Halbjahr 2021 um 14 Prozent auf 326 Millionen Franken im ersten Semester diesen Jahres gesunken. Der nun verhängte Personalstopp gilt allerdings nicht überall, wie Staub heuer präzisierte. So sind im Private Banking (Wealth Management) weiterhin neue Kundenberater gesucht.

Nur falsch verstanden?

Mit alledem riskiert Staub, einmal mehr falsch verstanden zu werden. Mit «langweilig sein» meint er nämlich, das zu tun, was Vontobel seiner Meinung nach am besten kann: aktiv an den globalen Finanzmärkten zu investieren. Und unter «konservativ» versteht der 53-Jährige Bankmanager schlicht, Kurs zu halten. Ein ums andere Mal betonte er am Donnerstag, dass an sämtlichen Zielen für das Jahr 2030 festgehalten werde.

Staub geht davon aus, dass sich der Trend zur Deglobalisierung fortsetzt, und dass es den Notenbanken in den nächsten Jahren nicht mehr gelingen wird, einen tiefgreifenden Stimmungsumschwung an den Börsen herbeizuführen. «Wir sind nicht pessimistisch, aber wir gehen wie unsere Kunden von erhöhter Unsicherheit aus», erklärte der Vontobel-CEO.

Zahlreiche Krisen miterlebt

Es ist auch davon auszugehen, dass Staub in diesem Szenario in seinem Element sein wird. In den elf Jahren, in denen er dem Zürcher Traditionshaus vorsteht, hat er die Nachwehen der Finanzkrise, den Steuerstreit mit dem Ausland, den Franken-Schock von 2015 und die Zinswende von 2022 navigieren müssen, von der Corona-Krise ganz zu schweigen. In dieser Zeit hat die Aktie von Vontobel mehr als 75 Prozent an Wert zugelegt.

Ebenfalls hat die Gruppe so bedeutende Übernahmen wie die Privatbank Notenstein La Roche oder das UBS-Offshore-Geschäft mit reichen Amerikanern gestemmt. Nun ist bereits wieder von Zukäufen in der Privatmarkt-Szene die Rede. Langweilig, das steht zu erwarten, wird es einem mit Vontobel so schnell nicht werden.

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