Die Schweiz soll auch hinsichtlich der Forschung und Bildung im Bereich Sustainable Finance eine Führungsrolle einnehmen, findet Martin Weber, Verwaltungsratspräsident von Robeco.


Herr Weber, Robeco kooperiert im Bereich Sustainable Investing nun mit der Universität Zürich und mit der ETH: Was war der Auslöser, dass Sie diese Kooperation angestrebt haben?

Robeco verfolgt seit jeher einen forschungsbasierten Ansatz. Um im Nachhaltigkeitsbereich kontinuierlich eine hochwertige Datenauswahl und -interpretation erreichen zu können, ist der fachliche Austausch mit führenden Bildungsinstitutionen wichtig. Die Etablierung entsprechender akademischer Netzwerke bildet denn auch einen Schwerpunkt unserer Strategie.

Die ETH und die Universität Zürich decken gemeinsam die im Nachhaltigkeitsbereich wesentlichen Disziplinen ab und sind dabei weltweit führend. Für uns war deshalb klar, dass wir beide Institutionen an einen Tisch bringen sollten, damit in institutsübergreifenden Teams geforscht und verfügbare Daten ausgetauscht werden können. Dazu haben wir nun einen vertieften fachlichen Austausch etabliert.

Mit der Kooperation werde auch ein starkes Zeichen an die internationale Konkurrenz gesendet, hiess es. Warum braucht es dieses Zeichen?

Dieses Zeichen braucht es, weil sich die Schweiz als internationales Kompetenzzentrum für nachhaltiges Asset Management behaupten muss. Dazu soll sie auch hinsichtlich der Forschung und Bildung im Bereich Sustainable Finance eine Führungsrolle einnehmen.

Wo steht die Schweiz bezüglich der Erfüllung ihres Führungsanspruchs in Sustainable Finance?

Die Schweiz steht bezüglich Sustainable Finance vor dem nächsten Evolutionsschritt. Sowohl Wissenschaft als auch Wirtschaft richten Ihre Tätigkeiten nach Nachhaltigkeitskriterien aus – einerseits aufgrund der starken Nachfrage nach nachhaltigen Produkten und andererseits dank einer liberalen Rechtsordnung, die gezielt Anreize setzt und zugleich die Ideenvielfalt nicht abwürgt.

Nun gilt es, die vorhandenen Kompetenzen, Daten und Erkenntnisse besser zu verknüpfen und gemeinsam weiterzuentwickeln, sodass die Schweiz ihre diesbezügliche Führungsrolle umsetzen kann.

Mit den steigenden Marktvolumen im Bereich Sustainable Asset Management steigt der Wettbewerb: Was sind die Differenzierungsmerkmale, bleibt es bei der Voraussetzung, dass eine finanzielle Rendite weiterhin das A und O eines Angebots sein sollte?

Der steigende Wettbewerb erhöht die Qualität der nachhaltigen Finanzprodukte. Ein Differenzierungsmerkmal besteht darin, dass der Asset Manager die Nachhaltigkeitswirkung seiner Investitionen transparent und nach modernsten wissenschaftlichen Grundsätzen messen und den Kundinnen und Kunden nachvollziehbar aufzeigen kann. Dabei gilt es, Impact-Kennzahlen (was bewirkt ein Unternehmen mit seinen Produkten und Dienstleistungen?) und ESG-Kennzahlen (wie operiert ein Unternehmen?) klar zu unterscheiden.

Eine finanzielle Rendite sollte weiterhin ein massgebliches Ziel einer Investitionsstrategie sein. Und Unternehmen mit starken ESG-Kennzahlen schneiden finanziell oft besser ab. Dieser Trend wird sich noch verstärken. Dementsprechend schliesst das eine das andere nicht aus.

Robeco ist ein niederländischer Asset Manager, der seine Nachhaltigkeits-Kompetenz in Zürich gebündelt hat. Warum?

Es ist richtig, dass Robeco mit den spezialisierten Abteilungen «Sustainable Investing Research» und «Sustainable Investing Data Engineering» einen wesentlichen Teil seiner Nachhaltigkeits-Kompetenz in Zürich gebündelt hat und zudem die thematischen Investitionsstrategien aus Zürich heraus verwaltet werden.

Dies rührt daher, dass Robeco damals im Jahr 2006 den Schweizer Pionier namens SAM Sustainable Asset Management akquiriert hatte. Zudem gibt es hier bestens qualifizierte Mitarbeitende (zum Beispiel Umwelt- und Materialwissenschaftler/innen, Data Scientists, spezialisierte Portfolio Manager/innen und Analysten/innen), einen mitdenkenden Regulator und progressive institutionelle Kunden, welche diese Nachhaltigkeits-Kompetenz vor Ort schätzen.

Robeco betreibt ferner in Rotterdam ein internationales «SI Center of Expertise», welches mit dem Zürcher Kompetenzzentrum eng zusammenarbeitet.

Könnte auch das ein Zeichen an die internationalen Asset Manager sein, welche in erster Linie den Schweizer Vertriebsmarkt schätzen?

Auf jeden Fall. Insbesondere im Zusammenhang mit nachhaltigen Finanzprodukten funktioniert der Vertrieb an lokale institutionelle Kundinnen ohnehin besser, wenn die entsprechenden Kompetenzen vor Ort vorhanden sind und die Nachhaltigkeitsaspekte der betreffenden Anlagelösungen vertieft diskutiert werden können.

Die Schweiz bietet als Standort bereits heute gute Voraussetzungen, um Nachhaltigkeits-Kompetenzen aufzubauen oder, im Fall von Robeco, auszubauen. Die Standortqualität bleibt aber ein Dauerthema.

Würden Sie den Bereich Sustainable Finance auf rechtliche Grundlagen stellen?

Der Bereich Sustainable Finance bewegt sich grundsätzlich im gleichen rechtlichen Rahmen wie der restliche Finanzmarkt. Beispielsweise ist das Täuschungsverbot gemäss Artikel 12 des Kollektivanlagegesetzes auch hinsichtlich der Prävention und Bekämpfung von Greenwashing relevant.

Zusätzliche Massnahmen der Finanzmarktregulierung machen allenfalls dort Sinn, wo klimabezogene Finanzrisiken adressiert werden oder wo im Sinne des Anlegerschutzes die Produkttransparenz verbessert werden soll; beispielsweise indem Asset Manager ihre Methoden transparent und nachvollziehbar offenlegen müssten, mit welchen sie die versprochene Nachhaltigkeitswirkung ihrer Produkte messen.

Wie sind Sie als Rechtsanwalt zum Asset Management gekommen?

Als Rechtsanwalt liegt mein Schwerpunkt in den Bereichen Private Equity/Venture Capital, Finanzmarktregulierung und damit zusammenhängenden Untersuchungen (zum Beispiel zu unerlaubten Tätigkeiten oder Greenwashing). Dementsprechend begleite ich regelmässig Finanzinstitute, Anlagefonds und Vermögensverwalter bei regulatorischen Fragestellungen oder vertrete diese in Verfahren.

Ich kannte das Asset Management somit aus der regulatorischen Perspektive. Auf der anderen Seite interessieren mich seit jeher die Geschäftsmodelle und Köpfe solcher Unternehmen, weshalb ich in gewissen Fintech-, Legaltech- und Greentech-Unternehmen als Verwaltungsrat oder aktiver Aktionär engagiert bin.

Beide Erfahrungen führten mich letztlich zu Robeco, wo ich nun als Verwaltungsratspräsident von Robeco Switzerland die lokale Strategie und Governance einer global anerkannten Anbieterin von nachhaltigen Anlagelösungen mitgestalten darf, was mir Freude bereitet.


Martin Weber ist seit März 2021 der unabhängige Vorsitzende des Verwaltungsrats von Robeco Switzerland. Der international tätige Rechtsanwalt ist seit 2015 Partner der Anwaltskanzlei Roesle Frick & Partner und war zuvor bei Homburger gewesen.

Dieser Beitrag erscheint in Zusammenarbeit mit der Asset Management Association Switzerland.

Welche Schweizer Privatbank bietet an der Börse nun das grösste Potenzial?
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