Wegen des Signa-Debakels steht die Bilanzkonferenz der Privatbank Julius Bär vom 1. Februar im Brennpunkt des Interesses. finews.ch hat Antworten zu den wichtigsten sieben Fragen dazu gesucht.

1. Schlägt das Signa-Debakel auf den Jahresgewinn von Julius Bär durch?

Ja, das ist wahrscheinlich. Vergangenen November hat die Privatbank ein Engagement von 606 Millionen Franken gegenüber einem «europäischen Konglomerat» – lies das Signa-Firmenimperium des österreichischen Investors René Benko – zugegeben. Nach dem heutigen Kenntnisstand über die Signa-Insolvenzen gehen Beobachter davon aus, dass der Rückstellungsbedarf auf den Krediten weit höher liegt als die bisher zurückgestellten 70 Millionen Franken.

Die Analysten der Zürcher Kantonalbank (ZKB) etwa erwarten hier für das Jahr 2023 rund 400 Millionen Franken. Das wird nicht spurlos am Jahresgewinn des Instituts vorbeigehen; dieser könnte auch wegen anderen Belastungen wie der Steuerquote deutlich tiefer ausfallen als die 1,05 Milliarden Franken von 2022.

2. Ziehen CEO Philipp Rickenbacher oder Präsident Romeo Lacher am 1. Februar die Konsequenzen?

Nein, darauf deutet im Moment wenig hin. Laut guten Kennern der Szene hat die Spitze der Privatbank ihre eigene Lage wesentlich entschärft, indem sie Transparenz um das Signa-Engagement und die Rückstellungen geschaffen hat. Beides ist in der Bewertung der Bank – der Aktienkurs brach nach den Ankündigungen zeitweilig um einen Fünftel ein – mittlerweile eingepreist.

Bestimmt müssen sich Rickenbacher und die Bär-Finanzchefin Evie Kostakis aber anlässlich der Bilanzkonferenz kritischen Fragen stellen.

3. Ist die Bär-Führung also aus dem Schneider?

Nein. Die Frage nach der Verantwortung ist der Elefant im Raum, nicht nur am kommenden 1. Februar. Rein von den organisatorischen Abläufen her musste ein Engagement dieser Grösse bis hinauf in den Verwaltungsrat besprochen werden. Warum sich die Bankhierarchie auf die Kredite einliess, die auch relativ zu anderen Signa-Gläubigern überdimensional sind, und weshalb Julius Bär offenbar wenig werthaltige Aktien der Signa-Holding als Sicherheiten akzeptierte, sorgt am gesamten Bankenplatz für Erstaunen.

Köpfe könnten rollen, wenn es zu unerwarteten Zweitrunden-Effekten kommt und sich das Verlustpotenzial für das Zürcher Traditionhaus nochmals erhöht. Angesichts der Unübersichtlichkeit des Signa-Konstrukts und den vielen beweglichen Teile im Debakel ist ein solches Szenario nicht auszuschliessen.

4. Ist das Signa-Engagement der einzige Sorgenpunkt der Aktionäre?

Nein. Anlässlich der Zehnmonats-Zahlen vom November hat das damals ausgewiesene Neugeld-Wachstum enttäuscht. Zusammen mit den Rückstellungen auf Krediten vermengte sich dies zu einer Nachrichtenlage, die den Kurs der Bär-Namen ein erstes Mal unter Druck brachte. Bleibt die Bank beim Neugeschäft nochmals hinter den Erwartungen zurück, könnte dies die Investoren nachhaltig verstimmen.

Das muss aber nicht sein. Die Privatbank hat 2023 Dutzende neue Kundenberater rekrutiert und dabei nicht zu knapp von den Fliehkräften bei der Credit Suisse (CS) profitiert. Kombiniert mit der Ende 2023 besseren Stimmung an den Börsen könnten diese neuen Kräfte nun auf das Jahresende für deutlich mehr Volumen gesorgt haben.

5. Aber für die Dividende besteht keine Gefahr?

Davon ist auszugehen. Julius Bär wird in diesem Feld unbedingt Stabilität markieren wollen. Allerdings liegt bei möglicherweise massiv höheren Kreditrückstellung wohl keine Steigerung der Ausschüttungen drin. Die Analysten der ZKB etwa erwarten, dass die Privatbank die Dividende bei 2.60 Franken je Aktie belässt.

In der Schwebe hängen derweil die in Aussicht gestellten Aktienrückkäufe für 2024. Hier lautet die Regel, dass Kernkapital (CET1), das am Ende eines Geschäftsjahres eine Quote von rund 14 Prozent deutlich übersteigt, im folgenden Jahr für Aktienrückkäufe eingesetzt wird. Die Frage ist nun, wie Julius Bär das Wort «deutlich» interpretiert. Ende vergangenen lag die CET1-Quote noch bei 16,1 Prozent. Die ZKB-Experten erwarten ein «symbolisches» Programm im Umfang von 150 Millionen Franken. Das wäre besser als nichts.

6. Muss Julius Bär jetzt sparen – und gar Personal abbauen?

Ja, doch das Ausmass ist offen. Gemäss dem Dreijahresplan bis ins Jahr 2025 hat sich Julius Bär verpflichtet, jedes Jahr 40 Millionen Franken einsparen, 120 Millionen Franken insgesamt. In den Einsparungen ist das Personal von Anfang an eingeschlossen gewesen.

Vergangen Mai erklärte Bär-Präsident Lacher im Gespräch mit finews.ch, dass die Bank auf der Kostenseite mehr Luft erhalte, wenn sie dank Wachstum mehr Erträge einspiele. Bliebt das Wachstum aber unter Erwartung und drücken Rückstellungen auf den Verdienst, dann spielt der Mechanismus in die Gegenrichtung: der Spardruck nimmt zu.

7. Ist wenigstens vom «zweiten Heimmarkt» Asien Entlastung zu erwarten?

Im Moment sollte nicht damit gerechnet werden. Noch Anfang 2023 hat Julius Bär in Hongkong neue Büros bezogen und beschäftigt dort rund 500 Mitarbeitende, zusätzlich zum Hub in Singapur und Standorten etwa in Mumbai, Schanghai, Bangkok oder Tokio. Im vergangenen November hiess es, Asien habe einen «soliden Beitrag» zum Neugeld geleistet, zumal in Hongkong und Japan.

Angesichts der geopolitischen Lage sind jedoch asiatische Börsen unter Druck, was sich auf die Vermögen und die Riskobereitschaft der Kundschaft auswirkt. In der Branche ist zu erfahren, dass das Private Banking in der Region eher verhalten laufe. Das klingt nicht nach Retter in der Not.

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